Hawkings neues Universum
Aussichten für eine solche transuniversale Einbahnstraßen-Kommunikation nicht gerade vielversprechend sind. Denn die Quantentunneleffekte gebären nicht nur neue Blasen, sondern auch Schwarze Löcher – und zwar unermesslich viel mehr als Blasen. Vilenkin: „Die Botschaften werden deshalb praktisch sicher von Schwarzen Löchern verschluckt.“ Um überhaupt eine Chance zu haben, müsste man weitaus mehr Container abschicken, als es Atome im beobachtbaren Weltraum gibt. Wenn es keine radikal exotischen Auswege wie Wurmlöcher gibt – gewissermaßen kosmische U-Bahnschächte zu Paralleluniversen – dann scheint es, als wäre der Mensch, und alle mutmaßlichen anderen Lebensformen in diesem Universum, für immer auf seiner kosmischen Insel gefangen.
Zusammenfassung: Inflation für Verwirrte
Seit der Hypothese von der Kosmischen Inflation ist das Universum nicht mehr das, was es einmal zu sein schien. Das mag nicht nur auf den ersten Blick verwirren. Und die Vielfalt der Modelle und Voraussetzungen steigert die Konfusion noch – und zwar nicht nur bei Laien. Zwar glänzt das Szenario der Inflation in seinen Grundzügen durch Einfachheit und Eleganz. Bei genauerer Betrachtung gerät man jedoch rasch in einen Strudel der Komplexität. Aber das ist in der Wissenschaft nicht ungewöhnlich. Die Konsequenzen der Inflation für unser Weltbild sind freilich ungeheuer – und nicht wenigen Kosmologen auch nicht ganz geheuer oder aber ungeheuerlich. Um vor lauter Inflatonfeldern, Chaotischer und Ewiger Inflation, Recycling-Universen und Quantenfluktuationen nicht vollends den Überblick zu verlieren, seien die wesentlichen Resultate hier noch einmal zusammengefasst.
Im Gegensatz zur vorinflationären Kosmologie stammt nicht nur der gesamte beobachtbare Weltraum, sondern ein sehr viel größerer Bereich aus einer winzigen, superdichten Region, die sich exponentiell schnell ausgedehnt hat.
Die Anfangsbedingungen des Universums könnten viel weniger speziell gewesen sein, als bislang gedacht. Das verringert die Unwahrscheinlichkeit der Weltentstehung beträchtlich und gibt der Kosmologie eine zusätzliche Erklärungstiefe.
Die schlechte Nachricht ist: Wenn die Inflation sehr lange dauerte, bevor unser Universum entstand, wurde durch sie alles aus der Zeit zuvor derart explosionsartig verdünnt, dass es heute prinzipiell nicht mehr beobachtbar ist. Wenn es einen Urknall im Sinn eines ersten Moments gegeben hat, wären sämtliche Spuren davon durch die Inflation unzugänglich geworden. „Selbst die Wellenlänge eines einzigen Photons vom Urknall wäre so stark ausgedehnt worden, dass sie größer ist als das beobachtbare Universum, dass also ‚alles‘, was wir heute sehen, buchstäblich darin steckt“, sagt Andrei Linde.
Ob die Inflation sehr lange dauerte oder sich sogar in eine ewige Vergangenheit erstreckt, ist allerdings umstritten. Die Frage nach dem „Urgrund“ der Welt macht sie jedenfalls nicht obsolet.
Quantenfluktuationen – winzige Schwankungen in den Energiefeldern – wurden durch die Inflation so extrem verstärkt, dass sie sich als Dichteunterschiede im glühenden Urgas abzeichneten und als gravitative Keimzelle der Galaxienbildung dienten. Ohne sie gäbe es heute also gar keine Galaxien, Sterne und Menschen. Das Kleinstmöglichste, eine Quantenfluktuation, wurde somit zum für uns Größtmöglichsten: die großräumige Verteilung der Materie im Universum.
Definiert man den Urknall nicht als Beginn der Raumzeit, sondern nur als den der Materie, geschah er am Ende der Inflation, als sich die Energie des Inflatonfelds materialisierte: Das energiereiche Vakuum barst förmlich und bildete alle Elementarteilchen, die bis heute den Weltraum bevölkern.
Mehr noch: „In gewisser Weise ist die Inflation nicht ein Teil des Urknall-Modells, wie früher gedacht, sondern der Urknall ist ein Teil des Szenarios der Kosmischen Inflation“, sagt Linde. Denn weil die Inflation nicht überall im Kosmos gleichzeitig aufhörte, sondern an unterschiedlichen Orten zu unterschiedlichen Zeiten, gab es nicht nur einen – unseren – die Materie erzeugenden Urknall, sondern ungeheuer viele. Jeder markiert die Entstehung einer nicht weiter inflationär expandierenden Raumblase, die man als separates Universum bezeichnen kann. Dieser Vorgang ist mit Gasbläschen vergleichbar, die sich im kochenden Wasser bilden.
Alle diese Blasen sind durch unermesslich viel größere Raumbereiche getrennt, die immer noch eine Inflation
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