Hawaii
Teroro am Rande der Menge ein Weib, ein großes, stattliches, geduldiges Weib mit dem Gesicht des Mondes, und er dachte nicht mehr an Götter, Könige und Priester, denn dieses Weib war Malama.
Als sie einander innig und mit jener Liebe anblickten, die zweitausend Meilen überwindet, wußte sie, daß er gekommen war, um sie zu holen, und während er zu einem Gott betete, den er haßte, ging sie in ihr Grashaus und begann zu packen.
Die Gebete waren vorüber, und er suchte sie hier auf. Dann saßen sie zusammen und teilten sich einander schweigend mit. Und sie tröstete ihn in den enttäuschenden Augenblicken, als sie entdeckten, daß er durch Hunger und Entbehrung zu schwach zur Liebe war. Sie lachte leise und sagte: »Sieh nur, was aus der letzten Nacht unserer Liebe entstanden ist!«
Und sie nahm aus den Armen der Amme einen Sohn, der fast ein Jahr alt war und der die großen Augen und das schwarze Haar seines Vaters hatte. Teroro sah seinen Sohn an und dann sein Weib, das er zurücklassen mußte, weil sie keine Kinder geboren hatte, und in seiner Verlegenheit begann er zu lachen. Auch Malama lachte und neckte ihn: »Du sahst so komisch aus, als du dort unten zu Oro betetest. Und Pa, der sein langes Gesicht zog! >Laßt uns jetzt zum Tempel Oros gehen!< Es war ein guter Einfall, Teroro, aber nicht mehr nötig.«
»Was meinst du damit?«
»Hast du nicht bemerkt, wie sehr unser Hohepriester gealtert ist? Ihm ist übel mitgespielt worden.«
»Das freut mich. Und wie?«
»Nachdem er dich und Tamatoa mit soviel List verbannt hatte, damit er der oberste Priester in Havaiki würde...«
»Du meinst, daß sie ihn nur benutzt haben, um Bora Bora zu schwächen?«
»Ja. Sie dachten gar nicht daran, ihn zum obersten Priester zu erheben. Nachdem du den Vater deiner Frau umbrachtest...«
»Sie ist nicht meine Frau. Ich überließ sie Mato.«
Malama sah einen Augenblick lang still zur Erde. Dann fügte sie hinzu: »Die Männer von Havaiki versuchten, uns einen neuen König zu geben; doch wir kämpften.«
»Warum habt ihr den Hohepriester behalten?«
»Wir brauchen einen Priester«, sagte sie einfach. »Jede Insel braucht einen Priester.« Und sie schwiegen und lauschten auf die sanften Wellen der Lagune. Nach einer Weile sagte Teroro: »Du mußt ein Dutzend Frauen suchen, die mit uns gehen wollen. Es ist eine anstrengende Reise.« Dann fügte er hinzu: »Und diesmal wollen wir einige Kinder mitnehmen.« Seine
Stimme wurde hell. »Wir nehmen auch diesen kleinen Kerl mit.«
»Nein«, sagte Malama. »Er ist zu jung. Wir werden ihn für einen älteren eintauschen.« Und nach der Sitte der Inseln ging sie von Haus zu Haus, bis sie einen achtjährigen Jungen fand, der ihr gefiel. Seiner bereitwilligen Mutter gab sie ihren Sohn. Auch Teroro gefiel der neue Junge, und nachdem er wieder fortgeschickt worden war, um bis zur Abreise des Kanus zu warten, nahm er seine Frau in die Arme und flüsterte: »Du bist das Kanu meines Lebens. In dir mache ich meine Reise.«
Bei der Weihung des neuen Idols des Oro bestand der Hohepriester auf der Opferung eines Sklaven. Teroro verbarg sein Gesicht vor Scham, denn er und seine Leute wußten, daß das Götterbild, sobald sie das Riff erreicht hatten, in hohem Bogen über Bord geworfen würde. Aber als der Hohepriester den Gott dem zukünftigen Priester Teroro übergab, nahm dieser ihn ernst entgegen - nicht als ein Idol, sondern als ein Symbol für den sinnlosen Tod eines Menschen. Lhd ob ihm nun die Statue gefiel oder nicht, so war sie doch irgendwie zu einem geweihten Ding geworden, denn sie sprach zu ihm von Blut. Zur gleichen Zeit erinnerte sie ihn an die Schwierigkeit, der er sich nun gegenübersah: er mußte die rote Steinstatue der Göttin Pele aus dem Tempel schaffen, ohne den Verdacht des Hohepriesters zu erregen, daß sie nur aus diesem Grund zurückgekehrt seien. Heimlich beriet er sich mit Pa und Hiro, um den Weg zu sondieren, auf welchem Pele entführt werden konnte.
Pa meinte: »Du hast die Priester mit deinem Gerede über Oro getäuscht. Täusche sie doch wieder.«
»Nein«, antwortete Teroro. »Wir konnten sie mit Oro täuschen, weil sie sich geschmeichelt fühlten. Wenn wir eine vergessene Göttin wie Pele erwähnen, wecken wir ihren Verdacht.«
»Könnten wir sie nicht stehlen?« schlug Hiro vor.
»Wer weiß denn, wo der Stein steht?« gab Teroro zu bedenken. Sie erwogen alle Möglichkeiten und stimmten in einer Sache überein: Nach Havaiki im Norden ohne Pele
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