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Hawks, John Twelve - Dark River

Hawks, John Twelve - Dark River

Titel: Hawks, John Twelve - Dark River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Duell der Traveler
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diesen Ort betrifft , dachte er. Dieser besondere Fluss war schwarz wie Erdöl, sah man von den kleinen, schmutzig weißen Schaumfetzen ab, die an der Oberfläche trieben. Er hatte einen scharfen, ätzenden Gestank, als wäre er mit Chemikalien verseucht. Gabriel kniete nieder und schaufelte etwas Wasser mit der hohlen Hand auf, schüttelte es aber sofort wieder ab, weil seine Haut zu brennen anfing.
    Er ließ den Blick schweifen, um sich erneut zu vergewissern, dass er in Sicherheit war. Einen Moment wünschte er, er hätte das Schwert dabei, das sein Vater ihm gegeben hatte; aber Maya hatte den Talisman behalten. Du brauchst keine Waffe , sagte er sich. Du bist nicht hier, um jemanden zu töten. Er würde vorsichtig sein und versuchen, unsichtbar zu bleiben. Vielleicht würde er seinem Vater begegnen, während er nach dem Rückweg in seine Welt suchte.
    Gabriel war sich ziemlich sicher, die Erste Sphäre erreicht zu haben. Andere Kulturen kannten sie als die Unterwelt, den Hades, Scheol – die Hölle. Die Geschichte von Orpheus und Eurydike war ein griechischer Mythos, den man Schulkindern erzählte; dabei handelte es sich um den Erlebnisbericht eines namenlosen Travelers, der diesen Ort vor langer Zeit besucht hatte. Auf keinen Fall durfte man hier irgendwelche Speisen anrühren, selbst, wenn ein mächtiger Führer sie anbot. Und hatte man den Ausweg endlich erreicht, durfte man sich auf keinen Fall noch einmal umdrehen.
    In dem Glaubensbekenntnis von Sankt Columban, das Gabriels Vater übersetzt hatte, beschrieb der irische Heilige die Hölle als eine Stadt mit menschlichen Bewohnern. Die Höllenbürger hatten Columban von anderen Städten erzählt, über die sie Gerüchte gehört oder die sie aus der Ferne gesehen hatten. Gabriel wusste, dass ihm an diesem Ort Tod oder Gefangennahme drohten. Er beschloss, in Flussnähe zu bleiben und sich von der zerfallenen Brücke fernzuhalten. Falls er auf ein Hindernis oder ein gefährlich aussehendes Objekt stieße, könnte er kehrtmachen und den Fluss entlang zu seinem Ausgangspunkt zurücklaufen.
    Die Uferböschung war steil und glitschig, und Gabriel brauchte ein paar Minuten, bis er das Ziegelgerippe eines zerstörten Hauses erreicht hatte. Im Innern des Gebäudes flackerte ein Licht, und er fragte sich, ob der Brand noch schwelte. Vorsichtig spähte er in einen Fensterrahmen. Statt eines Feuers entdeckte er eine dunkelorange zuckende Flamme über einem Rohr, das wie eine geborstene Gasleitung aussah. Der Raum war früher einmal eine Küche gewesen, aber Herd und Spülstein waren jetzt rußbedeckt, und das einzige Möbelstück war ein Holztisch, der sich nur noch auf ein Tischbein stützte. Gabriel hörte Schuhe schlurfen. Noch bevor er reagieren konnte, hatte ihn von hinten ein Arm gepackt, und eine fremde Hand hielt ihm eine Klinge an den Hals.
    »Gib mir dein Essen«, flüsterte ein Mann. Seine Stimme klang atemlos, zögerlich, so als vertraue der Sprecher seinen eigenen Worten nicht. »Gib mir all dein Essen, und du wirst nicht sterben.«
    »Okay«, sagte Gabriel und wollte sich umdrehen.
    »Keine Bewegung! Sieh mich nicht an!«
    »Ich habe nicht versucht, dich anzusehen«, erklärte Gabriel. »Mein Essen ist unten an der Brücke. Ich habe es an einem geheimen Ort versteckt.«
    »Niemand hat Geheimnisse vor mir«, sagte die Stimme, die nun ein wenig selbstbewusster klang. »Bring mich dorthin. Jetzt.«
    Langsam bewegte Gabriel sich vom Haus weg, die Klinge immer noch am Hals. Als er das obere Ende der Uferböschung erreicht hatte, ging er ein paar Schritte bergab, so dass er etwas tiefer als sein Angreifer stand.
    Gabriel packte den Mann am Handgelenk, zerrte es nach unten und verdrehte es nach rechts. Der Mann schrie vor Schmerzen, ließ das Messer fallen und fiel die Böschung herunter. Gabriel hob die Klinge auf, eine improvisierte Waffe, die aussah wie eine Metallklammer, die an einem Stein scharf gewetzt worden war.
    Gabriel stand über einem unfassbar dürren Mann, der sich am Boden krümmte. Er hatte fettiges Haar und einen zerzausten schwarzen Bart. Er trug eine zerrissene Hose – eigentlich nur ein Lumpen – und eine zerschlissene Tweedjacke. Die knochigen Finger seiner linken Hand strichen unaufhörlich über eine schmutzige grüne Krawatte, so als könnte ihm dieses unmögliche Kleidungsstück irgendwie das Leben retten.
    »Es tut mir wirklich leid«, keuchte der dünne Mann. »Das hätte ich nicht tun sollen.« Er verschränkte die spindeldürren

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