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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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auf die Stelling zurück, ehe noch ein Haifisch nach ihm schnappen konnte. Dann befreiten die Flenser mit einem letzten Schnitt ihrer Säbelmesser den Walfisch und überließen ihn den wartenden Haien.
    Als nächstes wurde der riesige Kopf in drei Teile zerschnitten und an Bord gebracht. Dort schaufelten halbnackte Männer aus dem mächtigen Gehäuse den kostbaren Walrat, der in Parfümerien verwandt wird, und füllten damit zwölf Fässer.
    Nachdem die Teile des Schädels, ihrer Schätze beraubt, wieder in die See geworfen worden waren, wo sie vor zwölf Stunden noch ein Gehirn beherbergt hatten, das ein gewaltiges Tier durch die Fluten zu führen vermochte, rief Kapitän Hoxworth in die Abenddämmerung: »Durch Gottes Güte hat sich unsere Andacht verzögert. Laßt die Töpfe allein kochen. Wir wollen beten.« Er versammelte seine Mannschaft auf dem öligen Deck, aber Abner Hale wollte an dem Gottesdienst nicht teilnehmen. So mußte John Whipple ihn ganz übernehmen und hielt nach den Chorälen und Gebeten eine begeisterte Predigt über eine Stelle aus Psalm 104: »Herr, wie sind Deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weislich geordnet, und die Erde ist voll Deiner Güter. Das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt's ohne Zahl, große und kleine Tiere. Daselbst gehen die Schiffe; da sind Walfische, die Du gemacht hast, daß sie darin spielen... Die Ehre des Herrn ist ewig.«
    Dann fuhr er ruhig fort: »Aus den aufgerührten Tiefen hat Gott den Leviathan emporgeschickt. Aus den Wüsten des Ozeans bringt Er uns Seinen Reichtum. Aber aus den Wüsten des menschlichen Ozeans läßt Er uns noch ein größeres Gut erwachsen; denn der Leviathan des menschlichen Geistes ist unschätzbar in seinem Wert und nicht zu bemessen nach Fässern und Tonnen. Er wird bemessen in Liebe und Anstand und Glauben. Mögen wir, die wir heute den großen Wal gefangen haben, in unserem Leben jenen größeren Leviathan finden, der das menschliche Verstehen ist.« Kapitän Hoxworth war offensichtlich tief bewegt von Whipples Predigt, denn er rief: »Koch! Bring uns was Gutes zu essen, wir wollen feiern!«
    »Wir sollten zur THETIS zurückkehren«, gab Abner zu bedenken. »Vergeßt die THETIS!« sagte Hoxworth fröhlich. »Wir schlafen heute nacht hier.« E führte die Missionare in seine Räume hinunter, und sie erstaunten. Die Kajüte war groß. Auf dem Tisch lag ein sauberes grünes Tuch. Das Zimmer des Kapitäns war mit Mahagoni getäfelt und mit zahlreichen geschnitzten Walfischknochen ausgeschmückt. Das Bett im
    Alkoven war mit frischem Linnen bezogen und kardanisch aufgehängt, so daß der Kapitän selbst bei schwerem Seegang ruhig darinnen liegen konnte. An der Wand war ein Bücherbord befestigt, auf dem geographische Werke, Geschichtsbücher und Gedichtbände zu finden waren. Verglichen mit der armseligen THETIS war dieses Schiff luxuriös.
    Auch das Essen war gut. Kapitän Hoxworth sagte in seiner starken, tiefen Stimme, deren Timbre in der ganzen Kabine zu spüren war: »Wir kämpfen hart um unsere Walfische. Wir töten niemals die zweitbesten und wir essen gut. Das ist ein gesegnetes Schiff, und, Pastor Whipple, am Ende dieser Fahrt werden zwei Drittel davon mir gehören, und am Ende der nächsten werde ich es ganz besitzen.«
    »Das sind schöne Räume«, erwiderte Whipple.
    »Ich hab' das Mahagoni in Manila einsetzen lassen. Wissen Sie, ich nehme das nächste Mal meine Frau mit an Bord.« Er lachte entschuldigend und fügte erklärend hinzu: »Wenn ein Kapitän so etwas tut, nennt die Mannschaft das Schiff >Hühnerfregatte<. Manche Walfischer lassen sich nicht von einer >Hühnerfregatte< anheuern. Andere bevorzugen solche Schiffe. Sie sagen, das Essen und die Arznei seien besser dort.«
    »Werden die Frauen der Kapitäne je seekrank?« wollte Whipple wissen. »Zuerst ein wenig«, sagte Hoxworth lachend. »Aber auf einem größeren Schiff wie diesem kommen sie schnell darüber hinweg. «
    »Es wäre schön, wenn Amanda und Jerusha wie Kapitänsfrauen wären«, meinte Whipple.
    »Sagten Sie Jerusha?« fragte der Kapitän. »Ja. Jerusha Hale, Abners Frau.«
    »Großartig«, rief der riesige Mann. »Ich werde auch eine Jerusha heiraten.« Und er schüttelte Abners schmale Hand. »Woher stammt die Ihre, Pastor Hale?«
    »Aus Walpole, New Hampshire«, antwortete Abner unglücklich, den Namen seiner Frau in einer Walfängerkabine erwähnen zu müssen.
    »Sagten Sie Walpole?« fragte Hoxworth.
    »Ja.«
    Rafer Hoxworth

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