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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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seinen Gläubigen, und die Welt unterwarf sich in schweigender Verehrung. In solchen Augenblicken, da Oro die Nacht erfüllte und mächtiger in den Adern dröhnte als alle Trommeln, in solchen Augenblicken war es den Priestern unfaßlich, daß noch irgend jemand den alten Göttern folgen konnte, wo doch die neue Gottheit so mächtig, so klar und gütig war.
    Am nächsten Morgen war Hiro, der Steuermann, früh auf den Beinen und zerhieb mit einem scharfen Stein, den er in Tapa verborgen hatte, einige der Taue, die die beiden Rümpfe von WARTET-AUF-DEN-WESTWIND    zusammenhielten.
    Bekümmert über das, was er tun mußte, vergrub er den Stein, eilte zu dem Priester, der für das Wohl des Kanus verantwortlich war, und meldete ihm: »Wir müssen Korallen gestreift haben.«
    Der Priester lief zum Kanu, das noch immer von dem toten Seemann bewacht wurde, der am Heck hing, und prüfte die zerrissenen Taue. »Sie werden sich mit frischen Seilen ausbessern lassen«, sagte er und hoffte, daß der Schaden behoben war, ehe der Hohepriester ihn deswegen belangen konnte.
    »Ja«, stimmte ihm der Steuermann zu, »und wir sollten darangehen, solange wir noch unter dem Schutz Oros stehen.«
    Ein solcher Ausspruch schmeichelte dem Priester, und er zeigte sich deshalb geneigt, als Hiro vorschlug: »Wäre es nicht besser, wenn wir das Kanu hier herausziehen könnten, damit sich die neuen Seile in der Sonne spannen können?« und sie schoben das Kanu genau dorthin, wo Teroro es haben wollte.
    »Wirst du lange brauchen, um die Taue auszubessern?« fragte der Priester. »Nein«, versicherte ihm Hiro. »Ich werde die Versammlung im Tempel nicht versäumen.«
    »Das solltest du auch nicht.« Der Priester erinnerte sich an die Versicherung seines Führers von der letzten Nacht, daß an diesem Tag Oro seinen Sieg über Bora Bora bekräftigen würde, und er hielt es für ein gutes Zeichen, daß Hiro, einer von Teroros wichtigsten Leuten, freiwillig seine Anhänglichkeit an Oro bekundet hatte.
    Die Versammlung begann mit einem seltsamen Ereignis, so daß alle, die später an den Tag zurückdachten, darin einer
    Meinung waren, daß sie von Anfang an unter einem bösen Stern gestanden habe, obwohl das damals noch nicht deutlich war, da die Priester aus dem Vergehen sogleich eine Segnung machten. Die Versammlung hatte sich auf den Steinen niedergelassen, die um den Hauptaltar lagen, und die ersten beiden Schweine wurden gerade ausgenommen, als ein siebenjähriger Junge in den Tempel gelaufen kam und nach seinem Vater rief, der in der Nähe des Altars saß.
    »Vater!« schrie das verlorene Kind.
    Der Mann war einer der niederen Häuptlinge Havaikis, und er blickte mit Entsetzen seinen Sohn an, der eine so große Sünde begangen hatte, daß es kein Erbarmen für ihn gab.
    Keine Frau, kein Kind oder Tier hatte sich je in den Tempel verirrt, und die Arme des Vaters zitterten, als er den hübschen Jungen an sein Herz drückte.
    »Ich habe dich gesucht, Vater«, wimmerte das verlaufene Kind.
    Streng und schweigend blickten die Priester, deren Opfer an Oros Altar gestört worden war, auf das beleidigende Kind. Der Vater, der sich der Schande bewußt wurde, die seine Familie durch die Verletzung des Tabus auf sich gezogen hatte, erhob sich zögernd mit dem Kind. Plötzlich und in einem Akt völliger Unterwerfung streckte er das Kind den Priestern am Altar entgegen, während das Haar des Kindes über seinen starken linken Arm fiel. Mit schmerzlicher, aber unerschütterlicher Überzeugung sagte der Mann: »Nehmt dieses Kind und opfert es Oro! Denn die Weihe des Tempels ist durch ihn gebrochen, und der Faden, der uns mit Oro verbindet, durch ihn verwirrt worden. Er ist mein Sohn. Ich zeugte ihn. Aber ich weine nicht, da ich ihn verliere; denn er hat Oro beleidigt.«
    Zunächst beachteten die Priester den Mann nicht und ließen ihn mit seinem Kind in den Armen stehen, während sie in erhabenem Gleichmut das Ausschlachten der Schweine beendeten. Dann ergriffen zwei Priester mit blutigen Händen ein Paar Bambusstäbe, legten sie so übereinander, daß eine Zange entstand, mit der sie geschickt und erbarmungslos den Hals des Kindes faßten, es hoch in die Luft schwangen und so erwürgten. Nun öffnete der Hohepriester mit einem Schnitt den Bauch des Kindes, zerrte die Eingeweide heraus und legte den Leichnam verehrungsvoll auf dem Hochaltar zwischen den Schweinen nieder.
    »Sein Vater hat recht getan«, brummte der Priester. »Alle tun recht, die Oro ehren.

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