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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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bewahren!« Aber es war ein anderer Name, der ihm auf den Lippen lag.
    Die Fußwanderung von Lahaina nach Wailuku auf der anderen Seite von Maui führte Abner und den Boten hoch in die Berge hinauf. Sie durchwanderten dürre, steinige Gegenden, und der Schweiß lief an ihnen herab. Da bewegte sich eine Staubwolke auf sie zu, und sie sahen, wie Kelolo mit seinen Verwesern die Männer von Lahaina mit einer großen Ladung Sandelholz in die Ebene hinabtrieb. Einen Augenblick lang war Abner wütend und ermahnte den Häuptling: »Während Ihr Sandelholz schlagt, schwindet Eure Stadt dahin.« Aber noch ehe er Kelolos Rechtfertigung hörte - »Das sind meine Leute, und ich tue mit ihnen, was mir gefällt« -, sah er, daß viele der Leute nicht die zersägten Stämme ausgewachsener Bäume auf ihren Schultern trugen, sondern junge Triebe und Wurzeln, die sie aus dem Boden gegraben hatten.
    »Nehmt Ihr jetzt sogar junge Bäume?« fragte Abner mit Abscheu. »Das Sandelholz gehört mir«, erklärte Kelolo. »Ihr treulosen Diener!« rief Abner zurück und hinkte weiter. Als sie den letzten Bergrücken erreichten und unter sich die Häuser von Wailuku sahen, verweilte Abner einen Augenblick lang, wischte sich den Schweiß von der Stirn und dachte: Wenn es schon für uns so schwer war, diese kleinen Berge zu erklimmen, wie hat dann nur Urania ihre Reise überstehen können? In dem Dorf Wailuku erfuhren sie alles. Nachdem das Kanu, in dem die Hewletts gereist waren, auseinandergebrochen war, hatte Abraham seine Frau mehr als vierzig Meilen über Land getragen, gezerrt und geschoben, um zu den Hales nach Lahaina zu gelangen, und das hatte zum vorzeitigen Wehenbeginn geführt. Jetzt saßen sie verzweifelt und ratlos in der Hütte eines Händlers.
    Es war ein Wunder, daß Urania nach einer solchen Anstrengung überhaupt noch lebte. Aber es war ein noch größeres Wunder, daß Abraham nicht daran gedacht hatte, die Hilfe einer der eingeborenen Wehfrauen in seiner Heimatstation in Anspruch zu nehmen, denn sie gehörten zu den erfahrensten im ganzen Pazifik, und in zehn Minuten hätten sie Uranias Fall als eine einfache Frühgeburt diagnostiziert, die durch Erschöpfung herbeigeführt worden war. Hätten sich die Hewletts auf sie verlassen, dann hätten sie eine leichte Geburt erlebt und ein gesundes Kind zur Welt gebracht. Aber diese Hilfe anzunehmen, hätte für die Hewletts soviel bedeutet, daß eine heidnische, braunhäutige Eingeborene verstehen sollte, ein weißes, christliches Kind auf die Welt zu bringen, und das war undenkbar. »Ich war ernsthaft versucht, eine der eingeborenen Wehfrauen heranzuziehen«, gestand er Abner, als er dem hinkenden Wanderer entgegenlief, »aber, ich dachte an Jeremia 10, Vers 2: >So spricht der Herr: Ihr sollt nicht der Heiden Weise lernen..< Da habe ich meine Frau zu ihren eigenen Leuten gebracht.«
    Abner gab zu, daß er sehr weise gehandelt hatte, und einen Augenblick lang beglückwünschten die jungen Leute einander zu ihrer Rechtgläubigkeit, dann fragte Abner: »Wie geht es Schwester Urania?« Hier errötete Bruder Abraham vor Scham, denn die Schicklichkeit ließ es kaum zu, daß er die folgenden Worte sagte. Aber schließlich stotterte er hervor: »Sie scheint sehr viel Fruchtwasser verloren zu haben.« In der einbrechenden Abenddämmerung sah Abner trübsinnig seinen Genossen an. Dann begann er fieberhaft sein Handbuch auszupacken. Er blätterte darin und fand ein Kapitel mit der Überschrift >Trockene Geburt«. Der Magen zog sich ihm zusammen, denn was er da las, versprach nichts Gutes. Als er aber aufblickte und sah, wie hoffnungslos Bruder Abraham war, knirschte er mit den
    Zähnen und sagte kühn: »Ich möchte gern Schwester Urania sehen.«
    Hewlett führte ihn in eine niedrige Grashütte, wo der Engländer lebte, der in Wailuku Handel trieb. Sowohl der Händler wie seine Frau waren zur Zeit in Honolulu. Das Haus wurde von fünfzig oder sechzig Eingeborenen umgeben, die die aufregenden Weißen beobachteten. Abner bahnte sich einen Weg durch die Menge und betrat mit seinem medizinischen Buch unter dem Arm die erbärmliche Hütte, um die geschwächte Frau zu begrüßen, mit der er die winzige Kabine auf der THETIS geteilt hatte. »Guten Abend, Schwester Urania«, sagte er feierlich, und sie antwortete tapfer: »Es ist so tröstlich, einen Menschen wiederzusehen, mit dem wir auf dem kleinen Schiff zusammen waren.« Und sie sprachen eine Weile von glücklichen Tagen. Dann fragte Abner:

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