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Havoc - Verwüstung - Thriller

Havoc - Verwüstung - Thriller

Titel: Havoc - Verwüstung - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Laubdach des Dschungels schimmerte silbergrau, die Fluten des Chinko waren schwarz. Sie beobachteten
seltsame rundliche weiße Schemen, die sich um den ramponierten Lastwagen drängten. Zwei Gestalten traten hinter dem Fahrzeug hervor. Mercer fluchte innerlich, weil er sich seine Beretta nicht zurückgeholt hatte. Es war schwierig, Einzelheiten zu erkennen, aber beide Gestalten hielten lange Gebilde in den Händen. Waffen vielleicht?
    Eine von ihnen schob eines der rundlichen Schemen zur Seite, das mit einem zornigen Blöken protestierte. Also waren es Schafe. Sobald Mercer dies erkannte, wurden weitere Einzelheiten deutlich. Bei den Gestalten handelte es sich um einen Mann und eine Frau. Sie hatten soeben - auf der Flucht vor Dayce’ Armee - den Fluss mit etwa fünfundzwanzig Schafen überquert. Die Tiere stellten offensichtlich ihren gesamten Besitz dar. Während Mercer und Cali das Geschehen weiter beobachteten, gesellten sich zwei nackte Kleinkinder zu ihren Eltern. Die Mutter hob das jüngste hoch, setzte es sich auf eine Hüfte und gestattete ihm, sich eine Brust aus der Bluse zu holen und daran zu saugen.
    »Was denken Sie?«, wollte Cali wissen.
    Mercer war sich ziemlich sicher, dass alle Männer, die zu Dayce’ Rebellenheer gehört hatten, tot waren, doch er konnte die Möglichkeit nicht von der Hand weisen, dass sich einige von ihnen noch in der Nähe im Urwald herumtrieben. Er konnte diese Leute nicht wehrlos in der Gefahr zurücklassen. Also richtete er sich auf und breitete die Arme zu einer freundlichen Geste aus, während ihn der Familienvater entdeckte und sofort seinen Stab senkte, als wollte er ihn damit angreifen. Es wirkte ziemlich bizarr, aber schließlich befand man sich in Afrika. Mercer konnte ein Kichern nicht unterdrücken. »Ich glaube, wir flüchten aus der Zentralafrikanischen Republik mit einer verängstigten Familie und einer nassen Schafherde im Schlepptau.«

    Mercer und Cali waren drei Tage unterwegs. Zuerst fuhren sie von Rafai in die Hauptstadt, Bangui, von dort flogen sie über Lagos und landeten schließlich in New York auf dem Kennedy Airport. Mercer kam es so vor, als werde Cali Stowe immer verschlossener, je näher sie der Heimat kam. Er vermutete, dass es eine Art Schutzmechanismus war, der ihr half, das Grauen der letzten Tage zu verarbeiten. Sie hatte die Episode abgeschlossen und in einem Winkel ihrer Erinnerung eingemauert, so dass sie höchstens als Albtraum noch einmal an die Oberfläche ihres Bewusstseins aufstieg. Aber auch das würde im Laufe der Zeit aufhören.
    Mercer kannte diese Technik. Er selbst hatte sie schon einige Dutzend Male angewandt. Er hatte Grausamkeiten miterlebt, von denen sich Cali keine Vorstellungen machen konnte. Nicht so etwas wie das langsame Sterben durch internationale Tatenlosigkeit, wie es jemand, der bei den CDC arbeitete, in Flüchtlingslagern oder ländlichen AIDS-Kliniken miterleben musste, sondern nackte Gewalt - einfach um der Gewalt willen. Er hatte Kriegshandlungen auf vier Kontinenten beobachtet, vorwiegend regionale Unternehmungen, die kaum einen Weg in die Abendnachrichten fanden, jedoch Tausende von Todesopfern forderten. Er hatte Grubenarbeiter in Eritrea, die in Sklaverei gehalten wurden, befreit, und er hatte die Frau, die er liebte, in den Armen gehalten, als sie starb.
    Harry White war an einem Abend nicht lange nach Tisa Nguyens Tod in einer besonders philosophischen Stimmung gewesen und hatte Mercer erklärt, dass Gott einem Menschen niemals eine Bürde auferlegte, von der er meinte, dass er sie nicht würde tragen können. Sieh dir zum Beispiel Hiob an, hatte Harry gesagt. Dieser Knabe hatte alles, und dann nahm Gott es ihm weg: Familie, Geld, Freunde, Gesundheit, alles, was ein Mensch zu seinem Glück brauchte. Aber Gott wusste
auch, dass Hiob damit fertig werden würde. Marschier einfach weiter, hatte Harry gemeint, nimm die Scheiße, die das Leben manchmal für dich bereithält, einfach hin und geh weiter deinen Weg. Es gibt in Wirklichkeit immer nur eine Alternative.
    »Klar, ich könnte auch so ein armseliger Säufer werden - wie du«, hatte Mercer erwidert, »und zwölf Stunden am Tag in irgendeiner Bar rumhängen und hoffen, dass irgendein Idiot meine Zeche bezahlt.«
    Harry hatte diese Feststellung mit einem Grinsen quittiert, diesem für ihn so typischen schiefen Grinsen, das bei dem alten Kämpen für einen kurzen Moment den Spitzbuben durchscheinen ließ. »Das ist genau die Alternative, die ich

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