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Havoc

Havoc

Titel: Havoc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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verlangt. Was ihr verdient.
    Seth musste an seine Eltern denken, die Abend für Abend vor dem Fernseher hockten und geistlose, seichte Unterhaltung konsumierten, während ihre Lebensuhr langsam ablief. Hatte Tall Jake Recht und sie wollten es gar nicht anders? War diese Welt nur deshalb so unendlich langweilig, gewalttätig und ungerecht, weil die Menschen sie dazu machten? Bekamen sie letztendlich wirklich nur das, was sie verdienten?
    Ich sehe, wir verstehen uns, sagte Tall Jake zufrieden. Wir sind gar nicht so verschieden, du und ich.
    Seth wollte protestieren. Nein! Er würde niemals wie Tall Jake sein. Sie hatten nichts gemeinsam. Aber in dem Moment, in dem er zu einer Erwiderung ansetzen wollte, ertönte ein lautes Brüllen hinter ihm. Justin lief auf Tall Jake z u – einen blitzenden Cutter in der Hand.
    Wahrscheinlich hatte er ihn sich aus einer der überall im Raum herumstehenden Dosen mit Stiften und Zeichenutensilien gegriffen und vorsorglich als Waffe eingesteckt, bevor Scratch, Miss Benjamin und Tall Jake sich gezeigt hatten. Aber er sollte ihm nichts nützen. In dem Moment, in dem er sich Tall Jake näherte, ertönte ein rasselndes Geräusch und Tausende glänzend schwarz gepanzerte Insekten strömten aus den Falten von Tall Jakes Mantel wie eine Masse zähflüssigen Teers. Dunkle Fühler streckten sich nach Justin aus, krabbelten auf seine Arme und sein Gesicht, breiteten sich blitzartig über seinen gesamten Körper aus und hüllten ihn ein. Wild um sich schlagend stürzte Justin zu Boden, und die Dunkelheit zwängte sich durch seine Lippen und seine Nasenlöcher. Er versuchte zu schreien, aber es kam nur ein hilfloses Gurgeln heraus.
    »Aufhören!«, rief Seth und stürzte sich in ohnmächtiger Verzweiflung mit erhobenen Fäusten auf Tall Jake. Aber der sah den Angriff kommen, und die Schwärze, die Justin in ihren Fängen hatte, griff nun auch auf Seth über. Er spürte, wie ihn eine eiskalte Faust umklammerte, und wurde von einer gewaltigen Kraft nach hinten geschleudert. Dunkelheit umhüllte ihn, schwärmte über seine Haut. Millionen Insekte n – zu klein, um sie zu sehe n – krabbelten rasselnd und klackernd über seinen Körper. Er wollte sie abschütteln, aber sie waren bereits in seine Kleidung gekrochen und breiteten sich von seinem Kragen aus über sein Kinn aus. Er hörte laute Schreie um sich und dann zwängte ihm jemand den Kiefer auf und plötzlich war sein Mund mit den winzigen wuselnden Käfern gefüllt. Er hustete und würgte, doch in seiner Lunge war keine Luft. Die Insekten krochen in seine Augen, ein dunkler Schleier senkte sich über ih n …
    Helft mir! Helft mir! So helft mir doch!
    Und dann wurde der schwarze Schleier mit einem Mal weggerissen. Er konnte wieder sehen! Die grauenhaften Insekten waren verschwunden, als hätten sie nie existiert. Ein Albtraum, aus dem er gnädig erwacht war. Aber Tall Jake stand immer noch vor ihm, der Albtraum war noch nicht zu Ende.
    Seth rang nach Atem. Ihm wurde übel, als er daran dachte, dass diese widerwärtigen Krabbeltiere, die in Tall Jakes Fleisch lebten und sich von seiner dunklen Macht ernährten, ihn beinahe von innen aufgefressen hätten. Neben ihm lag Justin keuchend am Boden. Die beiden Mädchen kauerten schluchzend neben ihm. Grendels Stift hatte aufgehört, übers Papier zu schaben.
    Oh nein, so leicht werde ich es euch nicht machen, Kinder, sagte Tall Jake. Ihr habt mir zu viel genommen, als dass ich euch einen gnädigen Tod schenken werde. Er hob die rechte Hand und ballte sie zur Faust.
    Seth hatte gerade Luft geholt, als ihn ein plötzlicher Schmerz durchzuckte, der alle Schmerzen übertraf, die er jemals gespürt hatte. Es war, als würden seine Lunge, sein Herz und seine Gedärme zu einer winzigen Kugel zusammengepresst. Er hörte Kady aufschreien und kurz danach auch Alicia und Justin. Sie alle erlitten dieselben schrecklichen Qualen.
    Nicht Kady! Tun Sie es mir an, aber nicht ihr!, wollte Seth rufen, aber die Worte drangen nicht durch seine zusammengepressten Zähne und die nächste Schmerzwelle raubte ihm die Sinne. Dieses Mal schien es, als würde es niemals enden.
    Als der Schmerz irgendwann schließlich doch aufhörte, lagen sie alle nach Atem ringend und sich krümmend am Boden. Seth hörte ein lautes Summen in den Ohren und konnte nur verschwommen sehen. Er blickte zur Decke auf und starrte auf das blasse Rechteck einer Dachluke. Einatmen. Ausatmen.
    Ganz langsam erst wurde ihm bewusst, dass einer von ihnen

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