Headhunter
des
Zebras bei einem Angriff aus dem Hinterhalt durchgebissen worden war, dass auch
der Boden, auf dem ich die Beute vor meiner unschuldigen Familie niederlegte, nicht
rein, sondern bereits blutgetränkt gewesen war. Ja, so wollte ich in diesem
ganz besonderen Augenblick unsere Liebe festigen. Ich nahm das Handy aus der
Tasche, streifte einen Handschuh ab und wählte die Nummer ihres Prada-Telefons.
Ich überlegte, wie ich den Satz formulieren sollte, während ich darauf wartete,
dass sie das Gespräch annahm. »Ich will dir ein Kind schenken, meine Liebste.«
Oder: »Meine Geliebte, lass mich dir ein ...«
John Lennons Gnsus4-Akkord ertönte. »It's been a
hard day's night...« Wie wahr, wie wahr. Ich lächelte aufgeregt. Bis ich es
plötzlich kapierte. Dass ich es hörte. Dass
hier etwas nicht stimmte. Ich ließ das Telefon sinken.
Und
entfernt, aber deutlich genug, hörte ich die Beatles »A Hard Day's Night«
spielen. Ihren Klingelton.
Meine
Füße standen wie einzementiert auf dem mit Zeitungspapier ausgelegten Boden.
Dann
begannen sie sich in Richtung des Geräusches zu bewegen, während mein Herz
schlug wie eine Pauke.
Das
Geräusch kam aus einem Zimmer, das an eine der Wohnstuben anschloss. Die Tür
war nur angelehnt.
Ich öffnete sie.
Es war ein Schlafzimmer.
Das
Bett stand mitten im Raum, es war gemacht, aber ganz offensichtlich benutzt
worden. Am Fußende lag ein Koffer, daneben stand ein Stuhl, über dessen Lehne
Kleider hingen. Ein Anzug hing auf einem Bügel im geöffneten Kleiderschrank.
Es war der Anzug, den Clas Greve bei unserem Gespräch getragen hatte. Irgendwo
im Zimmer sangen Lennon und McCartney zweistimmig und mit einer Energie, die
sie auf keiner ihrer späteren Platten mehr finden würden. Ich sah mich um und
kniete nieder. Beugte mich hinunter. Und dort lag es. Das Prada-Telefon. Unter
dem Bett. Es musste ihr aus der Hosentasche gerutscht sein. Vermutlich, als er
sie ausgezogen hatte. Sie hatte das Fehlen des Telefons nicht bemerkt bis ... bis
...
Vor
meinem inneren Auge erschien das verlockende Hinterteil, das ich heute Morgen
gesehen hatte, ihre panische Suche in Kleidern und Handtasche.
Ich
richtete mich wieder auf. Viel zu schnell vermutlich, denn der Raum begann zu
kreisen. Ich stützte mich an der Wand ab.
Der
Anrufbeantworter meldete sich, und eine zwitschernde Stimme verkündete:
»Hallo,
hier ist Diana. Ich kann gerade nicht ans Telefon gehen ...«
Wie
wahr.
»...
aber du weißt, was du tun kannst...«
Ja.
Irgendwo in meinem Hirn meldete mir eine Stimme, dass ich mich mit der
unbehandschuhten Hand an der Wand abgestützt hatte und deshalb daran denken
musste, diese Fläche abzuwischen.
»Einen
schönen Tag noch!«
Das
würde für mich sicher nicht so leicht werden. Piep.
TEIL III
Zweites Gespräch
Kapitel 9
Zweites Gespräch
M ein
Vater, Ian Brown, war ein begeisterter, wenn auch nicht sonderlich guter
Schachspieler. Er hatte das Spiel im Alter von fünf Jahren von seinem Vater
gelernt und später Schachbücher gelesen und klassische Partien studiert. Trotzdem
brachte er mir das Spiel erst bei, als ich 14 war, nachdem also meine
aufnahmefähigsten Jahre verstrichen waren. Aber das Schachspiel lag mir, und
mit 1 6
besiegte ich ihn zum ersten Mal. Er lächelte im ersten Moment zwar, als wäre
er stolz auf mich, ich weiß aber, wie sehr es ihn störte. Er baute die Figuren
gleich wieder auf und forderte eine Revanche. Ich spielte wie immer mit den
weißen Steinen, und er ließ mich in dem Glauben, dadurch einen Vorteil zu
haben. Nach ein paar Zügen entschuldigte er sich und ging in die Küche, wo er
sich - das wusste ich genau - einen kräftigen Schluck Gin genehmigte. Als er
zurückkam, hatte ich zwei Steine umgestellt, aber er bemerkte es nicht. Vier
Züge später starrte er ungläubig auf meine weiße Königin vor seinem schwarzen
König. Ihm war klar, dass er mit dem nächsten Zug schachmatt war. Sein
Gesichtsausdruck war derart komisch, dass ich mich nicht mehr halten konnte und
lachen musste. Da erkannte er, wie alles zusammenhing. Er erhob sich, fegte
erst alle Figuren vom Brett und schlug mir dann ins Gesicht. Meine Knie gaben
nach, und ich stürzte zu Boden, mehr aus Angst als infolge des Schlages. Er
hatte mich niemals zuvor geschlagen.
»Du
hast die Figuren vertauscht«, fauchte er. »Mein Sohn mogelt nicht.«
Ich
schmeckte das Blut in meinem Mund. Die weiße Königin lag auf dem Boden. Ein
Zacken war aus ihrer Krone gebrochen.
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