Hawaii
»Als das Gericht eingriff, hatte ich es so weit gebracht, daß ich der Regierung dreihundertfünfzigtausend Dollar an Steuern schuldete. Irgend etwas mußte geschehen. Alles was ich jetzt im Jahr bekomme, ist deshalb nicht mehr als zweiundzwanzigtausend Dollar.«
»Und das bei allen ihren Freunden!« rief Frau Mendonca. »Schließlich ist sie eine Alii Nui und hat Verpflichtungen.«
»Sind Sie mit der Einrichtung zufrieden?« fragte Hong Kong. »Weder verstehe ich sie, noch mag ich sie«, antwortete Malama. »Malama«, sagte Hong Kong kurz. »Ich werde einige radikale Investitionen für Sie vorschlagen. Sie werden zwei sehr magere Jahre vor sich haben, und dann werden Sie irgendein Abkommen mit der Regierung treffen. Aber wenn Sie sich vernünftig aufführen, werden Sie in drei Jahren die Vormundschaft los sein.«
Die Gesichter der fünf hawaiischen Frauen strahlten wie Blumen nach einem Sommerregen, und Hong Kong konnte sehen, wie sie an endlose Parties, gutes Essen, neue Automobile und Reisen nach Europa dachten. Aber Hong Kong erinnerte sie unzart: »Und wenn Sie die Vormundschaft los sind, dann stehen Sie unter meiner Aufsicht, und Sie wissen ja, daß ein Chinese zehnmal schlimmer sein kann als ein weißer Richter.«
Die Frauen lachten, denn Hong Kong hatte recht, und schließlich rief Malama: »Ich hoffe, daß wir vernünftig sein können, Hong Kong.« Sie küßte ihn auf beide Backen und legte ihm den Kranz um den Hals, den er ihr vorher gegeben hatte.»Ich habe nicht gescherzt, als ich vorhin sagte, daß Eingeborene und Chinesen immer gut zueinander waren.«
Sie wollte gerade Beispiele anführen, als die Fliegentüre aufgestoßen und dann wieder zugeschlagen wurde, wonach sich jemand über die Veranda zurückzog. »Kelly!« rief Malama. »Komm doch herein. Es ist nur Hong Kong.«
Der große Strandjunge schlenderte barfuß, mit engen, knielangen Hosen und einer Kellnerjacke, die seine Brust kaum bedeckte, in das Zimmer. Er hatte eine Segelmütze auf dem Kopf, und sein schwarzes Haar war ungekämmt, »'n Tag, Hong Kong«, brummte er.
»Wir sprechen gerade über Pläne für den Trust«, sagte Malama freundlich und reichte ihrem Sohn eine Tasse Tee. Aber er schob sie beiseite und klimperte ein wenig auf der Ukulele seiner Mutter. »Sie die neue Treuhand, he?« sagte Kelly.
»Ja«, sagte Hong Kong mit deutlicher Abscheu vor dem Pidgin. »Ich sag Wahrheit. Sie akamai dies Trust, Sie seh'n nach'in Rechten, Sie verdammt guter Kerl.« Er schlug auf die Ukulele und deutete auf seine Mutter. Dann sagte er: »Die da gibt nur aus, gibt nur aus.« Er winkte Frau Fukuda, die ihre Ukulele zu spielen begann, und bald sangen alle Frauen. Aber als sie zu einem ihrer Lieblingslieder kamen, erkannte Kelly plötzlich die chinesische Stimme, hoch und lyrisch, und während er auf seiner Ukulele klimperte, studierte er beifällig die ungezwungene Art, in der Hong Kongs Tochter sang. Er achtete nicht weiter auf sie. Aber als das Lied zu Ende war, griff er nach einer Gitarre und spielte eine Melodie, in die die anderen Instrumente nach und nach mit leisen Akkorden einstimmten. Als das Präludium mit einem schwierigen Fingerlauf, der in dem großen Zimmer widerhallte, zum Ende kam, griff Kelly die ersten Akkorde des >Hawaiischen Hochzeitsliedes<, warf die Gitarre Frau Fukuda zu und stand auf, um den majestätischen männlichen Solopart zu singen. Als die Zeit für den Einsatz des Soprans kam, schob er seine Mutter beiseite und zog gebieterisch Judy herbei. Im richtigen Augenblick gab er ihr ein Zeichen, und zum erstenmal erlebte eine gebannt lauschende Zuhörerschaft, wie sich eine chinesische Stimme zu den höchsten Höhen dieses leidenschaftlichen Ausdrucks der Inseln erhob. Ihre Stimme klang wie die helle Glocke in einer Inselkirche, wo wirklich eine Hochzeit stattfand, und als der Augenblick kam, da Kelly in ihren Gesang einstimmen mußte, ließ er das Falsett und all die anderen Effekthaschereien bleiben und füllte nur mit seinem schönen Bariton das Zimmer, bis die Lüster zu schaukeln begannen. In dem letzten Teil des Liedes summten die fünf hawaiischen Frauen leise mit, so daß Hong Kong als einziger Zuhörer übrigblieb. Gegen seinen Willen - denn er liebte es nicht, wenn seine Tochter hawaiische Lieder sang - klatschte er Beifall. Die vier Besucherinnen jauchzten, und Kelly sprang in das angrenzende Zimmer, um ein Stück Tapa zu holen, das er Judy um die Hüften band. Er steckte ihr drei Blüten in die Zöpfe und
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