Hawaii
zerknirschten Geständnis kam ein großer Frieden über ihn, und er sah, wie töricht es von ihm gewesen war, sich gegen das Unvermeidliche zu sträuben. Neue Götter erhoben sich und gelangten zur Macht; doch ahnte Tamatoa nicht, daß dieser Frieden, der nun in ihn eingekehrt war, nur die Voraussetzung einer Entscheidung war, um die er seit vielen Monaten gerungen hatte. Jetzt, da er hinnahm, was sich nicht verleugnen ließ - daß Oro gesiegt hatte -, lag auch sein Entschluß klar vor ihm; und während Tamatoa das Unabwendbare aussprach, wurde eine schwere Last von seinem Herzen genommen: »Wir werden von Bora Bora scheiden und es dir überlassen, Oro. Wir werden uns auf die Reise über das Meer begeben und andere Inseln finden, wo wir unseren eigenen Gott verehren können.«
Während des weiteren Verlaufs der Versammlung teilte Tamatoa niemandem seinen Entschluß mit, nicht einmal Teroro. Ja, er mied sogar seinen hitzigen jüngeren Bruder und rief nur Mato zu sich und sagte in barschem Ton: »Du bist mir verantwortlich für das Leben Teroros. Er darf nicht sterben, und müßtest du ihn an das Kanu festbinden. Er darf nicht sterben. Ich brauche ihn jetzt mehr denn je.«
Als deshalb Teroro seine verstörten Gefolgsleute zusammenrief, um mit ihnen einen neuen phantastischen Plan auszusinnen, sagte Mato als erster: »Wir müssen nach Bora Bora zurückkehren und dort unsere Rache planen.« Pa mit dem Haifischgesicht unterstützte ihn: »Wir werden zurückkehren und uns dort einen Plan ausdenken.«
Da ihm so die Entscheidung aus der Hand genommen war, konnte Teroro nur noch murmeln: »Wir werden uns rächen! Bestimmt!«, und in Gedanken an Unheil und Zerstörung wartete er auf seine Stunde.
Wenn eine Versammlung beendet war, dann zogen sich die Priester klug zurück und ermutigten das Volk, sich von der seelischen Bedrückung in einem wilden zügellosen Fest, das oft drei Tage dauerte, zu befreien. Jetzt durften sich die Frauen wieder zu den Männern gesellen, und die Nacht war erfüllt von den Klängen der Musik. Schöne Mädchen mit schimmernden Leibern und flatternden Röcken aus aromatischen Blättern sprangen in den Kreis und tanzten aufreizend vor den Gästen von den anderen Inseln, als wollten sie fragen: »Haben die Frauen von Tahiti so schwellende Brüste wie wir? Und können sie ihre Knie so geschmeidig zur Musik bewegen wie wir?« Einer der Zuschauer dieses Tanzes murmelte vor sich hin: »Die Frauen von Havaiki sollen verdammt sein.«
Teroro wollte an dem Fest nicht teilnehmen. Weder das aufgeregte Hämmern der Trommeln noch die süßen Liebeslieder der älteren Frauen noch die Schönheit der Mädchen konnten ihn reizen.
Wenn besonders schöne Mädchen, von Palmenfackeln beleuchtet und vom Rauch umweht, mit deutlicher Aufforderung an ihm vorübertanzten, blickte er zu Boden und murmelte: »Ich werde diese Insel zerstören, ich werde die Priester des Oro töten. Ich will verwüsten...«
Seine Männer konnten nicht lange bei einem so schrecklichen Entschluß bleiben. Einer nach dem andern legte seinen Speer nieder, wischte sich die Hände an der nackten Brust ab und sprang unter die Tänzer. Wenn sie bei den wilden Kreisbewegungen des Hulas in Ekstase gerieten, schnellten sie sich in die Luft, schlugen sich auf die Schenkel und tänzelten dann einen Augenblick lang vor dem nicht weniger erregten Partner. Dann blieben beide stehen, blickten einander an und brachen in Gelächter aus, woraufhin das Mädchen gleichgültig einem schattigen Platz zuschritt und der Mann ihr mit ebenso nachlässigen Bewegungen folgte, bis beide einen Schrei ausstießen und im Buschwerk verschwanden.
Während sie verschwanden, riefen ihnen die älteren Frauen recht derbe, aufmunternde Worte nach, denen die anderen Zuschauer brüllenden Beifall spendeten. »Er wird vor ihr ermüdet sein!« prophezeite ein Weib. »Zeig ihm, wofür die Frauen Havaikis berühmt sind, Rere!« rief ein anderes. »Laß ihn nicht aufhören, bis er um Gnade fleht«, fügte die erste hinzu. »Auweh!« rief eine andere. »Der Mond muß vor Scham sein Gesicht abwenden.«
»Vergiß nicht, was ich dich lehrte, Rere!« rief die erste. »Überlaß nicht ihm allein die ganze Arbeit.«
Wenn die Ratschläge fast unerträglich deutlich wurden, brach die Zuhörerschaft in lautes Gelächter aus. Die Musik verstummte, und alles wälzte sich vor Vergnügen auf dem Boden. Welche Freuden brachte das ausgelassene Liebesfest! Dann wurde wieder die winzige Trommel, die nur
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