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Hawks, John Twelve - Dark River

Hawks, John Twelve - Dark River

Titel: Hawks, John Twelve - Dark River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Duell der Traveler
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Bielefeld, Magdeburg und schließlich – Berlin. Hollis nahm die Ausfahrt Nummer sieben Richtung Kaiserdamm, und wenige Minuten später rollten sie durch die Sophie-Charlotten-Straße. Es war kurz vor Mitternacht. Die Wolkenkratzer aus Glas und Stahl waren hell erleuchtet, aber nur wenige Menschen waren auf der Straße zu sehen.
    Sie stellten den Wagen in einer Seitenstraße ab und holten die Waffen aus dem Kofferraum. Beide trugen eine Neun-Millimeter-Automatik unter der Kleidung. Mother Blessing steckte ihr Harlequinschwert in den Metallköcher, während Hollis die Maschinenpistole in die Tasche zur restlichen Ausrüstung legte.
    Hollis fragte sich, ob er heute Abend sterben würde. Er fühlte sich innerlich leer und seinem früheren Leben entfremdet. Vielleicht war es das, was Mother Blessing erkannt hatte: Er war gefühlskalt genug, um ein Harlequin zu werden. Es wäre eine Möglichkeit, die Zukunft zu verteidigen, aber als Harlequin würde er immer gejagt werden. Keine Freunde. Keine Geliebten. Kein Wunder, dass er in Mayas Augen Einsamkeit und Schmerz gesehen hatte.
    Hinter der Adresse in der Auguststraße verbarg sich ein schäbiges, fünfstöckiges Gebäude. Im Erdgeschoss war das Ballhaus Mitte untergebracht, ein ehemaliger Tanzsaal der Arbeiterklasse, in dem inzwischen ein Restaurant mit Nachtclub eröffnet hatte. Ein paar junge Deutsche standen davor Schlange und warteten auf Einlass. Sie rauchten Zigaretten und sahen einem Pärchen zu, das sich leidenschaftlich küsste. Als die Tür aufging, schlugen ihnen die Schallwellen harter elektronischer Musik entgegen.
    »Wir gehen in die Wohnung 4B«, sagte Mother Blessing.
    Hollis warf einen Blick auf die Uhr. »Wir sind eine Stunde zu früh.«
    »Es ist immer gut, zu früh zu kommen. Tauchen Sie niemals zum vereinbarten Zeitpunkt auf, wenn Sie Ihre Kontaktperson nicht kennen.«
    Hollis folgte ihr ins Gebäude und die Treppe hinauf. Anscheinend wurden in dem Haus gerade neue Leitungen verlegt, denn die Wände waren aufgerissen und der Boden von Gipsstaub bedeckt. Die Musik aus dem Nachtclub wurde leiser und war schließlich nicht mehr zu hören.
    Als sie den vierten Stock erreicht hatten, machte Mother Blessing eine Geste mit der Hand. Seien Sie leise. Machen Sie sich bereit. Hollis berührte die Türklinke und merkte, dass die Tür nicht verschlossen war. Er warf einen Blick über die Schulter. Mother Blessing hatte die Automatik gezogen und hielt sie eng an die Brust gepresst. Hollis stieß die Tür auf und stolperte in ein menschenleeres Zimmer.
    Überall in der Wohnung standen ausrangierte Möbel herum. Es gab ein Sofa ohne Füße, zwei alte Matratzen und nicht zueinanderpassende Tische und Stühle. An allen Wänden hingen Fotos von Free Runnern, die Räder durch die Luft schlugen, Rückwärtssaltos sprangen oder mit Katzensprüngen von einem Gebäude aufs nächste hechteten. Es sah aus, als hätten die jungen Männer und Frauen auf den Fotos die Schwerkraft überwunden.
    »Und jetzt?«, fragte Hollis.
    »Jetzt warten wir.« Mother Blessing schob die Waffe ins Schulterhalfter zurück und setzte sich auf einen Küchen— stuhl.
    Um Punkt ein Uhr morgens kletterte jemand an der Hausfassade herunter. Hollis sah zwei Beine vor dem Fenster baumeln, bis der Kletterer mit dem linken Fuß einen Halt an einem verzierten Mauervorsprung gefunden hatte. Er schwang sich aufs Fenstersims, stieß das Fenster auf und sprang ins Zimmer. Der Kletterer war vielleicht siebzehn Jahre alt. Er trug zerrissene Jeans und ein Sweatshirt mit Kapuze. Das lange, schwarze Haar trug er in Zöpfen, die wie Dreadlocks aussehen sollten, und auf seinen Handrücken prangten geometrische Tätowierungen.
    Einige Sekunden später tauchte ein weiteres Beinpaar im Fensterrahmen auf. Der zweite Free Runner war ein Junge von elf oder zwölf Jahren. Die wirren braunen Locken auf seinem Kopf ließen ihn wie ein verwildertes Kind aussehen, das im Wald aufgewachsen ist. An seinem Gürtel klemmte ein digitales Abspielgerät, und er trug Kopfhörer über den Ohren.
    Nachdem der Junge ins Zimmer geklettert war, verbeugte sich sein älterer Freund. Seine Bewegungen wirkten übertrieben, so wie die eines Schauspielers, der sich seines Publikums bewusst ist.
    »Guten Abend. Willkommen in Berlin.«
    »Eure Kletterei beeindruckt mich nicht«, sagte Mother Blessing. »Nehmt beim nächsten Mal die Treppe.«
    »Ich dachte, das wäre die schnellste Art, Ihnen unsere Fähigkeiten  – wie sagt man doch gleich –

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