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Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbo
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Der Hass brannte wie Galle in meiner
Brust. Ich hob die kaputte Figur auf und stellte sie wieder auf das Brett. Dann
die anderen Figuren. Eine nach der anderen. Baute das Spiel wieder auf, exakt
so, wie sie vorher gestanden hatten.
    »Dein
Zug, Vater.«
    Denn
ein wahrer Spieler, der bis zum Bersten mit Hass erfüllt ist, weil ihm sein
Gegner kurz vor dem Sieg ganz unerwartet ins Gesicht geschlagen, ihm Schmerzen
zugefügt und das Zentrum seiner Angst gefunden hat, verliert nicht die
Übersicht über das Brett, sondern verbirgt seine Furcht und hält sich an seinen
Plan. Er atmet, rekonstruiert, setzt das Spiel fort, um den Sieg einzufahren
und den Ort des Geschehens dann ohne jede triumphierende Geste zu verlassen.
    Ich
saß am Ende des Tisches und sah, wie Clas Greves Mund sich bewegte. Seine
Wangen strafften und entspannten sich und formten Worte, die für Ferdinand und
die zwei Vertreter von Pathfinder allem Anschein nach verständlich waren, auf
jeden Fall nickten alle drei zustimmend. Wie ich diesen Mund hasste. Das
graurosa Zahnfleisch, die Zähne, die an Grabsteine erinnerten, ja ich hasste
sogar die Form dieser abstoßenden Körperöffnung: ein gerader Strich mit zwei
nach oben gerichteten Haken an jeder Seite, die ein Lächeln andeuteten. Mit
dem gleichen, wie in Stein gemeißelten Lächeln hatte auch Björn Borg die Welt
für sich eingenommen. Und Clas Greve verführte damit gerade seinen zukünftigen
Arbeitgeber Pathfinder. Am meisten aber hasste ich seine Lippen. Diese Lippen
hatten den Körper meiner Frau berührt, ihre Haut und vermutlich, ja ganz sicher
auch ihre blassrosa Brustwarzen und ihr tropfnasses, weit geöffnetes
Geschlecht. Ich bildete mir ein, ein blondes Schamhaar an seiner fleischigen
Unterlippe zu erkennen.
    Ich
saß bereits eine halbe Stunde schweigend daneben, während Ferdinand mit
lächerlichem Eifer immer weitere idiotische Fragen aus dem Leitfaden für
Bewerbungsgespräche stellte, als wären es seine eigenen.
    Zu
Beginn des Gesprächs hatte Greve sich bei seinen Antworten immer mir
zugewandt. Dann schien er zu verstehen, dass ich nur als unangemeldeter,
passiver Beisitzer teilnahm und es an diesem Tag einzig und allein sein Job
war, die drei anderen mit seinem Evangelium zu erlösen. Trotzdem warf er mir in
regelmäßigen Abständen fragende Blicke zu, als wünschte er sich einen Hinweis
darauf, welche Rolle ich bei diesem Spiel spielte.
    Nach
einer Weile stellten die beiden Vertreter von Pathfinder, der
Vorstandsvorsitzende und der Pressesprecher, eigene Fragen und erkundigten sich
nach seiner Zeit bei HOTE. Greve erklärte, wie er sich mit HOTE für die
Entwicklung von Trace engagiert hatte, einer lack- oder geleeartigen Flüssigkeit,
die rund hundert Sender pro Kubikmillimeter enthielt und die man auf jedes
x-beliebige Objekt auftragen konnte. Der Vorteil dieses farblosen Lacks bestand
darin, dass er kaum zu sehen war und sich so fest mit dem Objekt verband, dass
man ihn nur mit einem Spachtel wieder beseitigen konnte. Ein Nachteil war die
geringe Größe der Sender und die damit verbundene Schwäche der ausgesandten
Signale. Sie waren nicht in der Lage, Materie zu durchdringen, die dicker als
Luft war, wenn die Sender direkt davon umgeben waren, also beispielsweise
Wasser, Eis, Schmutz oder auch extrem dicke Staubschichten, wie sie sich in
Wüstenkriegen auf Fahrzeuge legten.
    Wände
hingegen, und mochten sie noch so dick sein, waren kein Problem.
    »Wir
haben erlebt, dass mit Trace markierte Soldaten von unseren Empfängern
verschwanden, wenn sie zu dreckig wurden«, erklärte Greve. »Uns fehlte das
Know-how, mikroskopische Sender stark genug zu machen.«
    »Dieses
Know-how haben wir bei Pathfinder«, sagte der Vorstandsvorsitzende. Er war
Mitte 50, hatte
schüttere Haare und bewegte immer wieder seinen Nacken, als fürchtete er, seine
Muskeln könnten sich verspannen. Vielleicht hatte er aber auch einfach nur
irgendetwas verschluckt, das ihm jetzt im Hals feststeckte. Trotzdem schwante
mir, dass es sich um eine Art spastische Zuckung infolge einer Muskelerkrankung
handelte, die nur einen Ausgang haben konnte. »Uns fehlt aber leider die
restliche Trace-Technologie.«
    »Rein
technologisch wären HOTE und Pathfinder das perfekte Paar«, sagte Greve.
    »Genau«,
erwiderte der Vorstandsvorsitzende spitz. »Mit Pathfinder als daheim sitzendem
Hausmütterchen, das regelmäßig seinen nicht unerheblichen finanziellen Beitrag
leistet.«
    Greve
amüsierte sich. »Exakt. Außerdem

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