Havoc - Verwüstung - Thriller
ihren Rucksack zurückgegeben, um beide Hände frei zu haben.
Der Angriff war von einem Punkt weiter flussaufwärts erfolgt, daher schob Mercer Cali vor sich her. Falls sie von hinten erwischt würden, bekäme er die ersten Treffer ab und hoffte, dass sein Opfer zumindest ihr zu einer erfolgreichen Flucht verhalf. Sie blieben geduckt, und Mercer hatte eine Hand auf ihrem Rücken, um sie notfalls zu bremsen. Schnelle Bewegungen würden die Aufmerksamkeit selbst eines völlig unerfahrenen Soldaten auf sie lenken.
Eine Rauchwolke wehte über sie hinweg, als die Rebellen eine Hütte in Brand setzten. Jemand schrie im Innern, während das Strohdach Feuer fing, als sei es mit Benzin getränkt. Der Schrei brach abrupt ab, als das Dach - begleitet von einem Funkenregen - einstürzte. Das Gewehrfeuer dauerte pausenlos an. Sobald eine Waffe einmal verstummte, fand ein anderer Rebell ein neues Ziel und begann sofort zu schießen.
Mercer wagte nicht, einen Blick zurück auf das Gemetzel zu werfen, während er und Cali sich durch das schüttere Dickicht aus Bäumen und hohen Farnpflanzen schlängelten. Er hatte so etwas schon früher gesehen. Keine fünfhundert Meilen von dieser Stelle entfernt war er zum Waisen gemacht worden. Seine Hand auf Calis Rücken sollte gleichermaßen sie wie auch ihn selbst beruhigen.
Etwa fünfzig Meter vom Dorfrand entfernt endete der schmale Streifen Urwald. Mercer und Cali verharrten und achteten darauf, im Schatten der Bäume zu bleiben. Schließlich drehte sich Mercer aber doch um. Qualm wallte von mehreren Hütten in den Himmel, und nur undeutlich zu erkennende Gestalten bewegten sich dazwischen. Einige feuerten Gewehre ab, andere stürzten getroffen zu Boden. Niemand schien in ihre Richtung zu blicken. Dayce war wohl davon ausgegangen, dass sein Überfall das Dorf derart überrumpelte, dass er gar keine Wachen aufstellen musste, um die Ansiedlung abzuriegeln.
Die Mine war weitere dreißig Meter entfernt. Die Gräben würden ausreichend Deckung bieten, und dahinter begann dann der Dschungel als dichte und nahezu undurchdringliche Barriere. Mercer inspizierte den Untergrund und suchte sich einen Weg über das brachliegende Land, während ein anderer Teil seines Gehirns versuchte, das überschüssige Adrenalin, das durch seine Adern kreiste, unter Kontrolle zu halten. Cali schien neben ihm mit der Situation um einiges besser zurechtzukommen. Ihre Augen blickten wachsam, ihre Haltung war entspannt und startbereit.
»Wir schaffen es«, flüsterte sie und rückte den Rucksack auf ihrem Rücken so zurecht, dass er dicht unterhalb der Schultern saß.
»Ich weiß.« Er verlieh seiner Stimme einen Unterton von Zuversicht.
Sie verließen ihre Deckung, robbten über den feuchten Untergrund und hatten die halbe Strecke schon hinter sich gebracht, als Mercer sah, wie zwei Rebellen den Graben überquerten, der die Mine vom Rand der Klippe trennte. Dayce hatte also doch Wachtposten abkommandiert. Die Rebellen näherten sich im Laufschritt, begierig, sich an dem Gemetzel
zu beteiligen. Mit Sicherheit würden sie die beiden Amerikaner jeden Moment bemerken.
Mercer war ein hervorragender Schütze, mit seiner Beretta war er jedoch auf diese Entfernung völlig chancenlos. Keine Deckung bot sich in ihrer Nähe an, nichts, wo sie sich hätten verstecken können. Er hatte jedoch keine andere Wahl und brachte die Pistole in Anschlag. Sein Mund war völlig ausgetrocknet. Er sah sie näher kommen, zwei halbwüchsige Jungen mit Patronengurten quer über den mageren Oberkörpern, aus Autoreifen geschnittenen Sandalen an den Füßen, ihre AK-47er ziemlich ramponiert, aber funktionsfähig. Sie waren noch dreißig Meter entfernt, als einer von ihnen Mercer und Cali flach auf dem Untergrund liegend entdeckte. Sein Mund formte einen erstaunten Ausruf: »Oh!« Sein Partner bemerkte die beiden nur Sekundenbruchteile später, und sein Gesicht verzerrte sich. Er schwenkte sein Gewehr herum, um zu schießen.
Mercer hatte ihn genau im Visier und drückte ab. Die Pistole bockte in seiner Hand. Der erste Rebell ging zu Boden. Der nächste Schuss erfolgte zu hastig, und Mercer war sicher, zu hoch gezielt zu haben, doch der zweite Rebell ließ sein AK-47 fallen, fasste sich an die Schulter und stieß einen Schmerzensschrei aus, während er zusammenbrach.
Cali und Mercer waren aufgesprungen, noch bevor der Junge vollständig den Boden berührte. Sie rannten mit langen Schritten, beschleunigten wie Sprinter nach Verlassen der
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