Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Havoc - Verwüstung - Thriller

Havoc - Verwüstung - Thriller

Titel: Havoc - Verwüstung - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Namen.
    »Eine Minute«, antwortete sie mit gepresster Stimme. »Mein Gott, wie wird Montezumas Rache eigentlich in diesem Teil der Welt genannt?«
    Mercer achtete darauf, dass seine Stimme nicht besorgt klang. »In Indien hab ich dafür mal den Namen Shivas Geißel gehört. In Ägypten ist es Tutanchamuns Fluch oder der Zorn des Pharao. Ich glaube aber nicht, dass man in Zentralafrika einen eigenen nom de poop dafür hat.«
    »Reizend.« Ihre Stimme klang ein wenig kräftiger. Eine Minute später tauchte sie wieder aus dem Dschungel auf. Trotz ihrer Probleme sah sie kein bisschen schlechter aus als vorher.
    »Alles okay?«
    »Ja. Glücklicherweise geht es immer schnell vorbei, wenn mich der, äh, Flotte Kongo erwischt. Damit wollte ich aber auf keinen Fall den großen Fluss beleidigen.«

    »Soll ich Ihren Rucksack tragen?«
    Cali zog die Schultergurte stramm. »Nicht nötig. Geht schon.«
    Das Dorf lag auf dem Felsplateau und bot einen ungehinderten Blick auf den Fluss zu seinen Füßen. Ungefähr zehn Morgen Urwald waren gerodet worden, um eine bescheidene Landwirtschaft betreiben zu können. Hauptsächlich wurde Maniok angebaut. Mehrere halb verwilderte Hunde streunten zwischen den runden Hütten umher, während ein Paar angebundener Ziegen, die Leiber genauso mager wie ihre Bärte, gleichgültig verfolgte, wie Mercer und Cali näher kamen. Es dauerte so lange, bis sie den Dorfplatz erreichten, dass jemand auftauchte, um sie zu begrüßen. Und zwar war es ein Mädchen von etwa sechs Jahren, bekleidet mit einem viel zu großen Manchester-United-T-Shirt, das bis über ihre Knie herabreichte. Eine Frau in einem bunt bedruckten Baumwollkleid stürzte aus ihrer Hütte und holte das Mädchen eilig zurück. Wenig später tauchte eine alte Frau aus derselben Hütte auf. Ihr rundes Gesicht war von derart tiefen Falten durchfurcht, dass ihre Augen nur an dem Licht zu erkennen waren, das von ihnen reflektiert wurde. Sie stützte sich auf einen Stock, der aus einer Baumwurzel geschnitzt worden war, und trug ein weites Kleid, das ihre rundliche Gestalt vollständig einhüllte. Sie sagte etwas, allerdings in einem Dialekt, den Mercer nicht kannte. Dem Tonfall nach war es eine vorwurfsvolle Frage. Ihre Stimme war ein Naturereignis, das Vögel aufscheuchte und einen der Hunde den Schwanz einziehen und eilig davontraben ließ.
    »Pardon, madame«, versuchte Mercer sein Glück auf Französisch. »Parlez-vous française?«
    Einen Moment lang stand die alte Frau schweigend und starr wie eine Statue da und betrachtete misstrauisch die beiden
Weißen, dann rief sie etwas in die Hütte. Die Mutter des Mädchens kam heraus, das Kind auf dem Arm und an die Schulter gepresst.
    »Ich spreche Englisch«, sagte die junge Frau stockend.
    »Das ist ja noch besser.« Mercer lächelte sie strahlend an. »Wir sind Amerikaner.«
    Die Matrone sagte etwas anderes zu der jungen Frau. Diese stellte das Kind auf dem Erdboden ab und kehrte in die Hütte zurück. Als sie wieder herauskam, trug sie einen niedrigen Hocker, den sie hinter der Frau - wie Mercer vermutete, war es ihre Mutter oder Großmutter - abstellte. Mit einem Ächzen ließ sich die alte Frau auf den Hocker sinken. Mercer erwartete beinahe, dass der Hocker zusammenbrach, als das voluminöse Gesäß der Frau die Sitzfläche bedeckte.
    Mercer und Cali kamen ein paar Schritte näher und hockten sich vor ihren nackten Füßen auf die Erde. Die Frau roch nach Holzrauch und Tierexkrementen. In den Türöffnungen der anderen Hütten gewahrte Mercer zahlreiche Augenpaare, die sie neugierig beobachteten - vorwiegend weiblich und alle um einiges älter.
    »Wo sind denn all die jungen Leute?«, wollte Cali wissen.
    »In den Dschungel geflüchtet«, sagte Mercer bitter. »Ich habe so etwas früher schon häufiger gesehen. An anderen Orten, während anderer Kriege. Jetzt, wo Dayce unterwegs ist, ergreift jeder, der nur dazu fähig ist, die Flucht. Zurück bleiben all jene, die entweder zu alt oder zu schwach sind.«
    »Mein Gott, das ist …«
    »Ich weiß.« Die junge Mutter war offenbar zurückgeblieben, um für ihre alten Angehörigen zu sorgen. Allerdings konnte Mercer nicht verstehen, weshalb keiner von denen, die geflohen waren, ihr Kind mitgenommen hatte. Er betrachtete das Mädchen etwas genauer und begriff dann, weshalb
es noch hier war. Am Hals hatte die Kleine einen Tumor, so groß wie eine Orange. Es war eine feuerrote Masse, die das Kind schon bald ersticken würde, wenn es nicht

Weitere Kostenlose Bücher