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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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»Schwester Urania, wann begannen Eure...« Er verstummte vor Verlegenheit und beendete schließlich hastig seinen Satz: »Eure Wehen. Wie lange dauern sie schon an?«
    »Sie begannen heute morgen um sechs«, sagte Urania. Abner starrte sie verdutzt an, und im stillen dachte er: Oh, Gott! Das war zu der Zeit, als sie die letzte Schlucht hinaufkletterte!
    Er wischte sich über die Stirn und sagte langsam: »Das war vor zwölf Stunden. Wahrscheinlich wird das Kind um Mitternacht geboren, Schwester Urania.« Er blickte auf seine Uhr: noch sechs Stunden. Dann fügte er schrecklich verlegen hinzu: »Eure Wehen. Waren sie häufig?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete sie.
    »Entschuldigt«, sagte er und suchte in seinem Handbuch nach Instruktionen ; aber das Licht war so schlecht, daß er nicht lesen konnte. Er bat deshalb Bruder Abraham, eine Kokosnußlampe zu holen, und bei dem flackernden schwelenden Licht fand er die Sätze, die ihn feiten sollten. »Haben wir ein Stück Tapa?« fragte er, und als es gebracht wurde, zerschnitt er es in zwei
    Hälften, drehte daraus einen Strick, verknotete das eine Ende und band das andere am Fußende des Bettes fest. »Ihr müßt Euch an diesem Knoten festhalten, Schwester Urania«, wies er sie an. »Bei einer trockenen Geburt müßt Ihr Euch besonders anstrengen.«
    Sogleich bedauerte er seine Worte, denn Urania blickte erschreckt auf und fragte: »Habe ich etwas falsch gemacht?«
    »Nein, Schwester Urania«, versicherte er ihr. »Mit Gottes Hilfe werden wir es schaffen.«
    Instinktiv nahm sie seine Hand und flüsterte: »Mein geliebter Gemahl und ich sind so froh, daß Ihr gekommen seid.« Als aber Abner schamrot wie ein Kind ihren Bauch abtasten wollte, wie es das Handbuch vorschrieb, fanden es die Hewletts schicklich, daß sich Urania erst mit all ihren Kleidern bedeckte und noch ein dickes Tapa-Tuch über sich breitete. Nach dem, was er durch die vielen Lagen fühlen konnte, meinte Abner ernst: »Es scheint nichts schief zu liegen.«
    Aber sein Kopf schnellte herum, als aus dem Bett plötzlich ein Schrei ertönte und das Seil sich spannte. Er eilte zu der flackernden Lampe und sah auf seine Uhr. Nach vier Minuten folgte ein weiterer Schrei und eine neue Wehe. Schwitzend durchblätterte er sein Buch und fand beruhigende Erläuterungen. Er ging an das Bett und verkündete froh: »Schwester Urania, alles geht gut. Jetzt arbeitet die Zeit mit uns.«
    Bei dieser Nachricht wurde Bruder Abraham aschfahl, und offensichtlich überfiel ihn Übelkeit. Abner rannte zur Tür des Entbindungsraums und rief auf hawaiisch: »Jemand soll kommen und sich um Pastor Hewlett kümmern!« Zwei erfahrene Wehfrauen, die wußten, wie es Ehemännern ergehen konnte, nahmen sich des Missionars an, der - wie sie sich in unflätigen, beiseite gesprochenen Worten zu den Umstehenden äußerten -, ganz schön mitgenommen war. Aber während die Wehfrauen ihm beistanden, flüsterten andere Eingeborene: »Ist es nicht seltsam? Zwei unserer besten Wehfrauen stehen draußen und pflegen den Ehemann, während sich um die Frau drinnen ein Mann kümmert, der nichts versteht.«
    »So wird es in Amerika gemacht«, erklärte einer, der zuhörte. Plötzlich ließen die Wehfrauen Hewlett los und horchten angespannt auf Uranias Schreie, und es war ein Hohn, daß die Frauen schon nach den Geräuschen besser wußten, was in der Hütte vorging, als Abner, der sein Buch studierte.
    Hewlett, der sich nach seinem Schwächeanfall wieder auf den Beinen halten konnte, ging in die Hütte zurück und fragte: »Wann wird das Kind kommen?«
    »Bruder Hewlett!« rief Abner entrüstet. »Wenn Ihr Euch nicht nützlich machen könnt, dann bleibt draußen.«
    »Wann wird das Kind kommen?« bat der verzweifelte Mann. Noch einmal ging Abner zur Tür und rief die Hebammen, die Abraham aufsammelten und hinausführten.
    Die Wehen folgten jetzt in kurzen Abständen, und Abner, der immer wieder in seinem Buch las, konnte Schwester Urania beruhigen: »Mir scheint, Gott steht uns bei in dieser Nacht.«
    »Ich bin jetzt in Eurer Hand, Bruder Hale«, antwortete die schwache Frau. »Ihr müßt mit mir verfahren, wie Ihr es für richtig haltet.« Später erinnerte sich Abner, daß sie diese Worte mit großer Abgespanntheit gesagt hatte. Er bemerkte, daß ihre Wehen seit einiger    Zeit    ausgeblieben waren,    und als er
    erschreckt zu ihr hinübersah, lag sie still da. Er wurde von Panik ergriffen. Ihr Puls war nicht zu spüren, und er lief zur

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