Havoc
Guckloch einen Blick in die Zelle. Sie war leer.
Zumindest glaubte er das, bis plötzlich direkt vor ihm ein Gesicht auf der anderen Seite des Fensterchens erschien.
Er zuckte zurück und unterdrückte einen überraschten Aufschrei.
»Alicia!«
Hastig schob er den Riegel an der Zellentür zurück und riss sie auf. Alicia war viel dünner, als er sie in Erinnerung hatte, ihre Haare standen wirr und ungekämmt vom Kopf ab und sie sah erschöpft und verängstigt aus.
»Was machst du hier?«, rief er.
»Was machst du hier?«
»Du zuerst!«
»Du hast mir eine Nachricht auf die Mailbox gesprochen«, sagte Alicia.
Die Nachrich t – natürlich! Dann hatte sie also tatsächlich getan, worum er sie gebeten hatte.
Alicia blickte an ihm vorbei auf seine Begleiter. Seth war etwas verlegen, als ihm klar wurde, wie seltsam sie in dem kunterbunten Mix aus Kleidungsstücken, der in Malice alltäglich war, auf Alicia wirken mussten.
Kady hob lächelnd die Hand. »Hallo.«
»Ach so, j a …«, stammelte Seth, der vor lauter Überraschung kurzzeitig seine guten Manieren vergessen hatte. »Das sind Justin und Kady. Kady kennst du ja wahrscheinlich aus der Schule.«
»Dann hast du deine beiden Freunde also wiedergefunden?«, sagte Alicia. »Das freut mich für euch.«
»Warum warst du in der Zelle eingesperrt?«, fragte er.
»Ich hab mich hier eingeschlichen und bin geschnappt worden. Ich schätze, das is t … keine Ahnun g … zwei Wochen her? Oder schon drei? Meine Eltern sind bestimm t …« Tränen traten in ihre Augen. »Habt ihr vielleicht ein Handy dabei?«
»Wir kommen gerade direkt aus Malice«, erklärte Justin. »Da gibt’s noch nicht mal Telegrafenmaste.«
»Moment ma l – die halten dich hier schon seit Wochen fest?« Kady runzelte die Stirn. »Das ist seltsam. Ich mein e … warum haben sie dich nicht gleic h … na ja, du weißt schon? Normalerweise sind sie ja nicht so zimperlich.«
»Wegen Grendel«, sagte Alicia.
»Wegen Grendel?«, fragte Seth verblüfft. »Du meinst den Typ, der Malice zeichnet?«
»Ja, genau. Grendel ist nicht so, wie ihr ihn euch vielleicht vorstellt. Er ist eher wi e … wie ein Kind. Ich habe mich auf den Dachboden geschlichen und mich mit ihm angefreundet. Ich bin mir sicher, dass Tall Jake und seine Leute mich wirklich gern e … losgeworden wären, nachdem sie mich entdeckt hatten. Aber als sie mich fortgeschleppt haben, hat Grendel sich total aufgeregt und sich geweigert, noch einen Strich zu zeichnen.« Sie errötete. »Ich glaube, er mag mich. Kein Wunder, ich war wahrscheinlich der erste Mensch, der nett zu ihm war. Die behandeln ihn hier wie den letzten Dreck. Jedenfalls wollten sie natürlich unbedingt wissen, was ihr in Malice macht, also haben sie mich wieder auf den Dachboden gebracht und mir erlaubt, bei ihm zu sitzen. Danach hat Grendel wieder angefangen zu zeichnen und mir so das Leben gerettet. Seitdem bringen sie mich jeden Tag zu ihm. Wir sitzen nebeneinander und zeichnen, und ich hab das Gefühl, dass ihn das total glücklich macht.«
»Schön für ihn!«, sagte Justin trocken. »Aber wir sind nicht zum Spaß hier, Leute. Wir haben etwas zu erledigen.«
»Was meint er damit?«, fragte Alicia an Seth gewandt.
»Wir sind aus Malice hierhergeschickt worden, um Tall Jake endgültig zu vernichten«, erklärte Seth. »Fast die gesamte Comicwelt hat sich gegen ihn erhoben und ihn in einer großen Schlacht aus Malice vertrieben. Er ist verwundet und geschwächt und hat sich hier in Crouch Hollow verkrochen. Und wir müssen jetzt dafür sorgen, dass er für immer verschwindet.«
»Und wie wollt ihr das anstellen?«, fragte Alicia. »Egal wie geschwächt er ist, wenn er euch sieht, bringt er euch sofort um.«
»Ha! Genau das Gleiche habe ich ihm auch schon gesagt«, rief Justin und warf Seth einen triumphierenden Blick zu.
»Außerdem sind auch noch Scratch und Miss Benjamin hier«, warnte Alicia.
Als Kady Miss Benjamins Namen hörte, wurde sie blass. »Wenn das so ist, müssen wir uns dringend einen Schlachtplan ausdenken, sonst kommen wir nicht weit.«
»Ich hab’s!«, rief Justin plötzlich mit leuchtenden Augen. »Wir brennen das Haus einfach bis auf die Grundmauern nieder!«
»Nein!«, rief Alicia. »Grendel ist doch auf dem Dachboden eingesperrt!«
»Na und?«, sagte Justin. »Okay, du hast dich mit ihm angefreundet, aber das macht ihn mir kein Stück sympathischer. Vergiss nicht, dass er derjenige ist, der den Comic gezeichnet hat. Das heißt, dass
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