Havoc
gut kannte, für die anderen war sie im Grunde eine Fremde. Seth tat es leid, sich von ihr verabschieden zu müssen. Sie hatte eine wichtige Rolle beim Sturz von Tall Jake gespielt und er würde sie vermissen. »Jetzt brauchst du wenigstens keine Angst mehr zu haben, dass er dich holen kommt«, sagte er zum Abschied. »Und dein Freund Philip ist jetzt auch in Sicherheit.«
»Wir haben doch das Richtige getan, oder?«, sagte Alicia zweifelnd, und Seth spürte, dass sie an Grendel dachte.
»Du hast den Kerl wirklich ins Herz geschlossen, was?«, sagte er.
»Er brauchte Hilfe.« Alicia schüttelte seufzend den Kopf. »Ich wünschte nur, ich hätte mehr für ihn tun können.«
Sie umarmten sich kurz und dann ging sie, ohne sich noch einmal umzudrehen, die Straße entlang Richtung Heimat.
Die übrigen drei stahlen sich durch die schmalen Gassen Hatherns den Hügel hinauf zur Kirche, in deren Nähe Seths Eltern wohnten. Die Straßen waren verwaist, sodass ihnen unterwegs niemand begegnete.
»Wartet hier«, sagte Seth zu seinen Freunden und ging im Schatten der anderen Gebäude auf sein Elternhaus zu. Er dachte mit Grauen an die kichernde Stimme am Telefon, die sich für seine Mutter ausgegeben hatte. Vielleicht war es nur ein fieser Trick von Tall Jake gewesen, aber er machte sich trotzdem Sorgen, seinen Eltern könnte etwas passiert sein. Er musste sich Gewissheit verschaffen, dass es ihnen gut ging, bevor er nach Malice zurückkehren konnte. Auf Zehenspitzen ging er die Einfahrt hinauf und schlich zum Wohnzimmerfenster.
Drinnen brannte Licht. Durch einen schmalen Spalt zwischen den zugezogenen Vorhängen konnte er ins Zimmer spähen.
Da waren sie. Beide saßen in ihren Sesseln. Sie schauten eine Unterhaltungsshow im Fernsehen. Seine Mutter trug ihren Jogginganzug und sah alt und erschöpft aus, sein Vater schien in den vergangenen Wochen noch mehr Haare verloren zu haben. Aber sie lebten. Seth seufzte erleichtert.
Also war es doch nur ein Trick gewesen. Tall Jake war nie hier gewesen. Natürlich nicht. Er und seine Spießgesellen hatten immer sorgfältig darauf geachtet, keine Erwachsenen in ihr grausames Spiel mit einzubeziehen. Wahrscheinlich war es für Tall Jake ein Leichtes gewesen, die Telefonleitung anzuzapfen.
Tja, damit war jetzt ein für alle Mal Schluss.
Im Wohnzimmer lachte seine Mutter über etwas, was jemand im Fernsehen sagte, und sein Vater lächelte. Seth war beruhigt. Ihr Sohn war zwar verschwunden, aber sie hatten immer noch ihren geliebten Fernseher. Vielleicht würde ihnen das genügen.
Er wandte sich um und ging langsam wieder zu der Straßenecke zurück, an der seine Freunde warteten. Kady war überrascht, dass er so bald wieder zurückkam. »Willst du denn nicht reingehen?«
»Was sollte ich ihnen denn sagen?«, fragte Seth. » Hi, da bin ich, aber ich muss gleich wieder los, sorry und tschüss? « Er schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Bleiben kann ich aber auch nicht.«
»Solltest du ihnen nicht wenigstens sagen, dass du lebst und in Sicherheit bist?«
»Ich rufe sie vom Bahnhof aus an, bevor ich fahre.« Seth hätte alles dafür gegeben, seinen Eltern erklären zu können, warum ihm nichts anderes übrig blieb, als aus dieser Welt wegzugehen. Aber er wusste, dass sie es nicht verstanden hätten. Er wäre ihnen gern der Sohn gewesen, den sie sich wünschten, aber das konnte er nun mal nicht. Vielleicht waren sie einfach zu verschieden.
Genau wie er und Kady.
»Tja, dan n …«, sagte Kady, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Ich mein e … ich muss jetzt nach Hause. Meine Elter n … Ich bin mir sicher, dass sie vor Sorge um mich schon ganz krank sind. Es is t … Ich muss nach Hause.«
Justin trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Ich lass euch beide mal allein, okay?«, sagte er und räusperte sich dann. »Ähem. Wie wär’s mit einer Umarmung? Ausnahmsweise.«
Kady schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich.
»Ich werde dich sogar noch mehr vermissen als die blöde Blechmieze«, sagte Justin heiser.
»Ich verlasse mich drauf, dass ihr euch gut um sie kümmert!«, sagte Kady.
»Wird gemacht«, versprach Justin und ließ sie los. »Ich warte um die Ecke auf dich«, sagte er zu Seth und schlenderte, die Hände in den Taschen vergraben, die Kapuze über dem Kopf, davon. Und dann standen Kady und Seth plötzlich allein da. Der kalte Wind raschelte in den Bäumen und der Schein der Straßenlaternen tauchte sie in gelbes Licht.
Kady konnte Seth
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