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Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbo
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sich in meinem Mundwinkel. Ich spürte einen abgekauten Nagel
auf meiner Zunge und spuckte verzweifelt aus, aber der bittere Geschmack des Nikotins
hatte sich bereits festgesetzt. Als ich ihn endlich aus dem Wagen hatte, legte
ich ihn auf den Garagenboden und öffnete den Kofferraum. Dann wollte ich ihn
hochziehen, doch nur seine Jacke und sein falsches Designerhemd kamen meinem
Wunsch nach, während er selbst auf dem Zement sitzen blieb. Ich fluchte, schob
eine Hand unter seinen Hosenbund, zerrte ihn hoch und schob ihn kopfüber in
den 480 Liter
großen Kofferraum. Sein Kopf knallte mit einem dumpfen Geräusch auf den Rand.
Ich warf den Kofferraumdeckel zu und rieb mir die Hände, wie man es oft tut,
wenn man körperliche Arbeit erfolgreich hinter sich gebracht hat.
    Dann
ging ich zurück zum Fahrersitz. Auf der Unterlage - eine Matte aus Holzkugeln,
wie sie auf der ganzen Welt von Taxifahrern genutzt wird - war kein Blut zu
erkennen. Aber woran zum Teufel war Ove gestorben? Herzversagen? Gehirnschlag?
Oder irgendeine Überdosis? Mir war klar, dass ich mit meinen Amateurdiagnosen
nur Zeit vergeudete, also setzte ich mich in den Wagen. Ich spürte, dass die
Holzkugeln erstaunlicherweise noch immer warm waren. Diese Matte war das einzig
Wertvolle, was ich von Vater geerbt hatte, er hatte sie wegen seiner
Hämorrhoiden benutzt, und ich nutzte sie, um dem Mist vorzubeugen, sollte er
erblich sein. Ein plötzlicher Schmerz in einer Pobacke ließ mich zusammenzucken,
so dass ich mit dem Knie gegen das Lenkrad stieß. Ich stieg wieder aus dem
Wagen und spürte bereits nichts mehr. Trotzdem war ich sicher, dass mich etwas
gestochen hatte. Ich beugte mich über den Sitz und musterte ihn, sah bei der gedämpften
Innenbeleuchtung aber nichts. Hatte ich mich auf eine halbtote Wespe gesetzt?
Aber war der Herbst dafür nicht schon zu weit fortgeschritten? Da bemerkte ich
ein Blitzen zwischen zwei Holzkugeln. Ich bückte mich und betrachtete es mir
genauer. Eine dünne, kaum sichtbare Spitze ragte dort hervor. Manchmal arbeitet
das Hirn so schnell, dass das Bewusstsein ihm nicht mehr folgen kann. Eine
andere Erklärung habe ich nicht für die vage Vorahnung, die mein Herz wie wild
rasen ließ, noch bevor ich die Sitzmatte angehoben und einen Blick darunter
geworfen hatte.
    Er
hatte wirklich die Größe einer Weintraube. Und er war aus Gummi, genau wie
Greve ihn beschrieben hatte. Aber nicht ganz rund: Der Boden war flach,
vermutlich damit die Nadelspitze immer genau nach oben zeigte. Ich hielt mir
den Gummiball ans Ohr und schüttelte ihn leicht, hörte aber nichts. Zu meinem
großen Glück hatte sich der gesamte Inhalt in Ove Kjikerud gepresst, als
dieser auf dem Fahrersitz Platz genommen hatte. Ich rieb mir den Po und tastete
ihn mit der Hand ab. Mir war etwas schwindelig, aber war das verwunderlich,
nachdem ich gerade die Leiche meines Kollegen in den Armen gehalten hatte und
von einer beschissenen Suxamethoniumnadel in den Po gestochen worden war -
einer Mordwaffe, die aller Wahrscheinlichkeit nach für mich selbst gedacht war?
Ich spürte ein Kichern in mir aufsteigen. Furcht hat mitunter diese Wirkung auf
mich. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Konzentrierte mich. Das Lachen
verschwand und die Wut kam. Es war wirklich nicht zu glauben. Oder doch? War
es nicht logisch, dass ein psychopathischer Gewalttäter wie Clas Greve einen
lästigen Ehemann auf diese Art aus dem Weg räumte? Ich trat aus voller Kraft
gegen die Reifen. Einmal, zweimal. Die Spitze meines John-Lobb-Schuhs bekam
einen grauen Fleck.
    Aber
wie hatte Greve sich Zugang zu meinem Auto verschafft? Wie zum Teufel hatte er
...
    Da
ging das Garagentor auf, und die Antwort spazierte herein.
     
    Kapitel 12
     
    Natascha
     
    Diana stand in der Tür
der Garage und starrte mich an. Sie schien in aller Eile in ihre Kleider
geschlüpft zu sein, sogar ihre Haare waren ungekämmt und standen in alle
Richtungen ab. Ihre Stimme war ein kaum hörbares Flüstern: »Liebling, was ist
passiert?«
    Ich
starrte sie an, während in meinem Kopf genau dieselbe Frage wütete, und ich
spürte, wie die Antworten mein bereits gebrochenes Herz vollends zertrümmerten.
    Diana.
Meine Diana. Wer sonst hätte es sein sollen? Sie hatte das Gift unter die
Matte gelegt. Greve und sie hatten sich gegen mich verbündet.
    »Ich
habe diese Nadel aus der Matte ragen sehen, als ich mich ins Auto setzen
wollte«, sagte ich und streckte ihr den Gummiball entgegen.
    Sie
kam auf mich zu und nahm

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