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Havenhurst - Haus meiner Ahnen

Titel: Havenhurst - Haus meiner Ahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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später einen rosa Rüschentraum auf sich zuschweben sah, doch für langes Staunen blieb ihm keine Zeit, denn der kapitale Barsch, den er bereits seit fünf Jahren zu fangen versuchte, schwamm um den Köder herum, als überlegte er es sich, ob diese fette Beute möglicherweise nur ein übler Trick wäre. Plötzlich jedoch stürzte er sich darauf und riß mit seiner Kraft dabei beinahe die Angelrute aus Lord Marchmans Händen.
    Der riesige Fisch sprang im hohen Bogen aus dem Wasser, und im selben Moment schrie John Marchmans zukünftige Braut: „Eine Schlange! Eine Schlange!“
    Erschrocken wandte John den Kopf zu ihr um und sah sie heranstürmen, als sei der Teufel hinter ihr her. Sie kreischte unausgesetzt, seine Konzentration war dahin, er ließ die Angelleine locker, und der Barsch befreite sich von dem Haken, genau wie Elizabeth es erwartet hatte.
    „Ich habe eine Schlange gesehen!“ keuchte sie und blieb kurz vor seinen nach ihr ausgestreckten Armen stehen. Verstohlen schaute sie zum Wasser in der Hoffnung, einen Blick auf den herrlichen Fisch werfen zu können, den der Lord beinahe gefangen hätte. Am liebsten hätte sie es selbst gleich noch einmal versucht.
    Lord Marchmans etwas unwillige Frage lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihren Gastgeber zurück: „Möchten Sie fischen oder sich setzen und zuschauen, bis Sie sich von Ihrer Flucht vor der Schlange erholt haben?“
    Elizabeth blickte ihn schockiert an. „Du meine Güte, Sir, ich kann doch nicht fischen!“
    „Aber sitzen können Sie, ja?“ fragte er, und das klang tatsächlich beinahe sarkastisch.
    „Selbstverständlich kann ich sitzen. Sitzen ist eine überaus damenhafte Beschäftigung, was das Fischen hingegen meiner Ansicht nach nicht ist. Ich schaue Ihnen jedoch gern mit allergrößter Freude zu.“
    Während der nächsten zwei Stunden saß sie neben dem Lord auf einem Stein und klagte unausgesetzt über alles mögliche. Die Sonne schien ihr zu hell, die Luft war ihr zu feucht, und der Stein, auf dem sie saß, war ihr zu hart. Als ihr keine Beschwerden mehr einfielen, redete sie über die schwachsinnigsten Dinge, die ihr in den Sinn kamen, und warf unterdessen gelegentlich Steinchen in das Wasser, um die Fische nachhaltig zu vertreiben.
    Als der Lord schließlich trotz allem einen Fisch gefangen hatte, sprang sie auf die Füße. „Sie ... Sie tun ihm ja weh!“ rief sie scheinbar empört, als er dem Tier den Angelhaken aus dem Maul herauszog.
    John blickte sie an, als hielte er sie für nicht ganz gesund im Kopf. „Unsinn.“ Er warf den Fisch ins Gras.
    „Er bekommt keine Luft!“ jammerte Elizabeth und starrte auf das zappelnde Tier.
    „Die braucht er auch nicht mehr. Wir werden ihn zum Lunch verspeisen.“
    „Das kommt überhaupt nicht in Frage!“ Sie schaute den Lord an, als wäre er ein Meuchelmörder.
    „Lady Elizabeth“, sagte er streng, „haben Sie etwa noch nie Fisch gegessen?“
    „Doch, selbstverständlich.“
    „Wo kam Ihrer Meinung nach der Fisch her?“
    „Aus einem sauber in Papier eingeschlagenen Paket.“
    „Fische werden nicht sauber in Papier eingeschlagen geboren“, erklärte er, und Elizabeth mußte insgeheim seine Geduld, aber auch seinen inzwischen recht strengen Ton bewundern. „Also wie ist der Fisch, den Sie gegessen haben, wohl auf den Markt gekommen?“ fragte er.
    Elizabeth blickte erst seufzend auf den zappelnden Fisch und dann höchst vorwurfsvoll Lord Marchman an. „Nun ja, man wird ihn irgendwie gefangen haben, aber ganz gewiß nicht auf so hinterhältige Weise wie Sie. Sie belauern ihn in seinem kleinen Wasserheim, täuschen ihn, indem Sie den Angelhaken in einem Köder verstecken, und dann reißen Sie den armen Fisch aus seiner Familie und werfen ihn zum qualvollen Sterben auf das Gras. Das ist unmenschlich!“
    Lord Marchman starrte sie finster an, und wenige Minuten später führte er sie zum Haus zurück.
    ★
    Bis zum Abendessen bekam Elizabeth John Marchman nicht mehr zu Gesicht, und während des Essens war er noch immer düsterer Stimmung. Sie hingegen plauderte ununterbrochen über die englische und französische Mode, über die verschiedenen Handschuhledersorten und Hutdekorationen. Am Ende des Mahls war der Lord von dem vielen Gerede wie benommen und recht ärgerlich, und Elizabeth war ein wenig heiser, wenn auch einigermaßen zuversichtlich.
    Das änderte sich auch nicht, als der Butler ihr etwas später mitteilte, der Lord wünsche sie in seinem Arbeitszimmer zu sprechen.

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