Haveljagd (German Edition)
Hehl.
»Ja, meine Frau. Susanne hat irgendwann eine Agentur aufgesucht, die ihre beste Freundin, die als Einzige eingeweiht war, ihr empfohlen hatte. Und diese Agentur vermittelte Leihmütter aus Russland.«
»Und darauf haben Sie sich dann eingelassen?«
Von Woltersbrück schüttelte den Kopf. »Nein.« Er holte einen USB-Stick aus seiner Aktentasche. »Den habe ich aus der Wohnung von Inka Schneider mitgenommen. Darauf finden Sie all das bestätigt, was ich Ihnen erzählt habe und noch erzählen werde.« Er legte den Stick in die Mitte des Tisches und lehnte sich wieder zurück.
»Sie haben also nichts mit der Leihmuttergeschichte zu tun?«
»Doch«, räumte von Woltersbrück ein. »Aber ich habe es damals nicht gewusst.« Als er Manzettis skeptischen Blick wahrnahm, fügte er noch hinzu: »Glauben Sie mir, bitte.«
»Gut, ich werde es versuchen. Aber können wir vielleicht einiges überspringen?« Manzetti glaubte, nun zu des Pudels Kern kommen zu müssen, und suchte dringend nach einem Hinweis für den Aufenthaltsort von Tim und Werner. Die Kinderlosigkeit der von Woltersbrücks interessierte ihn nicht wirklich.
»Können wir. Wo soll ich weitermachen?«
»Was wollte Kurt Becher von Ihnen?«
»Er ist gekommen, um Anerkennung und Unterhalt für seinen Enkel zu fordern. Die Betreuungskosten für ein behindertes Kind seien sehr hoch.«
»Tim.«
»Ja, Tim.«
Manzetti sah in Richtung Marienberg, wo das Krankenhaus lag und das flackernde Blaulicht eines Notarztwagens die Dunkelheit zerriss.
»Also hatten Sie doch Kenntnis von Tims Existenz.«
»Zuerst nicht. Die Zeugung hat sie damals ganz allein organisiert, mein Sperma war ja in ausreichender Menge deponiert. Kurt Becher traf auch nicht auf mich, sondern auf meine Frau, und die hat mich in dieser Angelegenheit genauso hinters Licht geführt, wie damals, als Tim quasi gezeugt wurde.«
Was willst du wirklich von mir?, fragte sich Manzetti und beobachtete diesen Mann, der sich schwer damit tat, auf den Punkt zu bringen, worum es ihm ging. Oder war all das wirklich so komplex?
»Und womit hat Ihre Frau Sie hinters Licht geführt?«
»Ich habe ihr immer vertraut. So auch, als sie mir plötzlich eine CD auf den Tisch legte und sagte, die habe jemand in unseren Briefkasten gelegt. Ich arbeitete damals an einem Fall von Kinderpornographie, in den auch ein Landrat und ein Jurist verwickelt waren.«
»Und die CD enthielt den Hinweis auf Kurt Becher.«
Von Woltersbrück nickte. »Ja, aber als wir endlich einen Durchsuchungsbeschluss hatten, war dessen Computer verschwunden.«
»Und da Sie nicht wussten, wer dieser Kurt Becher wirklich war, haben Sie sich auch nichts weiter dabei gedacht.«
»Nein. Ich hatte doch noch nie vorher etwas von diesem Mann gehört.«
»Wann trafen Sie das erste Mal auf ihn.«
»Einen Tag, bevor er starb.«
Jetzt fiel endlich die letzte Barriere. »Ich dachte, Sie waren nicht zu Hause, als Becher kam.«
»Ja, das haben wir gesagt, aber das war gelogen. Als meine Frau ihn mit der Bemerkung, ich sei nicht da, an der Tür abwies, wurde ich misstrauisch. Ich fuhr ihm hinterher, und er erzählte mir die ganze Geschichte.«
»Von Tim, von der Erbschaft Ihres Vaters und von der russischen Leihmutter, die mittlerweile auch tot sein dürfte«, zählte Manzetti auf.
»Und von den Erkenntnissen einer jungen Journalistin, die selbst durch eine Leihmutterschaft zur Welt kam.«
»Inka Schneider.«
»Ja. Frau Schneider hatte herausgefunden, wer die russische Agentur und die russische Klinik hier in Brandenburg vertritt, die auch Tims Geburt vermittelt hat.«
»Und?«
Von Woltersbrück zuckte die Schultern. »Bestimmte Geheimnisse sollte man keinem Papier anvertrauen. Und so hat es wohl auch Frau Schneider gehalten. Es gibt also keinen einzigen Hinweis in ihren Unterlagen.«
»Aber Sie haben einen Verdacht?«
»Ja.«
»Und? Wer kann das sein?«
Von Woltersbrück schluckte, obwohl er nichts getrunken hatte. »Meine Frau.«
»Was?«
»Ja, Sie haben richtig gehört. Ich beschuldige meine eigene Ehefrau.«
»Aber warum? Was für ein Motiv soll sie gehabt haben?«
»Geld … Geld ist das Einzige, womit man Susanne eine Freude machen kann, und da ich nicht genügend von diesem Zauberstoff besitze, hat sie ihn sich selbst besorgt. Ich sollte dann nur noch für den gesellschaftlichen Status gut sein.«
»Als Justizminister.«
Von Woltersbrück nickte. »Die Gier nach Geld führte übrigens auch zum Todesurteil von Kurt Becher, das
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