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Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbo
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Poggenpohl. Ich trat in die
Gesindekammer und sah die Tür hinter dem Bücherregal. Innerlich rechnete ich
damit, dass sie verschlossen war und ich mir mit dem Werkzeug helfen musste, das
überall in der Wohnung lag, aber das war nicht notwendig. Die Scharniere
kreischten leise und warnend, als die Tür sich öffnete.
    Ich
trat in einen dunklen, länglichen Raum, zog die Taschenlampe unter dem Overall
hervor und richtete den blassgelben Lichtkegel auf die Wand. Dort hingen vier
Bilder. Drei davon waren mir unbekannt. Das vierte nicht.
    Ich
stellte mich direkt davor und spürte, dass mein Mund wieder so trocken war wie
in dem Augenblick, in dem Greve den Namen des Bildes genannt hatte.
    »Die
kalydonische Eberjagd«.
    Das
Licht schien irgendwie aus dem Bild zu strahlen, aus den beinahe vierhundert
Jahre alten Farbschichten. Im Zusammenspiel mit den Schatten gab es der
Jagdszene Kontur und Form. Diana hatte mir erklärt, dass man das »Clairobscur«
nannte. Das Bild hatte eine beinahe physische Wirkung, es zog einen wie magnetisch
an, als würde man eine charismatische Persönlichkeit treffen, die man bisher
nur vom Gerede der Leute und von Fotografien kannte. Ich war auf all diese
Schönheit nicht vorbereitet. Ich erkannte die Farben aus seinen jüngeren und
bekannteren Jagdbildern, die in Dianas Kunstbüchern abgebildet waren.
»Löwenjagd«, »Nilpferd- und Krokodiljagd«, »Tigerjagd«. In dem Buch, das ich
tags zuvor gelesen hatte, stand, dass dieses hier sein erstes Jagdmotiv war,
der eigentliche Ausgangspunkt für die späteren Meisterwerke. Der kalydonische
Eber war von der Göttin Artemis ausgesandt worden, um die Felder Kalydons zu
verwüsten und die Menschen zu töten. Sie wollte damit Rache dafür nehmen, dass
die Bürger Kalydons sie vernachlässigt hatten. Aber der beste Jäger Kalydons,
Meleager, tötete das Wildschwein zu guter Letzt mit seinem Speer. Ich starrte
auf Meleagers nackten, muskulösen Körper, seine hasserfüllte Miene, die mich an
jemand erinnerte, und auf den Speer, der im Begriff war, sich in den Körper des
Tieres zu bohren. So dramatisch und doch auch so voller Andacht. So nackt und
so geheimnisvoll. So einfach. Und so wertvoll.
    Ich
nahm das Bild von der Wand, trug es in die Küche und legte es auf den Tisch.
Der alte Rahmen hatte, wie ich es erwartet hatte, einen Blindrahmen auf der
Rückseite, an der die Leinwand befestigt worden war. Ich holte die beiden einzigen
Werkzeuge hervor, die ich mitgenommen hatte. Mehr brauchte ich aber auch nicht.
Eine Ahle und eine Kneifzange. Die Großzahl der alten, nelkenförmigen Nägel
knipste ich ab, die anderen zog ich zur späteren Verwendung heraus, löste den
Blindrahmen und hebelte mit der Ahle die Stifte heraus. Ich mühte mich etwas
mehr ab als gewöhnlich, vielleicht hatte Ove doch recht, was die Feinmotorik
anging. Aber zwanzig Minuten später war die Reproduktion gerahmt, während das
Original in meiner Mappe lag.
    Ich
hängte das Bild an die Wand, schloss die Tür hinter mir, versicherte mich,
keine Spuren hinterlassen zu haben, und ging aus der Küche, die Mappe fest in
der verschwitzten Hand.
    Als
ich durch das mittlere Zimmer ging, warf ich einen Blick aus dem Fenster und
erblickte eine halb entblätterte Baumkrone. Ich blieb stehen. Die glutroten
Blätter, die noch an den Zweigen hingen, ließen den Baum im Licht der schräg
durch die Wolken fallenden Sonnenstrahlen so aussehen, als stünde er lichterloh
in Flammen. Rubens. Die Farben. Dieser Baum hatte seine Farben.
    Es
war ein magischer Augenblick. Ein Augenblick des Triumphs. Der Verwandlung.
Ein Augenblick, in dem man alles so klar sah, dass einem auch die schweren
Entscheidungen plötzlich vollkommen logisch und folgerichtig erschienen. Ich
wollte Vater werden, eigentlich wollte ich ihr das erst heute Abend sagen, aber
plötzlich wusste ich, dass dies der richtige Augenblick war. Jetzt und hier,
noch am Tatort, mit dem Rubens unter dem Arm und diesem schönen,
majestätischen Baum vor mir. Dieser Augenblick musste in Bronze gegossen
werden. Eine ewig währende Erinnerung, die Diana und ich teilen und an grauen
Regentagen hervorholen konnten. Eine Entscheidung, von der sie, die
Unbefleckte, allerdings glauben sollte, dass sie in einem Augenblick der
Klarheit getroffen worden war. Ohne einen anderen Beweggrund als der bloßen
Liebe zu ihr und zu unserem noch nicht empfangenen Kind. Nur ich, der Löwe, das
Oberhaupt der Familie, sollte das finstere Geheimnis kennen: dass die Kehle

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