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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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was in dem Kanu noch am Leben zu sein schien, war der neue Stern, der in der Kokosschale vor Teroros Augen auf und ab hüpfte. Und dann entdeckte Teroro eines Nachts, als er den Himmel absuchte, am Horizont den Hauch einer Sturmwolke, die vom Mond beschienen wurde. Sie war klein und unsicher, und Mato flüsterte: »Ist das Regen?«
    Zunächst gab Teroro keine Antwort, und dann brüllte er mit mächtiger Stimme in die Nacht: »Regen!«
    Das Grashaus leerte sich. Die schlafenden Ruderer erwachten und beobachteten, wie die Wolke den Mond verdunkelte. Ein Wind erhob sich, und kleine Schaumkronen schimmerten im Sternenlicht. Es mußte ein richtiger Sturm sein und nicht bloß ein vorüberziehendes Gewitter. Es lohnte sich, ihn einzuholen, und alle begannen wie wild zu rudern. Diejenigen, die kein Ruder hatten, gebrauchten ihre Hände, und selbst der König, der vor Hoffnung wie toll war, ergriff das Schöpfgefäß eines Sklaven und begann zu rudern.
    Wie verzweifelt ruderten sie, und wie mörderisch entzog sich ihnen der Sturm! Während der letzten Stunden der Nacht schoß das Kanu dahin, um den Sturm einzuholen. Die Männer brachen zusammen vor Durst und Erschöpfung; aber sie erreichten ihn nicht. Als dann der glühende Tag anbrach und die Wolken über den Horizont hinaustrieb, breitete sich eine furchtbare Enttäuschung auf dem Kanu aus. Die Ruderer lagen erschöpft von der nutzlosen Anstrengung teilnahmslos auf der Plattform und ließen die Sonne auf sich niederbrennen. Teroro konnte nichts ausrichten. Der alte Tupuna war dem Tode nahe, und die Schweine weinten in der wasserlosen Hitze.
    Nur der König war beschäftigt. Er saß mit gekreuzten Beinen auf seiner Matte und betete unermüdlich: »Großer Tane, du warst uns immer gnädig. Du hast uns Taro und Brotfrucht in Fülle geschenkt. Du hast unsere Schweine fett werden lassen und uns Vögel in die Fallen geschickt. Ich danke dir, Tane. Ich halte dir die Treue. Ich verehre dich vor allen Göttern.« Er fuhr mit diesem Gesang fort, während ihm der Schweiß auf der Stirne stand, und erinnerte die Gottheit an ihre innige und reiche Beziehung. Und dann flehte er aus der Tiefe seiner Verzweiflung: »Tane, bring uns Regen.« Die rotäugige Teura, die nicht weit ab saß, hörte den König beten und kroch zu ihm hin. Aber sie brachte ihm nur Entsetzen, keine Hoffnung, denn sie flüsterte: »Es ist meine Schuld, Neffe.«
    »Was hast du getan?« fragte der König mit ausgedörrter Stimme. »Zwei Nächte, ehe wir Bora Bora verließen, hatte ich einen Traum und achtete nicht darauf. Ich hatte eine Stimme gehört, die mir zurief: >Teura, du hast mich vergessene.«:
    »Was?« sagte der König heiser und packte die verwelkten Arme seiner Tante. »Das war auch mein Traum.«
    »Eine Stimme, die rief: >Du hast mich vergessen!< Hast du das auch geträumt?«
    »Nein«, antwortete der König zerknirscht. »Es waren zwei Sterne, die den Himmel durchkämmten und etwas suchten, was ich vergessen hatte, in das Kanu zu tun.«
    »War das der Grund, warum du zuletzt noch einmal alles auspacken ließest?« fragte Teura.
    »Ja.«
    »Und du hast nichts Fehlendes entdeckt?«
    »Nichts.« Die beiden Weisen, von denen der Erfolg dieser Reise nun abhing, versagten. »Was haben wir nur vergessen?« Sie konnten die Antwort nicht finden, aber sie wußten, denn jeder hatte es vom andern bestätigt bekommen, daß diese Reise unter einem schlechten Stern stand. »Was haben wir vergessen?« flehten sie.
    In Trauer und Verzweiflung sahen sie einander an und fanden keine Antwort. Dann ging Teura, deren Augen von der stetigen Beobachtung der erbarmungslosen Sonne brannten, auf die ausgestorbene Plattform zurück, um ein Omen zu erflehen. Und während sie sich mit ihrem ganzen Sein der Gottheit hingab, tauchte der große, blaue Hai neben dem Kanu auf und flüsterte: »Fürchtest du dich vor dem Tod, Teura?«
    »Nicht vor meinem«, antwortete sie ruhig. »Ich bin ein altes Weib. Aber meine beiden Neffen... Gibt es denn nichts, was du für uns tun kannst?«
    »Beobachte den Horizont genauer«, mahnte der Hai. »Wo?«
    »Links.«
    Und als sie hinsah, entdeckte sie eine Wolke und dann ein Zittern, das die aschfarbene See durchlief, und die Bewegung eines Sturms und Regens. »Oh, Mano«, flüsterte sie und wagte nicht zu hoffen. »Kommt der Regen auf uns zu?«
    »Sieh nur, Teura«, lachte der große Hai. »Schon einmal sah es so aus«, flüsterte sie.
    »Folge mir diesmal!« rief das blaue Tier und verschwand mit

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