Havoc
strahlte die drei ungerührt an. »Gebt es ruhig zu. Ich! Bin! Die! Größte!«
Während Scotty sich beiläufig von einer Kletterpflanze befreite, die sich ihm um den Arm geschlungen hatte, erzählte er weiter: »Durch unsere Kontaktleute hatten wir erfahren, dass es etwas gibt, was wir als Waffe gegen Tall Jake einsetzen könnten. Es war angeblich in einem alten Tempel versteckt, der von einem Wächter bewacht wurde. Du bist aufgebrochen, um es zu suchen, und nie wieder zurückgekommen.«
Kady runzelte die Stirn. Sie dachte an die Albträume, die sie in Hathern gehabt hatte, nachdem Luke verschwunden war. Träume, in denen sie von einem buckligen Wesen mit blauen Linsen anstelle von Augen durch einen Tempel gejagt worden war. Es hatte sie mit einem lodernden Flammenwerfer verfolgt und sie erinnerte sich noch deutlich an die Hitze und den Gestank versengter Haare.
»Oka y … jetzt wird mir einiges klar«, sagte sie nachdenklich. »Diese geheimnisvolle Waffe war wahrscheinlich der Shard, und ich habe es tatsächlich geschafft, ihn aus dem Tempel zu stehlen, aber ich habe keine Ahnung, was danach passiert is t … Irgendwie muss ich wohl aus Malice rausgekommen sein. Vielleicht gab es dort einen direkten Ausgang, so etwas wie die runde Tür in Skarlas Höhle, durch die Seth wieder in die reale Welt zurückgekehrt ist. Es könnte sein, dass ich sie bei meiner Flucht vor dem Wächter zufällig gefunden habe und dan n …«
» … dann warst du auf einmal wieder zu Hause«, beendete Scotty den Satz für sie.
»Ja, genau. Wahrscheinlich dachte ich, ich könnte wieder nach Malice zurückkehre n …«, sagte Kady gedankenverloren. »Ich hatte ein weißes Ticket in der Tasche. Aber natürlich habe ich nicht damit gerechnet, dass mein Gedächtnis ausgelöscht werden würde.«
»Und so kam es, dass der Shard als Skulptur bei dir auf dem Bücherregal endete!«, sagte Justin.
Scotty strahlte. »Cool! Das heißt, du hast ihn?«
»Ich hatte ihn. Leider steht er immer noch in meinem Zimmer. Aber Set h – das ist unser Freund, der auch die Blutbestie getötet ha t – ist zurückgegangen, um ihn zu holen. Sobald er wieder in Malice ist, wird er versuchen Havoc zu finden, und dann kann der Kampf weitergehen.«
Scottys Lächeln erstarb. »Jan nimmt nicht so gern neue Mitglieder auf. Er ist ein bisschen paranoid.«
»Jan?«
»Unser neuer Anführer. Er kommt aus Schweden. Als du nicht mehr zurückgekommen bist, wussten wir erst mal nicht, wie es weitergehen soll. Jan hat dann das Kommando übernommen und seitdem hat sich Havoc ziemlich verändert. Wir sind keine straff organisierte Gruppe mehr, sondern eher so eine Art Gang. Viele von den alten Mitgliedern haben die Gruppe verlassen, und wir andere n … na ja, sagen wir mal, wir haben uns damit abgefunden.« Er zog ein entschuldigendes Gesicht. »Ich fürchte, Jan wird nicht gerade begeistert darüber sein, dass du wieder da bist, Kady.«
3
Es war fast Nacht geworden, als sie schließlich einen mitten im Wald gelegenen See erreichten. Das Wasser lag spiegelglatt und dunkel da, nicht die allerkleinste Welle kräuselte seine Oberfläche.
Scotty führte sie ans Ufer, wo im Schilf ein kleines Ruderboot vertäut war. Justin betrachtete es skeptisch.
»Lass mich raten«, sagte Kady spöttisch. »Du kannst nicht schwimmen?«
»Ich denke eher an die Miezekatze«, sagte Justin. »Wenn wir kentern, sinkt sie wie ein Stein.«
Scotty musterte Tatyana, die auf den Hinterläufen saß und geduldig abwartete, wie sie entscheiden würden. »H m … ehrlich gesagt, wüsste ich auch nicht, wie sie in unser Versteck reinkommen sollte, selbst wenn Jan es ihr erlauben würde. Sie ist zu groß, um durch die Einstiegsluke zu passen, und die Leiter kommt sie allein auch nicht runter.«
» Leiter? «, wiederholte Justin erstaunt. »Wo habt ihr denn euer Versteck?«
»Da drüben.« Scotty deutete auf den See. Erst als Kady die Augen zusammenkniff, entdeckte sie eine metallisch glitzernde, flache Kuppel, die den Wasserspiegel durchbrach und im Dämmerlicht wie eine kleine, kreisrunde Insel aussah.
»Das da ist euer Versteck?«, sagte Justin, der nicht gerade beeindruckt wirkte. »Bisschen klein, oder? Und nicht sonderlich versteckt.«
»Der größte Teil liegt unter Wasser«, antwortete Scotty. »Das, was ihr seht, ist nur die Einstiegsluke.«
Kady kniete sich vor Tatyana hin und streichelte ihr über die Schnauze. »Meinst du, wir können dich hier im Wald eine Weile allein lassen?«,
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