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Havelwasser (German Edition)

Havelwasser (German Edition)

Titel: Havelwasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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bekommen. Darauf wette ich.“ Dann legte Manzetti auf und ging sehr mit sich zufrieden ins Esszimmer.

4
    Nach dem Essen hatte Manzetti seine drei Frauen geküsst, dieses Mal mit der ältesten beginnend, und war dann von seiner Wohnung über die St.-Annenstraße in Richtung Stadtzentrum gegangen, bis er nach zehn Minuten auf der Jahrtausendbrücke ankam. Sein Ziel war der „Fonte“, so nannten die Brandenburger den Club direkt am Wasser. Er wollte die inzwischen eingetroffenen Stammgäste befragen. Vielleicht hatte jemand eine Beobachtung gemacht und bislang nur geschwiegen, weil er dem gesehenen Detail keine große Bedeutung beigemessen hatte oder Ärger aus dem Weg gehen wollte.
    Manzetti wusste, dass ihm die Zeit im Nacken saß. Er hatte nichts, überhaupt nichts, außer dem Toten und der Gewissheit, dass er ermordet worden war.
    Auf dem Scheitelpunkt der Brückenwölbung blieb Manzetti stehen und schaute auf das mittig angebrachte Namensschild des bekanntesten der über fünfzig Havelübergänge innerhalb des Stadtgebietes. Manzetti musste immer ein wenig an deutschen Größenwahn denken. Jahrtausendbrücke! Darauf musste erst mal einer kommen! Auf der Brücke folgte sein Blick dem Lauf der Havel nach links und er lehnte sich einen kurzen Moment über die Brüstung. Die Abendsonne spiegelte sich aufblitzend in den kleinen Wellen, und da er keine Sonnenbrille trug, blendete ihn dieses gleißende Wellenspiel, bis die Umrisse der Bäume und Menschen an der Promenade von Farblosigkeit verschluckt wurden. Nach einigen Sekunden aber hatten sich seine Augen daran gewöhnt. Nun gewannen sogar die Bänke am Rand des kleinen Parks langsam an Kontur.
    Die drei Stadtpenner, die bereits am frühen Morgen dort gesessen hatten, belegten immer noch ihr Stammquartier. Es war jene Parkbank, die von den anderen etwas abseits stand und so die Nachbarschaft mit den übrigen Gästen der Promenade nicht über Gebühr belastete. Die drei gehörten zu den Menschen, die niemanden mehr brauchten, und niemand brauchte sie, abgesehen von den jungen Eltern, die sie dazu benutzten, ihren Kindern Angst einzujagen.
    Manzetti änderte seinen ursprünglichen Plan und suchte die offensichtlich gescheiterten Existenzen dort unten auf, wobei er sich ziemlich sicher war, dass sie über den Tag hinweg reichlich ihrem Grundnahrungsmittel Bier zugesprochen hatten. Das wiederum könnte bedeuten, dass sie etwas gesprächiger waren.
    Um ihre Lagerstatt herum lagen tatsächlich zahllose Bierflaschen. Alle waren leer und von der in diesen Kreisen bevorzugten Marke. Daneben sah Manzetti insgesamt sechs Einkaufstüten mit Aufdrucken von Lidl und Aldi, die quasi das Reisegepäck des illustren Dreigestirns darstellten.
    Allein die Plastiktüten hätten wohl ausgereicht, um bei Lara tiefe Abneigung gegen die Herrschaften zu entwickeln, denn seitdem sie den Film einer Umweltorganisation gesehen hatte, sympathisierte sie zum Ärger ihrer Eltern mit dem militanten Flügel weltweit agierender Umweltschützer. Seither lehnte sie es sogar ab, Eiersalat zu essen, der in einer Plastikdose verpackt war.
    Die drei Männer, die Manzetti nun auf ihrer Parkbank aufsuchte, interessierten sich wahrscheinlich nicht für den jugendlichen Aktionismus. Für sie waren Plastiktüten ganz einfach praktischer als sperrige Koffer, die sie ohnehin nicht besaßen.
    „Guten Abend, meine Herren.“ Manzetti stellte sich so hin, dass sein Schatten alle drei gleichermaßen bedeckte.
    „Ach, der Herr Kommissar. Wir nichts schuld, Cheffe“, erwiderte einer den Gruß des Polizisten im Bemühen um etwas Humor, denn man kannte sich. Zumindest zwei von ihnen, den Hageren und den Bärtigen, hatte Manzetti schon das eine oder andere Mal wenigstens für eine Nacht eingesperrt. Das war zumeist im Winter passiert und diente primär dazu, ihnen wenigstens für ein paar Stunden eine warme Bleibe zu verschaffen.
    „Auch ne Pilsette, Chef?“, fragte der Bärtige und hatte dabei wirklich Gastfreundlichkeit im Sinn. Er hielt eine Flasche Bier in Richtung des Polizisten.
    „Heute nicht, aber trotzdem danke.“ Manzetti betrachtete den Dritten im Bunde, der ihm noch fremd war. Er schien etwas jünger als die beiden Alteingesessenen und wirkte merkwürdig apathisch, kaum ansprechbar.
    „Habt ihr auch gestern hier den Tag verbracht?“, begann Manzetti seine Befragung.
    Die Antwort vom Bärtigen wurde durch das Zischen begleitet, das beim Öffnen einer Bierflasche entsteht. Für die drei Saufbrüder war

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