Hawaii
McKinley-Schule nicht dulden könne. Aber als er anhub, erblickte er seinen Sohn gegen das blasse Licht des Morgens, und die Silhouette war nicht die von Bromley Hoxworth, dem radikalen Schriftsteller, der Hawaii beleidigt hatte, sondern die Hoxworth Hales, des radikalen Kunstkritikers, der die Yale-Universität des Diebstahls bezichtigt hatte. So ward ein Bund der Gleichheit geschlossen, der Vater schluckte seinen Vorwurf hinunter.
»Sag mir noch eins, Bromley. Dieser Herr Kenderdine? Kann man seinen Ideen trauen?«
»Sie sind die besten, Papa. Nüchtern, aber geladen mit Feuer. Du hast wohl schon gehört, daß wir ihn verlieren. Hat sich zur Marine gemeldet. Sagt, daß es bald Krieg geben wird.«
Ein Augenblick peinlichen Schweigens trat ein, und der Junge schloß: »Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb ich jetzt nach McKinley möchte, Papa. Es ist vielleicht nicht mehr viel Zeit.« Er wollte zu Bett gehen, sah aber ein, daß er seinem Vater noch eine Entschuldigung für das Pamphlet schuldig war, das mehr Aufruhr hervorgerufen hatte, als sein Autor voraussehen konnte: »Wegen des Fotos von dir, Papa... Ich meine, wenn ich wirklich ein Schriftsteller werde, dann werde ich ein guter.« Und er stolperte aus dem Zimmer.
Das Fußballspiel am Thanksgiving-Tag des Jahres 1941 war in vieler Hinsicht eine Revanche für das klassische Spiel von 1938, in dem Punahou gegen McKinley angetreten war. Aber diesmal spielten zwei Sakagawas auf der Seite Punahous, denn Hoxworth Hale und sein Ausschuß waren so zufrieden gewesen mit dem Verhalten Tadaos, daß sie ihr Stipendium auch auf seine beiden jüngeren Söhne ausdehnten. Minoru war nun Stürmer und Shigeo Läufer. Und auf diese Weise kam es dazu, daß Kamejiro, der frühere Abortleerer, mit seinen beiden älteren Söhnen Goro, der in Uniform war, und Tadao im Stadion Punahou Beifall klatschten. Ein Berichterstatter schrieb: »Es bedeutet eine Revolution in Hawaii, wenn Sakagawa, der Friseur, und Hoxworth Hale dieselbe Mannschaft unterstützen.« In ganz Hawaii ereigneten sich kleine Wunder der Angleichung. Wenn ein Kind Schmerzen hatte, sagte es: »Itai, itai!«, was japanisch war. Wenn ein Mann seine Arbeit abschloß, hieß das pauhana. Er hatte Aloha als Freunde. Er versuchte Pilikia zu vermeiden, und wenn er seinem Mädchen schmeichelte, dann war das Hoomalimali, alles hawaiische Worte. Er aß selten Bonbons, sondern füllte seine Taschen mit einer Art kandierter Früchte, einem wunderbaren chinesischen Erzeugnis, das wie Lakritze schmeckte, süß und salzig zugleich, und das aus gedörrten Kirschen und Pflaumen gemacht war. Nach einem Tanz aß er kein Frankfurter Würstchen. Er aß eine Schüssel Saimin, japanische Nudeln, mit Teriyaki. Oder er aß Chop Suey. Zum Nachtisch nahm er eine portugiesische Malasada, einen süßen, klebrigen Krapfen. Es war eine Inselgemeinschaft, und sie hatte sich das Beste von vielen Kulturen angeeignet. An diesem Tag, als Punahou McKinley in einem Spiel besiegte, das für Hawaii aufregender war als Rose Bowl für Kalifornien, stellte Punahou eine Mannschaft auf, die aus zwei Sakagawas, einem Kee, zwei Kalanianaoles, einem Rodriques und verschiedenen Hales, Hewletts, Janders und Hoxworths bestand. Dieses Mal gewann Punahou mit siebenundzwanzig zu sechs, und Shigeo Sakagawa brachte zwei der Tore zustande. Als er dann durch die Straßen von Kakaako nach Hause ging, verfolgten ihn die unermüdlichen Rowdys mit ihrem Spott und nannten ihn einen Haole-Liebling, aber sie hüteten sich, die Sakagawas anzugreifen. Und sie wußten warum.
Wenn es mit rechten Dingen zugegangen wäre, dann hätten die Sakagawas mit Hilfe der Stipendien für die drei Jungen in der Lage sein müssen, Reikochan aus dem Friseurladen zu entlassen, damit sie sich auf der Universität einschreiben konnte. Aber gerade als die Familie genügend Geld gespart hatte, versammelte das Konsulat in der Nuuanu-Street die japanische Bevölkerung und erklärte ihnen ernst: »Der Krieg in Japan wird immer kostspieliger. Es ist jetzt unsere Pflicht, dem Vaterland beizustehen. Bitte, bitte, erinnert euch eures Versprechens an den Kaiser.« Und das gesammelte Geld war nach Hause geschickt worden, um Japan gegen die böse chinesische Aggression zu unterstützen, wenn auch Goro seine Freunde fragte: »Wie kann China der Angreifer sein, wenn es von Japan überfallen wurde?« Er wollte seinen Vater darüber befragen, aber Kamejiro sah sich in den letzten Tagen des Jahres 1941 vor eigene
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