Havoc
patrouillieren sehe n …«
Die beiden Jungs nickten und die drei nahmen am Tisch Platz. Tatyana setzte sich wachsam neben sie.
»Die Regulatoren lassen sich hier drin nie blicken«, beruhigte Scotty sie. »Deswegen hab ich diese Trinkstube auch als Treffpunkt ausgesucht.«
»Okay«, sagte Justin. »Aber wir sollten uns trotzdem etwas unauffälliger verhalten, falls du verstehst, was ich meine.«
»Ach so, ja. Klar«, sagte Scotty kleinlaut. »Tut mir leid, ich hab mich einfach so gefreut, dich wiederzusehen, Kady.« Er sah sie kopfschüttelnd an. »Sag mal, du erkennst mich wirklich nicht wieder, oder?«
»Nein.« Sie zuckte bedauernd mit den Schultern. »Tut mir echt leid.«
Es war ihr ziemlich unangenehm, diesem Jungen gegenüberzusitzen, den sie offensichtlich irgendwann einmal gut gekannt, an den sie jedoch keinerlei Erinnerung mehr hatte. Es gab in ihrem Leben eine Zeitspanne von vier Monate n – den Sommer vor einem Jah r –, während der sie wie vom Erdboden verschluckt gewesen war. In ihrer Erinnerung war diese Zeit völlig ausgelöscht, und sie hatte nur eine vage Vorstellung von dem, was währenddessen passiert sein könnte. Offenbar war sie damals in Malice gewesen und hatte es irgendwie geschafft zu entkommen. Jetzt war sie zum zweiten Mal in der Comicwelt. Vielleicht konnte der Jung e – Scott y – ihr sagen, was während ihres ersten Aufenthalts passiert war.
»Waren wir beide befreundet?«, fragte sie ihn.
»Kann man so sagen«, antwortete er traurig. »Sogar ziemlich gut. Ich kann einfach nicht glauben, dass du dich wirklich nicht mehr daran erinnern kannst.«
»Nimm’s nicht persönlich, Alter«, tröstete Justin ihn. »Das geht jedem so, der aus Malice fliehen kann. Sobald du draußen bist, ist deine ganze Erinnerung ausgelöscht und du weißt nichts mehr von dem, was hier passiert ist.«
Scottys Augen weiteten sich. »Stimmt das?«, fragte er Kady.
»Ja, leider. Das geht allen so. Was glaubst du, warum bis jetzt noch niemand versucht hat, von der Außenwelt aus etwas gegen Malice zu unternehmen? Keiner kann sich daran erinnert, dass er überhaupt hier war.«
Sie dachte an Seth. War der posthypnotische Befehl, den sie seinem Unterbewusstsein erteilt hatte, stark genug, um seine Erinnerungen zu reaktivieren? Oder hatte er sie womöglich auch für immer vergessen?
Nein! Das konnte und wollte sie nicht glauben. Seth hatte ihr versprochen zurückzukommen und er hatte noch nie ein Versprechen gebrochen.
Scotty saß stumm da. Offenbar musste er das Gehörte erst einmal verdauen. »Das erklärt einiges«, sagte er schließlich. »Kein Wunder, dass nie jemand zurückgekommen ist.« Er sah die beiden hilflos an. »Verdammt. Das haben wir nicht gewusst.«
»Natürlich nicht.« Justin lachte bitter. »Wer hätte es euch denn auch sagen sollen? Nur so kann Malice auf Dauer funktionieren. Nur dadurch bleibt es geheimnisvoll.« Und dann fügte er noch trocken hinzu: »Aber eins muss man denen lassen. Die Idee ist ziemlich genial.«
» Genial? «, rief Scotty angewidert.
»Justin spinnt. Der behauptet sogar, er würde gern in Malice leben!« Kady bedachte ihren Begleiter mit einem nachsichtigen Lächeln, als würde sie ihn für unzurechnungsfähig halten.
»Hier ist es auf jeden Fall besser als in Kilburn, wo ich aufgewachsen bin«, sagte Justin. »Was hauptsächlich daran liegt, dass mein Alter nicht hier ist.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und deutete mit einer ausholenden Handbewegung auf die bunt zusammengewürfelte Gästeschar in der Trinkstube. »Ich meine, schaut euch die Einheimischen doch an. Dass sie langweilig sind, kann man ihnen jedenfalls nicht vorwerfen.«
Dagegen konnte Kady nichts einwenden. Sie als nicht langweilig zu bezeichnen, war sogar noch stark untertrieben. Seit sie in der Hauptstadt von Malice angekommen waren, die von allen einfach nur »Die Stadt« genannt wurde, war sie aus dem Staunen über ihre Bewohner nicht mehr herausgekommen. Hier lebte die verrückteste Mischung von Geschöpfen, die man sich überhaupt nur vorstellen konnte. Manche von ihnen waren äußerlich nicht von normalen Menschen zu unterscheiden, aber die meisten hatten nicht die geringste Ähnlichkeit mit ihnen. Einige bewegten sich wie Tiere auf allen vieren fort, andere hatten Körper, die mit vielen kleinen Schuppen bedeckt waren, Schwänze, unzählige Augen oder lange, schmale Köpfe mit weichen Nüstern. Kady war muskelbepackten Ogern mit mechanischen Armen begegnet und Wesen, die
Weitere Kostenlose Bücher