Havoc
leid«, sagte er.
Kady sah ihn erstaunt an. »Wer? Etwa die Regulatoren?«
»Ja.«
»Diese Schweine tun dir leid?«, fragte Justin entgeistert.
»Sie können nichts dafür«, sagte Scotty. »Tall Jake macht sie im Haus des Todes zu dem, was sie sind. Niemand wird freiwillig Regulator. Sie sind Gefangene. Die Fleischzerteiler nehmen ihnen den Teil ihres Gehirns heraus, in dem Mitgefühl erzeugt wird, und machen sie so zu Tall Jakes Sklaven.« Er spuckte wütend auf den Boden. »Wenn ich was zu sagen hätte, würde ich als Allererstes dafür sorgen, dass das Haus des Todes zerstört wird, stat t …«
Er stockte und beendete den Satz nicht. Justin zog eine Augenbraue hoch, als er den schuldbewussten Ausdruck auf Scottys Gesicht sah. Offenbar hatte ihr neuer Freund mehr gesagt, als er durfte.
»Das Haus des Todes ist der Schlüssel zu Tall Jakes Macht«, erklärte Scotty zögernd. »Dort erschafft er seine Armee. Ich wäre dafür, ihn dort anzugreifen. Man sollte ihn an der Stelle treffen, wo es ihm am meisten wehtut.«
»Dann ist das Haus des Todes also so etwas wie sein Hauptquartier?«, fragte Kady.
»Genau. Bevor Tall Jake die Macht über ganz Malice an sich gerissen hat, hatten die Sechs das Land untereinander aufgeteilt und herrschten jeweils nur über eine Domäne«, erzählte Scotty, dem anzumerken war, wie stolz er darauf war, so viel über Malice zu wissen. »Tall Jake war der Herr über das Haus des Todes. Krähenfinger lebte in Schieferklipp. Der Krüppeltück herrschte über die Schwarzen Wälder, die Laq über die Oubliette, die Königin der Katzen über Akropolis und der Shard war der Herrscher der Brennenden Seen. Aber dann hat Tall Jake sie eines Tages gewaltsam gestürzt und die Macht an sich gerissen. Krähenfinger wurde bei dem Umsturz getötet, die Übrigen haben sich versteckt und sind nicht aufzufinden.«
»Als wir in der Oubliette bei Skarla waren, hat sie die Sechs erwähnt«, sagte Kady nachdenklich. »Sie meinte, wenn es uns gelingen würde, den Shard zu finden, könnten wir die anderen vielleicht dazu bringen, sich mit uns gegen Tall Jake zu verbünden.«
»Sagt bloß, ihr wart in der Oubliette?«, rief Scotty beeindruckt. »Da kommt normalerweise keiner mehr lebend raus.«
»Es wäre auch beinahe schiefgegangen«, entgegnete Justin. »Wir hatten dort einen kleinen Zusammenstoß mit der Blutbestie.«
»Von der hab ich gehört«, sagte Scotty ehrfurchtsvoll. »Tall Jake hat sie in den Tempel der Laq geschickt, um ihn zu zerstören und alle ihre Anhänger umzubringen. Aber anscheinend hat er die Kontrolle über sein eigenes Monster verloren.«
»Das Monster ist auch ohne ihn ganz gut klargekommen«, sagte Justin achselzuckend. »Aber mein Kumpel hat es getötet. Noch einmal getötet müsste man wahrscheinlich sagen.«
»Euer Freund hat die Blutbestie erledigt?«, rief Scotty beeindruckt. »Wow. Den Typ würde ich echt gern mal kennenlernen!«
»Das wirst du«, sagte Kady. Ihre Stimme strahlte mehr Zuversicht aus, als sie tatsächlich empfand. »Das wirst du bestimmt.«
2
Als sie den Felsen erklommen hatten, kam ein riesiger Wald mit alten, knorrigen Bäumen in Sicht, auf den Scotty sie zuführte.
Kaum hatten sie den Wald betreten, wurde das Blätterdach der Bäume schon bald so dicht, dass fast keine Sonnenstrahlen hindurchdrangen und sie von einem unheimlichen grünen Dämmerlicht umgeben waren. Die feuchtwarme Luft legte sich wie ein klebriger Film auf ihre Haut und es herrschte eine bedrückende Stille, die nur dann und wann von einem geisterhaften Fiepen oder Krächzen unterbrochen wurde. Das Ticken von Tatyanas mechanischem Uhrwerk erschien ihnen auf einmal viel lauter als sonst. Kady erhaschte aus dem Augenwinkel immer mal wieder einen Blick auf fremdartige Wesen, die durchs Unterholz huschten, aber viel zu schnell wieder verschwanden, um sie deutlich zu erkennen.
Die Bäume hier ähnelten in keiner Weise denen, die sie aus den heimischen Wäldern kannten. Manche erinnerten eher an meterhohe Sträucher mit spitzen, bis zu zehn Zentimeter langen Dornen. Ihre dünnen Stämme und Äste waren miteinander verwoben und bildeten so eine beinahe undurchdringliche grüne Wand. Ander e – riesige struppige Gewächs e – raschelten bedrohlich mit den Blättern, wenn sie ihnen zu nahe kamen. Schweigend folgten sie Scotty, der ihnen einen Weg durch diesen Urwald bahnte.
»Kannst du mir vielleicht noch ein bisschen mehr übe r … mich erzählen?«, bat Kady ihn nach einer Weile,
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