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Havelwasser (German Edition)

Havelwasser (German Edition)

Titel: Havelwasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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das wohl eine Sinfonie. „Kommissar, Sie meinen wegen dem Toten von heute Morgen? Damit ham wa nischt zu tun.“ Die in furchtbarstem brandenburgischen Dialekt gehaltene Antwort strömte Manzetti auf einer Dunstwolke von Bierfahne und Knoblauch entgegen.
    „Wirklich nicht?“, fragte er, obwohl er selbst auch nicht an ihre Tatbeteiligung glaubte. Aber vielleicht hatten sie ja irgendetwas von den Geschehnissen um das Verbrechen gesehen.
    „Wirklich nich, Herr Kommissar. Ditt könn Se uns glauben. Wir tun Sie doch nich belügen. Nie nich.“ Und zur Bestätigung erhob der Hagere zwei Finger der linken Hand.
    „Na gut. Aber das ist keine Antwort auf meine Frage. Habt ihr nun gestern Abend auch hier gesessen oder nicht?“
    „Na klar. Wir hucken immer hier“, antwortete nun wieder der Bärtige und hob seinen rechten Arm mit dem Bier zum Gruß in Richtung Havel. Kurz darauf ertönte eine Hupe, und Manzetti drehte sich erschrocken um. Ein älteres Ehepaar, beide nur in Badesachen und einem leichten T-Shirt, grüßten von einer etwa zehn Meter langen Yacht herüber, und ihre Gesichter trugen sogar ein Lächeln.
    „Ein Bayliner“, behauptete der Hagere und grüßte auch mit seinem Bier.
    „Ein was?“, fragte Manzetti neugierig, denn mit Motorbooten kannte er sich nicht sehr gut aus. Er war leidenschaftlicher Segler.
    „Ein Bayliner.“ Der hagere Saufbruder schaute Manzetti mit ungläubigen Augen aus dem braunen und faltigen Gesicht an. „Herr Kommissar, ditt hier is keen schlechter Ort. Ditt eene oder andere Schiffchen legt hier an, und wir helfen die Kapitäne manchmal dabei. Dafür lässt man schon mal nen Euro springen. Und dabei lernen wir noch watt.“ Ehrlicher Stolz schwang in seiner Stimme.
    „Und ditt da iss een Bayliner“, ergänzte der Bärtige und zeigte mit der Bierflasche zur Yacht, die noch immer mit ruhiger Fahrt die Havel entlangschaukelte.
    „Ja dann“, stellte Manzetti anerkennend fest, „lohnt sich ja euer Sitzen hier in doppelter Hinsicht.“
    „Watt?“ Die Augen des hageren Bruders verrieten, dass der Mann mit Manzettis Bemerkung überfordert war. Mit Sicherheit hatte der Alkohol über die vielen Jahre die meisten Areale seines Gehirns lahmgelegt und das bis in alle Ewigkeit.
    Manzetti ärgerte sich bereits darüber, dass er überhaupt zu dem Trio gegangen war, und wurde immer ungeduldiger. „Habt ihr nun etwas gesehen, was mit dem Mord zu tun haben könnte, oder habt ihr vielleicht etwas gehört?“
    Sein Blick fiel auf die nächste Bank, die so weit entfernt war, dass sie außer Hörweite lag. Darauf saßen zwei ältere Damen, die pausenlos Brot ins Wasser warfen. Um die größeren Krumen und Stücke entbrannte jedes Mal ein regelrechter Kampf unter den gut zwanzig Enten und Möwen.
    Immer wenn die Damen aber zu den drei zerzausten Gestalten auf ihrer Nachbarbank guckten, schüttelten sie entrüstet ihre Köpfe. Sie würden nie im Leben darauf kommen, dass hier Männer saßen, die das Brot dringender bräuchten als die Wasservögel.
    „Mensch, Herr Kommissar, wir sind hier in seemännische Mission unterwegs. Da bleibt keene Zeit für Verbrechen, wa. Ditt iss doch och Ihre Sache, wenn mir nich alles täuscht.“ Der Bärtige musste wie jeder Redner die eingetrocknete Kehle mit Flüssigkeit anfeuchten und nahm dazu selbstverständlich sein Bier. Vier Schlucke später drehte er die Flasche um, und zwei dicke weiße Tropfen fielen vor ihm zu Boden.
    Manzetti kam nicht dazu, eine weitere Frage zu stellen, denn in diesem Moment ertönte ein Handyklingeln. Während er nach seinem Telefon suchte, bemerkte er, dass sich der Bärtige und der Hagere erschrocken ansahen. In der nächsten Tasche wurde er fündig. Aber auch nachdem er die grüne Taste gedrückt und sich mit Namen gemeldet hatte, klingelte es weiter.
    In diesem Moment nahm der Hagere seufzend ein Handy aus der Brusttasche seines schmuddeligen Jeanshemdes und hielt es ihm hin.
    Ungläubig beäugte der Hauptkommissar die Saufkumpane und steckte sein eigenes Telefon wieder ein. Beim nächsten Klingeln meldete er sich an dem fremden Handy. „Manzetti.“
    „Herr Hauptkommissar, wie kommen Sie denn an dieses Telefon?“ Die Frage von Obermeister Köppen war berechtigt, und Manzettis Gehirn begann, auf Hochtouren zu arbeiten. Warum wählte Köppen diese Nummer, und wie kamen die Vagabunden zu dem Handy?
    „Das weiß ich auch noch nicht“, antwortete er dem Kollegen des Dauerdienstes. „Warum wählen Sie aber diese Nummer? Sie

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