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Hawks, John Twelve - Dark River

Hawks, John Twelve - Dark River

Titel: Hawks, John Twelve - Dark River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Duell der Traveler
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Bombenangriffe geflüchtet hatten. Hollis hatte sich das Ganze ein bisschen beeindruckender vorgestellt – mit verstaubten Büromöbeln und Naziflaggen an den Wänden. Stattdessen erhellte das kombinierte Licht ihrer Taschenlampen nur hellgraue Betonwände und die Aufschrift: RAUCHEN VERBOTEN.
    »Die Farbe fluoresziert. Selbst nach all den Jahren noch.«
    Kröte schlich langsam durch den Korridor voran, den Lichtkegel seiner Stirnlampe immer auf die Wand gerichtet. »Licht«, flüsterte er mit brüchiger Stimme.
    Tristan bat Hollis und Mother Blessing, die Taschenlampen auszuschalten. In der Dunkelheit konnten sie die hellgrüne Spur sehen, die Kröte an die Wand gezeichnet hatte. Sie leuchtete drei oder vier Sekunden lang und verblasste dann.
    Sie knipsten die Taschenlampen wieder an und setzten ihren Weg durch den Bunker fort. In einem Raum stand ein altes Bettgestell ohne Matratze. Ein anderer Raum sah aus wie ein kleines Krankenhaus mit weißem Untersuchungstisch und leeren Glasschränken.
    »Die Russen haben die Berliner Frauen vergewaltigt und fast alles geplündert«, erklärte Tristan. »Nur von einem Raum des Bunkers haben sie sich ferngehalten. Entweder waren sie zu faul oder sie fanden es zu schrecklich.«
    »Wovon redest du?«, fragte Mother Blessing.
    »Als die Russen kamen, nahmen sich Tausende von Deutschen das Leben. Und wo haben sie das getan? Auf dem Klo. Das war einer der wenigen Orte, wo man allein sein konnte.«
    Kröte hielt vor einem offenen Durchgang an. An der Wand stand WASCHRAUM geschrieben, und Pfeile zeigten in zwei Richtungen: MÄNNER und FRAUEN. »Die Knochen liegen immer noch in den Toilettenkabinen«, sagte Tristan. »Sie können Sie besichtigen, wenn Sie keine Angst haben.«
    Mother Blessing schüttelte den Kopf. »Reine Zeitverschwendung.«
    Hollis jedoch war neugierig und folgte dem Jungen drei Stufen hoch und durch eine Tür in die Damentoilette. Im Licht der beiden Lampen wurde eine Reihe hölzerner Toilettenkabinen sichtbar. Alle Türen waren geschlossen, und Hollis bekam den Eindruck, als könnten sich dahinter die Überreste von mehr als einer Selbstmörderin verbergen. Kröte trat ein paar Schritte vor und zeigte auf etwas. Am hinteren Ende stand eine der Holztüren ein Stück weit offen. Eine mumifizierte Hand schob sich wie eine schwarze Klaue durch den Spalt. Hollis fühlte sich wie bei einer Führung durchs Reich der Toten. Sein ganzer Körper fing zu zittern an, und er stürzte in den Hauptgang zurück.
    »Haben Sie die Hand gesehen?«
    »Ja. Habe ich.«
    »Und ganz Berlin wurde darauf aufgebaut«, sagte Tristan. »Auf den Toten.«
    »Das ist mit verdammt egal«, fauchte Mother Blessing. »Los jetzt.«
    Am Ende des Korridors war ein weiterer Eisendeckel in den Boden eingelassen, aber dieser war nicht durch ein Schloss gesichert. Tristan packte den Griff und zog den Deckel hoch. »Nun kommen wir in die alte Kanalisation. Weil diese Gegend einst in Mauernähe lag, haben sich weder West- noch Ostdeutsche darum gekümmert.«
    Sie kletterten in ein Drainagerohr, das unter dem Bunker verlief und einen Durchmesser von knapp drei Metern hatte. Am Boden der Röhre tröpfelte ein Rinnsal vor sich hin. Das Licht ihrer Taschenlampe fiel auf die Wasseroberfläche und ließ sie glitzern. Von der Röhren decke hingen Stalaktiten wie weiße Schnüre herunter. Sie entdeckten weiße Pilze und einen merkwürdig aussehenden Schwamm, der an gelbliche Fettklümpchen erinnerte. Kröte watete durchs Wasser und wies ihnen den Weg. Als er an eine Abzweigung kam und auf sie wartete, tanzte das Licht seiner Stirnlampe wie ein Glühwürmchen in der Luft.
    Schließlich erreichten sie ein wesentlich kleineres Rohr, das in die große Röhre mündete. Kröte begann, auf seinen Cousin einzureden. Er zeigte auf das Rohr und gestikulierte mit den Händen.
    »Das ist es. Sie müssen ungefähr zehn Meter weit durch das Abflussrohr krabbeln und sich gewaltsam Zugang verschaffen.«
    »Was willst du damit sagen?« Mother Blessing funkelte Tristan an. »Du hast versprochen, uns direkt reinzubringen.«
    »Wir brechen nicht in das Computerzentrum der Tabula ein«, sagte Tristan. »Das ist zu gefährlich.«
    »Die wahre Gefahr steht vor dir, junger Mann. Ich hasse es, wenn Leute ihr Wort nicht halten …«
    »Aber wir haben Ihnen einen Gefallen getan!«
    »Das ist deine Interpretation, nicht meine. Ich weiß nur, dass ihr euch verpflichtet habt.«
    Die Kälte in den Augen des Harlequins und die präzisen

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