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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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das unzählige Male aufgebrochen war, um nie wieder zurückzukehren. Dies war sein Land, seine Heimat, und er würde es nie wiedersehen. Pa war mit seiner tapferen Mannschaft weiterhin erstaunt, als der Kurs nach Havaiki im Norden festgelegt wurde. Diesmal duldete Teroro nicht, daß sie den früheren leichtsinnigen Weg über das leere Meer einschlugen. Er nahm den behutsameren Weg über Nuku Hiva, wo er mit Klugheit seine Vorräte ergänzte, so daß sie in der glühenden Hitze der Kalmen genügend Nahrung und Trinkwasser hatten, vor allem auch für die Kinder, die sehr unter der Hitze litten. Denn so sehr sie sich anstrengten, gelang es ihnen doch nicht, ihre Mägen in harte kleine Knoten zu verwandeln. Sie waren hungrig und sagten es auch.
    Schließlich standen die KLEINEN AUGEN über ihnen, und das Kanu segelte fröhlich vor dem Wind nach Westen. Jetzt erteilte Teroro den Männern und Jungen an Bord täglich Unterricht: »Ihr wißt, daß die Insel vor uns liegt. Welche Zeichen weisen darauf hin?« Und jeder, der älter als sechs Jahre zählte, wurde ein Navigator. Malama, die den Platz der alten
    Teura eingenommen hatte, wurde Seherin und sammelte die Omen. Eines Tages entdeckte einer der Jungen einen schwarzen Vogel mit geteiltem Schwanz, der einen Seeraben angriff. Und Teroro zeigte ihnen, wie man das Echo der Wellen lesen mußte, das von dem unsichtbaren Havaiki ausging. Aber der feierlichste Augenblick der Reise war gekommen, als Malama am Horizont eine feurige Wolke entdeckte. Sie wußte, daß die Göttin Pele ihren Reisenden ein Leuchtfeuer gesetzt hatte, und Teroro lenkte sein Kanu nach dieser Wolke. Das Schiff näherte sich der Küste, und Teroro sah sich einer bitteren Aufgabe gegenüber, aber er löste sie. Er ging durch die Reihen der Männer und Frauen und sagte zu jedem: »Die Kinder gehören von nun an nicht mehr euch. Sie müssen an Land mit andern geteilt werden, und jedes Kind wird viele Mütter haben.«
    Sofort setzte ein großes Jammern ein, denn auf der langen Reise hatten die Frauen die Kinder sehr liebgewonnen, und die wilden, kleinen Geschöpfe hatten überall Väter und Mütter gefunden.
    »Er ist mir mehr als ein Sohn!« weinte eine der Frauen und hielt einen neunjährigen Jungen mit einem abgebrochenen Zahn an ihre Brust. »Nein«, sagte Teroro unnachgiebig. »Wenn mich nicht die Frauen an der Küste um Kinder angefleht hätten, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, welche mitzubringen. Sie müssen ihr Teil haben. Das ist nur gerecht.« So kam es zu einem schmerzlichen Augenblick, als das Kanu an Land fuhr und die Frauen der Insel, die zu lange die Stimmen der Kinder hatten entbehren müssen, herbeigeeilt kamen. Sie sahen die Knaben, die verlegen um den Mast standen, und die Mädchen, die sich an den Händen der Männer hielten. Sie sahen nicht die vielversprechenden Brotfruchtbäume und Bananen und neuen Schweine. Und als das erste Kind an Land trat, rannte eine Frau leidenschaftlich darauf zu, um es zu füttern. Aber das Kind wich zurück.
    Und dann trat Teroro mit dem Stein der Pele in den Händen an Land, um der hingebungsvolle und gerechte Priester von Havaiki zu werden. Er wurde begleitet von Malama, der Seherin, und von der Vulkangöttin, seiner Führerin. Die Schweine, die Brotfruchtbäume und die Kinder vermehrten sich. Malamas Blumen entfalteten ihre Pracht. Und die Insel gedieh.

3 Von der Farm der Bitterkeit
    Eintausend Jahre nachdem die Männer von Bora Bora ihre Reise in den Norden vollendet hatten, verließ ein bleichgesichtiger Jüngling mit strähnigem, blondem Haar eine ärmliche Farm in der Nähe des Dorfes Marlboro im östlichen Massachusetts und schrieb sich am Yale-College in Connecticut als Student ein. Das war aus zwei Gründen seltsam: nach dem Aussehen der Farm zu schließen, von der der Junge stammte, hätte man nie für möglich gehalten, daß es sich seine Besitzer leisten konnten, eines ihrer zehn Kinder aufs College zu schicken; und wenn sie sich schon dazu entschlossen, so mußten die Eltern einen triftigen Grund dafür haben, ihren Sohn nicht nach Harvard, das nur fünfundzwanzig Meilen entfernt war, sondern nach Yale zu schicken, das mehr als hundert Meilen südlich lag. Gideon Hale, ein hagerer, zweiundvierzigjähriger Mann, der wie sechzig aussah, wußte genau, was er tat. »Unser Pfarrer besuchte Harvard, und er versicherte mir, daß der Ort zu einer Freistätte für Unitarier, Theisten und Atheisten geworden ist. Keiner meiner Söhne soll in einem

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