Havoc - Verwüstung - Thriller
dafür sorgen, dass Ira Lasko ihn und Cali in ein sicheres Versteck brächte.
In der Bar lag Harry schlafend auf der Couch. Sein Schnarchen erinnerte an die letzten mühsamen Atemzüge eines sterbenden Bären. Drag hatte sich auf Harrys Beinprothese zusammengerollt, so dass seine Nase genau dort ruhte, wo die Prothese am Beinstumpf befestigt war, und er die ganze Nacht seinen geliebten Herrn riechen konnte.
Harrys Decke zog Mercer nicht zurecht.
Er ließ sich auf einen Hocker an der Bar sinken und sah, dass Harry seine Dechiffrierungsversuche noch nicht abgeschlossen hatte. Daher schob er Harrys Notizen beiseite und begann mit der Lektüre des langen Briefs an Albert Einstein, um sich während der Nacht wach zu halten.
Gegen Mittag des nächsten Tages geleitete Ira Laskos Sekretärin Cali und Mercer zu Laskos Büro im Old Executive Office Building, das direkt ans Weiße Haus angrenzte. Ira kam um seinen ausladenden Schreibtisch herum, um Cali die Hand zu schütteln, während Mercer die beiden miteinander bekannt machte.
»Sie sind also die Lady, die Mercer à la Stanley und Livingstone in Afrika getroffen hat.« Mit seinem kahlen Schädel reichte er kaum bis zu ihrem Kinn. »Als er mich vorgestern von New Jersey anrief, erwähnte er, dass Sie im Energieministerium arbeiten.«
»Ich bin Vor-Ort-Ermittlerin beim NEST.«
»Also bei dem so genannten atomaren Katastrophenschutz. Dann ist Ihr Boss Cliff Roberts, nicht wahr?«
»Das stimmt.«
»Er ist ein Arschloch.«
Cali grinste und fand auf Anhieb Gefallen an Laskos direkter Art. »Das ist er, ja.«
»Er hat früher bei der Navy gedient, ebenso wie ich. Ich war ein Jahr mit ihm zusammen im Pentagon. Er besitzt die Fantasie einer Kumquat, jedoch höchstens halb so viel Gehirn. Seinen Posten beim NEST hat er nur bekommen, weil sie niemand Passenden fanden, als nach dem 9. September die Homeland Security gegründet wurde.« Er bedeutete ihnen mit einer Geste, auf den Stühlen vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen, während er selbst sich wieder in seinen Drehsessel sinken ließ.
Das Büro war geräumig, und die Wandtäfelung und der grüne Teppichboden verliehen ihm eine gemütliche Atmosphäre. An den Wänden hingen nur wenige gerahmte Bilder und Urkunden sowie eine amerikanische Flagge. Ira trug ebenfalls eine amerikanische Flagge als Anstecknadel. Auf einer Anrichte stand das Modell eines Unterseebootes. Es gehörte zur Sturgeon-Klasse, auf der Lasko als leitender Offizier gedient hatte, bevor er in den Geheimdienst der Navy übergewechselt war.
Er wandte sich an Mercer. »Was ist denn nun so wahnsinnig wichtig, dass ich eine Golfrunde mit dem Vorsitzenden der Joint Chiefs absagen musste?«
»Zweihundert Pfund Plutonium, die seit mehr als siebzig Jahren vermisst werden.« Mercer berichtete von dem Naturreaktor in Oklo und erläuterte seine Theorie, dass das, was sie bisher für ein ungewöhnlich konzentriertes Uranvorkommen gehalten hatten, in Wirklichkeit die Überreste eines wesentlich jüngeren Reaktors waren, der noch nicht völlig ausgebrannt war.
»Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass noch weitere solcher Reaktoren existieren?«, wollte Ira wissen, nachdem Mercer seine Ausführungen beendet hatte.
»Die gleiche Frage hat Cali mir gestern auch schon gestellt. Sehr gering. Ich glaube, dies ist wahrscheinlich der einzige dieser Art auf der ganzen Welt.«
»Wie ist dieser Typ dann bloß darauf gestoßen? Neulich beim Abendessen hast du gemeint, dass er entweder der beste Geologe der Welt gewesen sei oder der mit dem glücklichsten Händchen.«
»Sein Name war Chester Bowie«, sagte Mercer, »und er war überhaupt kein Geologe. Er lehrte klassische Philologie an einem kleinen College in New Jersey. Und er suchte gar nicht nach Uran oder Plutonium. Sein Interesse galt vielmehr einer Mine aus der griechischen Mythologie.«
»Du sprichst in Rätseln.«
»Der Sage zufolge hat Zeus Prometheus an einen Felsen gekettet, weil der sich ihm widersetzt und den Menschen das Feuer gebracht hatte. Die Fesseln wurden aus einem unzerbrechlichen Material namens Adamant hergestellt. Bowie glaubte zu wissen, woher dieses Adamant gekommen war und was es damit auf sich hatte. Er hatte einige Probleme, um die Finanzen für seine Suchexpedition zusammenzubekommen, und trug seine Idee einem Kollegen in Princeton vor - in der Hoffnung, dass diese altehrwürdige Ivy-League-Universität den Wert und den Nutzen seiner Forschungen erkennen würde.«
»Das dürfte
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