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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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verschwunden. Nachdem Sakagawa an diesem Abend seinen Laden geschlossen und seine Mädchen, ohne auf die Pfiffe der herumlungernden amerikanischen Matrosen zu achten, sicher nach Hause gebracht hatte, sagte er zu Reiko: »Du kannst sicher sein, daß Ischii irgendeine sehr wichtige Neuigkeit hat«, und die beiden eilten durch die dunklen Straßen zu ihrer kleinen Hütte in Kakaako. Dort wartete schon Ischii auf sie, und nachdem sich die Familie hinter verdunkelte Fenster gesetzt hatte, schritt er dramatisch auf den Tisch zu, auf dem die NIPPU JIJI lag, zerriß sie wütend, schleuderte sie zu Boden und spuckte darauf.
    »So behandle ich die Feinde Japans!« schrie er.
    »Ich habe sie noch nicht gelesen!« rief Reiko und versuchte ihn zurückzuhalten.
    »Niemals wieder wirst du diese schmutzige Propaganda lesen!« verkündete Ischii großartig. »Habe ich dir nicht immer gesagt, daß nur amerikanische Lügen darin stehen? Du hast mich ausgelacht und gesagt: >Was weiß schon Herr Ischii vom Krieg?< Meine Freunde, ich werde euch sagen, was ich weiß. Ich weiß, was wirklich vorgeht in der Welt. Und in Amerika wissen es alle guten Japaner auch. Nur ihr Dummköpfe müßt die hawaiischen Zeitungen lesen, die nichts wissen.«
    Triumphierend zog er aus seiner Rocktasche ein japanisches Blatt hervor, das in Wyoming gedruckt wurde und PRÄRIE SCHINBUN hieß, und das, wie Reiko deutlich sehen konnte, die aufregenden Schlagzeilen enthielt: »Kaiserliche Streitkräfte besiegen Amerikaner in Bougainville.« - »Großer japanischer Sieg in Guadalcanar.« - »Präsident Roosevelt gibt zu, daß Japan den Krieg gewinnen wird.« - Die meisten Meldungen, die auf der Vorderseite der Zeitung standen, stammten von dem japanischen Kurzwellensender des Hauptquartiers in Tokyo, und alle folgten der japanischen Propagandalinie. Eine Meldung entsetzte die schweigende Gruppe in der Sakagawa-Hütte vor allem: »Amerikanische Matrosen gestehen, daß sie hilflose japanische Soldaten mit Bajonetten erstochen haben.« Die Meldung kam aus Tokyo und konnte nicht bezweifelt werden.
    Als sich der Schrecken über die Brutalität der Amerikaner legte, fuhr Ischii in seinen wichtigen Mitteilungen fort und verlas einen Artikel, in dem der Herausgeber in Wyoming, gestützt auf kaiserliche Auskünfte, die Entwicklung des Krieges zusammenfaßte. Es wurde allen in dem kleinen Raum klar, daß
    Japan nicht nur im südlichen Pazifik triumphierte, sondern bald auch Hawaii angreifen würde. »Und, Sakagawasan, was wirst du dem kaiserlichen General sagen, wenn er in Honolulu an Land geht und fragt: >Sakagawa, warst du ein guter Japaner?< Du mit deinen vier Söhnen, die gegen den Kaiser kämpfen. Und weißt du, was der General sagen wird, wenn er deine Antwort hört? Er wird sagen: >Sakagawa, knie nieder.< Und wenn du dich niedergekniet hast, wird der General selber sein Schwert aus der Scheide ziehn und dir den Kopf abschlagen.«
    Keiner der Sakagawas sprach. Sie sahen sprachlos auf die Zeitung, und Reiko las noch einmal die Schlagzeilen. Es war ein Blatt, das offen in Wyoming herauskam, es war durch die amerikanische Zensur gegangen, und was Ischii vorgelesen hatte, mußte die Wahrheit sein. Japan gewann den Krieg und würde bald Hawaii überfallen. In großer Gewissensangst sah Sakagawasan auf das Blatt, das er nicht lesen konnte, und fragte Reikochan: »Ist es wahr?«, und seine Tochter sagte: »Ja.«
    Es gehörte zu den erstaunlichen Anomalien dieses Krieges, daß der Geheimdienst die japanischen Blätter in Hawaii genau überwachte und darauf drang, daß sie nur die strikteste Wahrheit brachten und nicht die Meldungen abdruckten, die aus Tokyo stammten, daß aber die japanischen Blätter in Utah und Wyoming ungehindert alles drucken konnten, was sie wollten. Denn die dortigen Militärbehörden waren der Ansicht, die offiziellen japanischen Berichte seien so unsinnig, daß sie sich früh genug selber entlarvten, was auch der Fall war. So verbreiteten die japanischen Blätter, die oft genug von erbitterten Samurais geleitet wurden, einen unglaublichen Propagandaunsinn, Gerüchte, antiamerikanische Anschauungen und boshafte Lügen. Und wenn ein solches Blatt nach Hawaii gelangte, wo den Gerüchten ein viel größeres Gewicht beigelegt wurde, dann war ihre Wirkung verheerend.
    »Ich werde dem General des Kaisers sagen«, erklärte Sakagawasan schließlich, »daß meine Söhne nur in Europa
    gekämpft haben. Niemals gegen Japan.«
    »Das wird dir nichts nützen!« sagte

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