Headhunter
mir bewusst geworden, welches Risiko ich einging,
wenn ich Ove mit meinem Wagen und den Bildern nach Göteborg fahren ließ. Ich
war an einer Radarkontrolle vorbeigekommen und hatte seinen fast 30 Jahre alten, schwarzen,
aber durchgestylten Mercedes neben einem Polizeiwagen am Straßenrand stehen
sehen. In diesem Moment wurde mir klar, dass Ove Kjikerud ein notorischer Raser
war, der sich einfach nicht an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten konnte. Ich
hatte ihm eingebläut, meinen funkbasierten Tollroad-Sender immer vom
Armaturenbrett zu nehmen, wenn er nach Göteborg fuhr, denn die Mautpassagen
wurden automatisch registriert, und ich hatte keine Lust, irgendwann der
Polizei zu erklären, warum ich mehrmals im Jahr nachts auf der E6 hin und her
fuhr. Erst an jenem Abend, als ich auf dem Weg nach Elverum an Oves Mercedes
vorbeifuhr, erkannte ich, worin das eigentliche Risiko bestand: Was würde
geschehen, wenn die Polizei den Raser, ihren alten Bekannten Ove Kjikerud, auf
dem Weg nach Göteborg stoppte und sich die Frage stellte, was er im Wagen des
respektablen - na ja - Headhunters Roger Brown verloren hatte. Und das wäre der
Anfang vom Ende, denn gegen Inbaud, Reid und Buckley hatte Kjikerud auf lange
Sicht keine Chance.
Ich
glaubte, unten im Dunkel an der Garage eine Bewegung zu erkennen.
Morgen
war D-Day. Der Tag der Entscheidung, der Tag meines großen Traums, der Tag des
Ausstiegs. Denn wenn alles nach Plan lief, war dies der letzte Coup. Dann war
ich am Ziel, frei, dann war ich der, der ungeschoren davongekommen war.
Die
Stadt glitzerte verheißungsvoll unter unserem Fenster.
Lotte
meldete sich nach dem fünften Klingeln. »Roger?« Vorsichtig, behutsam, als
hätte sie mich geweckt und nicht umgekehrt.
Ich
legte auf.
Und
kippte den Rest des Whiskys in einem Schluck hinunter.
Kapitel 8
Giisus4
Ich
wachte mit schrecklichen Kopfschmerzen auf, stemmte mich auf die Ellenbogen und
sah Dianas leckeren, nur mit einem Slip bekleideten Po in die Höhe ragen,
während sie ihre Handtasche und die Taschen der Kleider durchsuchte, die sie am
Abend zuvor getragen hatte. »Suchst du was?«, fragte ich.
»Guten
Morgen, Liebling«, sagte sie. Ich hörte ihr aber an, dass es kein guter Morgen
war, und war ganz ihrer Meinung.
Ich
kämpfte mich aus dem Bett und ging ins Bad. Sah mich im Spiegel und wusste,
dass es so nicht bleiben durfte. Der Rest des Tages musste besser werden. Und
er würde auch besser werden. Ich drehte die Dusche an und stieg unter den eiskalten
Strahl, während ich Diana im Schlafzimmer leise fluchen hörte.
»And
it's gonna be ...«, johlte ich aus blankem Trotz, »...
PERFECT!«
»Ich
fahre jetzt«, rief Diana. »Ich liebe dich.«
»Ich
dich auch«, rief ich zurück, wusste aber nicht, ob sie es gehört hatte, bevor
die Tür ins Schloss gefallen war.
Um
zehn Uhr saß ich im Büro und versuchte, mich zu konzentrieren, aber mein Kopf
fühlte sich an wie eine durchsichtige, pulsierende Kaulquappe. Ich hatte
registriert, daß Ferdinand ein paar Minuten lang den Mund bewegt hatte,
vermutlich um Worte zu bilden, die mich mehr oder weniger angingen. Sein Mund
stand jetzt noch immer offen, bewegte sich aber nicht mehr. Stattdessen starrte
er mich abwartend an.
»Kannst
du die Frage noch einmal wiederholen?«, bat ich.
»Ich
habe gesagt, es geht in Ordnung, dass ich das zweite Gespräch mit Greve und dem
Kunden mache, aber dann solltest du mir vorher ein bisschen über Pathfinder
erzählen. Ich kenn mich nicht aus und will nicht wie der letzte Trottel dastehen.«
Beim letzten Satz rutschte seine Stimme wieder ins Tuntenfalsett.
Ich
seufzte. »Die machen winzige, beinahe unsichtbare Sender, die man an Personen
befestigen kann, so dass diese weltweit via GPS aufgespürt werden können. Ein
priorisierter Service bestimmter Satelliten, bei denen sie Mitbesitzer sind.
Das ist eine bahnbrechende Technologie, und entsprechend groß ist die Gefahr,
dass sie geschluckt werden. Lies den Jahresbericht! Sonst noch was?«
»Ich
habe ihn gelesen! Was die Produkte anging, war aber alles vertraulich. Und was
ist mit der Tatsache, dass Clas Greve Ausländer ist? Wie soll ich diesen
offenbar nationalistischen Kunden dazu bringen, das zu schlucken?«
»Darum
brauchst du dich nicht zu kümmern, das übernehme ich. Mach dir nicht so viele
Sorgen, Ferdy.«
»Warum
nennst du mich Ferdy?«
»Ja,
ich hab mir gedacht, Ferdinand ist zu lang. Geht das in Ordnung?«
Er
starrte mich ungläubig an.
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