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Hawks, John Twelve - Dark River

Hawks, John Twelve - Dark River

Titel: Hawks, John Twelve - Dark River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Duell der Traveler
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und stellte sich auf einen Felsblock, damit sie auf gleicher Augenhöhe waren. Ihre Haare waren zerzaust, und an ihren Stiefeln klebte Dreck.
    »Wo ist Maya?«, fragte Alice.
    Es war das erste Mal, dass Hollis ihre Stimme hörte. »Maya ist in London. Es geht ihr gut. Mach dir keine Sorgen.«
    Alice sprang vom Felsen herunter und setzte den Aufstieg fort, wobei die mollige Nonne mit dem roten Gesicht ihr folgte. Während die Nonne ihm zunickte, erkannte er eine Spur von Trauer in ihren Augen. Aber dann war sie schon an ihm vorbeigegangen, und Mother Blessing baute sich vor ihm auf.
    Der irische Harlequin trug eine schwarze Hose aus Wolle und eine Lederjacke. Die Frau sah viel kleiner aus, als Hollis erwartet hätte, und ihre Mimik war stolz und gebieterisch. »Willkommen auf Skellig Columba, Mr. Wilson.«
    »Danke für den Helikopterflug.«
    »Hat Schwester Joan mit Ihnen geredet?«
    »Nein. Sollte sie das?« Hollis schaute erneut den Abhang hinunter. »Wo ist Vicki? Eigentlich bin ich nur ihretwegen hier.«
    »Ja, ich weiß. Kommen Sie mit.«
    Hollis folgte dem Harlequin über einen Pfad zu den vier bienenstockförmigen Hütten auf der mittleren Terrasse. Er hatte das Gefühl, als wäre er auf dem Weg, die Wracks eines Autounfalls zu besichtigen.
    »Haben Sie jemals einen sehr harten Schlag einstecken müssen, Mr. Wilson?«
    »Selbstverständlich. In Brasilien war ich Profikämpfer.«
    »Und wie haben Sie es überlebt?«
    »Wenn man einer Faust nicht ausweichen kann, versucht man, mit dem Schlag zu gehen. Denn wenn man stehen bleibt wie eine Statue, wird man k.o. geschlagen.«
    »Klingt nach einem befolgenswerten Rat«, sagte Mother Blessing und blieb vor einer Hütte stehen. »Vor zwei Tagen sind die Tabula mit Helikoptern auf die Insel gekommen. Die Nonnen haben sich mit dem Mädchen in eine Höhle retten können, aber Miss Fraser ist offenbar hier oben geblieben, um den Traveler zu verteidigen.«
    »Wo ist sie? Was ist passiert?«
    »Das wird jetzt nicht leicht für Sie, Mr. Wilson. Aber sehen Sie selbst, wenn Sie möchten.«
    Mother Blessing öffnete die Tür zur Hütte, ließ ihm jedoch den Vortritt. Hollis trat in einen kalten Raum, an dessen Wänden sich Pappkartons und Plastikkisten stapelten. Irgendetwas war über den ganzen Boden verspritzt worden. Er brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, dass es sich dabei um Blut handelte, das inzwischen eingetrocknet war.
    Mother Blessing stand hinter ihm. Ihre Stimme klang so ruhig und nüchtern, als spräche sie über das Wetter. »Die Tabula haben Splicer mitgebracht, die durch die Fenster hereingekrochen sind. Ich bin mir sicher, dass sie die Tiere hinterher getötet und die Kadaver ins Meer geworfen haben.«
    Sie zeigte auf einen Körper unter einer Plastikplane, und Hollis wusste sofort, dass Vicki dort lag. Wie ein Schlafwandler schleppte er sich zu dem Leichnam und zog die Plane beiseite. Vicki war kaum zu erkennen, aber die Bisswunden an ihren Armen und Beinen verrieten, dass Tiere sie getötet hatten.
    Hollis stand über dem verstümmelten Leichnam. Er hatte das Gefühl, dass auch er soeben gestorben war. Vickis linke Hand war eine Masse aus zerfetztem Fleisch und zertrümmerten Knochen, die linke hingegen war völlig intakt. Auf der Handfläche lag ein herzförmiges Silbermedaillon, und Hollis erkannte den Gegenstand auf Anhieb wieder. Die meisten Frauen der Kirche trugen ein ähnliches Schmuckstück. Wenn man das Medaillon öffnete, sah man ein Schwarzweißfoto von Isaac T. Jones.
    »Ich habe ihr das Medaillon vom Hals abgenommen«, sagte Mother Blessing. »Ich dachte, dass Sie vielleicht sehen möchten, was drin ist.«
    Hollis nahm das Medaillon und drückte mit dem Fingernagel oben auf das kleine Silberherz. Es sprang auf. Das vertraute Gesicht des Propheten war herausgenommen und durch einen kleinen weißen Papierzettel ersetzt worden. Hollis faltete ihn langsam auseinander und strich ihn auf seiner Handfläche glatt. Mit einem altmodischen Füller hatte Vicki neun Wörter aufgeschrieben und dabei versucht, jeden Buchstaben perfekt aussehen zu lassen. Ich trage Hollis Wilson in meinem Herzen – für immer.
    Der Schock und der Schmerz wurden von Zorn beiseitegewischt, so übermächtig, dass Hollis losheulen wollte. Egal, was passierte: Er würde Vickis Mörder jagen und vernichten, jeden einzelnen von ihnen. Er würde niemals ruhen. Niemals.
    »Haben Sie genug gesehen?«, fragte Mother Blessing. »Ich glaube, es ist an der Zeit, das Grab

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