Havoc - Verwüstung - Thriller
Männer hatte die Leiter verlassen und war auf die Kupplung gesprungen. Mit einer Hand wie ein Affe an den Streben hängend und mit den Schultern nur wenige Zentimeter über den Eisenbahnschwellen, zückte Mercer die Pistole, während der Schütze sich hinkniete, um nachzusehen, ob er es mit der gleichen Taktik versuchen sollte wie Mercer.
In der Mikrosekunde des Schocks sah Mercer, dass der Mann aus dem Vorderen Orient stammte, sich seit mindestens zwei Tagen nicht mehr rasiert und makellos überkronte Zähne hatte. Er jagte eine Kugel durch den Schädel des Mannes und brachte sich durch eine geschickte Verrenkung in Sicherheit, als der Körper seines Gegners auf das Gleis prallte und verschwand.
Der Schütze, der noch auf der Leiter stand, hörte den
Schuss und blickte im gleichen Moment nach unten, als Mercer zurückwich und die Pistole über seinen Kopf hinweg in den Spalt zwischen den Waggons stieß. Er feuerte so schnell er konnte und fing den Rückschlag mit steifem Ellbogen ab, um den Gangster im Visier zu behalten. Er musste dem Mann für seinen Mut Anerkennung zollen, denn trotz des Bleihagels, der ihn umschwirrte, versuchte er noch, sein Gewehr herumzureißen. Der Lauf zeigte nach unten, als seine letzte Sekunde schlug. Eins der Neun-Millimeter-Projektile drang knapp unterhalb des Zwerchfells in seinen Leib und zerfetzte seinen linken Lungenflügel, ehe es aus der Schulter wieder austrat und ihm fast den Arm abriss. Die nächsten Treffer erwischten ihn in der Brust, als er den Halt auf der Leiter verlor und stürzte. Daraufhin durchlöcherte eine weitere Kugel seinen Kopf, ehe die Jarygin mit einem Klicken anzeigte, dass das Magazin leer war.
Der Schütze fiel auf die Kupplung und rollte von ihr herunter, um seinem Partner auf dem Gleis Gesellschaft zu leisten.
Mercer hievte sich hoch und erstieg die Leiter. Er wartete, während Cali wieder eine kurze Salve abfeuerte, dann rief er: »Cali! Alles klar!«
»Was ist?«
Er dachte, dass sie, wenn er ihr etwas zurief, eigentlich begreifen musste, dass alles klar sei und sie aus ihrer Deckung herauskommen konnte. »Die Luft ist rein. Ich hab sie erwischt. Bringen Sie die RPG mit.«
Er verfolgte, wie sie auf das Dach des Güterwagens kletterte, und dann folgte er ihrem Beispiel. »Beeilen Sie sich«, drängte er sie, und sie begann zu rennen.
»Mein Gott, sind Sie schmutzig«, sagte Cali, als sie ihn erreichte. Sie gab ihm sein Gewehr mit dem zur Hälfte geleerten Magazin zurück.
»Mag sein, aber dann sollten Sie den anderen Kerl mal sehen.«
Sie verzog das Gesicht. »Danke, ich verzichte.«
Auf dem letzten Waggon vor der Lokomotive hielt Mercer an und legte sein AK aufs Dach. Die heißen Abgase von der Lok brannten in ihren Augen und erschwerten ihnen das Atmen erheblich.
»Das ist nahe genug«, sagte Mercer. Vor ihnen konnten sie die Gleise sehen, die durch das Tal verliefen. Die Strecke war so gerade, dass es schien, als reichten sie in die Unendlichkeit.
Er inspizierte die RPG und vergewisserte sich, dass er auch genau wusste, wie sie zu bedienen war. »Ich glaube, der Zug ist jetzt sauber, also warum gehen Sie nicht schon mal zurück ans Zugende?«
»Was haben Sie vor?«
»Ich sprenge die Schienen zweihundert Meter vor dem Zug und sorge dafür, dass er entgleist. Wir können vorher hinten abspringen.«
Sie sah ihm in die Augen. »Wir gehen zusammen.«
Mercer wollte ihr noch widersprechen, aber mit jeder Sekunde wurde der Zug schneller. Vom Zugende abzuspringen war ohnehin schon gefährlich genug. Es wäre der reinste Selbstmord, wenn sich das Tempo noch mehr steigerte. Um für ein wenig eigene Sicherheit zu sorgen, müsste er dem Lokführer genug Zeit zum Bremsen geben, damit er nicht in voller Fahrt in das Loch im Gleiskörper rauschte.
Ohne eine weitere Bemerkung legte er sich den Raketenwerfer auf die Schulter, visierte einen Punkt dreihundert Meter vor dem Zug an und betätigte den Abzug. Die Fünfundachtzig-Millimeter-Rakete schoss aus dem Rohr, und einen Augenblick später zündete ihr Antrieb und hüllte Mercer und Cali in eine Wolke heißer Gase. Die Lenkflossen falteten sich
auf, während die Rakete den Zug überholte und genau auf den Punkt zuraste, auf den Mercer gezielt hatte. Er hatte das Abschussrohr bereits fallen gelassen, wollte kehrtmachen und zu seinem Lauf zum Ende des Zuges starten, als er sah, wie der Raketenmotor abrupt versagte und das Geschoss wie ein Stein herabfiel. Es landete genau zwischen den Gleisen und
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