Hawaii
die sie verschlangen: »Großer Ta'aroa, Herr der Meere, du kommst, um mich zu holen. Ich bin bereit.« Als sie über das Riff gespült wurde und die grünen Wogen über ihr zusammenschlugen, lächelte sie entspannt, denn sie war sicher, daß irgendwo jenseits des Riffs ihr persönlicher Gott wartete, Mano, der reißende, blaue Hai. »Mano!« rief sie noch zuletzt. »Ich komme, um mit dir zu reden!« Und das Meer trug sie davon.
Als die Dämmerung heraufstieg und neue Ausbrüche von Asche und Flammen sie begleiteten, überblickte der König seine schwer getroffene Siedlung. Er konnte diese Verwüstung und vor allem die Vernichtung des Tempels nur durch die Tatsache erklären, daß nicht auch unter den drei anderen Eckpfeilern lebende Sklaven begraben worden waren. Aber Teroro duldete eine solche Darstellung nicht.
»Wir sind bestraft worden, weil wir unsere älteste Göttin vergessen und weil wir am falschen Platz gebaut haben«, beharrte er.
Wie schlecht der Platz gewählt war, zeigte sich jetzt, als Mato mit der Neuigkeit herbeistürzte, daß eine Feuermauer über den Berghang langsam auf die Siedlung zukrieche. Ein Dutzend Männer lief in den Wald zurück und erkletterte die Stelle, die ihnen Mato bezeichnet hatte. Sie sahen etwas Furchtbares, vor ihnen schob sich ein feuriger Strom aus geschmolzenem Gestein erbarmungslos über alle Hindernisse hinweg dem Meer zu. Bäume, Felsen und Täler wurden davon verschlungen. Die scheußliche, zehn Meter hohe Schnauze des Ungetüms schien leblos zu sein, bis ein trockener Baum davon berührt wurde und sogleich in einer geheimnisvollen Flamme zum Himmel loderte. Von Zeit zu Zeit schossen lange Zungen brennenden Gesteins aus der unheimlich vorwärtsdringenden Wand und breiteten sich wie Wasser vor ihr aus. Alle konnten sehen, daß das kriechende Ungetüm bald die ganze Siedlung verschlungen haben würde. »Es wird uns morgen erreicht haben«, rechneten sich die Männer aus. Als der König die Neuigkeit vernahm, handelte er ohne Furcht, denn er war durch die kühnen Worte seines Bruders gestärkt worden. Er befahl: »Wir werden zuerst für die alte Teura beten«, und er empfahl sie der Gnade der Götter. Als das getan war, sagte er ruhig: »Alle Saaten und frischgesetzten Pflanzen werden ausgegraben und vorsichtig verpackt, auch wenn ihr eure Kleider dazu verwenden müßt.« Dann zeigte er den Sklaven, wie das Kanu beladen werden mußte, und als in einem Abstand von weniger als drei Meilen die geschmolzene Lava wie ein Wasserfall über einen niedrigen Felsen herabzufließen begann, sah er dem Schauspiel lange zu. Dann sagte er: »Wir werden heute nacht noch an Land bleiben und alles zusammenpacken. Morgen früh werden wir diesen Ort verlassen. Pa sagt, daß er im Westen ein vielversprechendes Land gesehen hat.«
Während der Nacht arbeiteten die Siedler im Flammenschein des Vulkans, und als der Morgen anbrach, waren sie zur Abfahrt bereit. Sie hatten einen großen Teil ihrer Saaten erhalten, ihre Götter, ihre Schweine und ihr Kanu gerettet. Mit all diesen Dingen entkamen sie, und als sie sicher auf dem Meer trieben, sahen sie, wie der große feurige Lavastrom über ihr Plateau hereinbrach und unbarmherzig seinen Weg fortsetzte. Der Tempel war im Nu verbrannt; die Felder, denen sie ihre Saaten anvertraut hatten, verschwanden; das Taro-Feld füllte sich mit Feuer, und die Höhle wurde von einer Flammenwand verschüttet. Von dem Plateau aus fand der Feuerstrom ein Tal, das zum Meer führte, und so stürzte er sich durch diese Straße in den Ozean. Das Wasser zischte und kochte. Dampfsäulen wurden in die Luft geschleudert, und die Wellen zerbarsten. Mit gewaltigem Lärm verkündete die Lava ihren Triumph und bedeckte den Himmel mit weißer Asche. Dann sank sie, von dem geduldigen, friedlichen Ozean überwunden, still in die dunklen Höhlen des Meeresgrundes, wie es seit dreißig Millionen Jahren hier geschehen war.
Die Männer von Havaiki, die zum erstenmal die unglaubliche
Wildheit sahen, deren ihre Insel fähig war, saßen wie gebannt in ihrem Kanu und beobachteten lange diesen Aufruhr der Elemente, unter dem ihre Wohnung zerstört worden war.
Ein starker Windstoß brachte ihnen vom Gipfel des Vulkans einen Büschel Haare, die die Luft aus der flüssigen Lava gesponnen hatte. Teroro fing ihn auf und hielt ihn hoch in die Strahlen der Sonne, und er sah, daß es das Haar des fremden Weibes aus dem Wald war. So verkündete er: »Es war die Göttin Pele. Sie kam nicht, um
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