Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbo
Vom Netzwerk:
ihn wenigstens in
Schach halten, wenn er wieder aufmüpfig wurde.
    Als
ich um die Ecke ins Wohnzimmer kam, sah ich, dass er sich aufgerichtet hatte.
Seine Ohnmacht war nur gespielt gewesen. In der Hand hielt er eine gekrümmte
Plastikfrau mit lüstern herausgestreckter Zunge.
    »Schicken
Sie einen Krankenwagen«, sagte er laut und deutlich in den Hörer, wobei er mich
trotzig anstarrte. Das konnte er sich auch leisten, denn mit der anderen Hand
umklammerte er eine Waffe, die ich aus einem Film kannte, Boyz
in tbe Hood, Bandenkriege zwischen Schwarzen. Kurz gesagt:
eine Uzi. Eine Maschinenpistole, klein und handlich, hässlich und tödlich
effektiv, mit der man keine Spaße machte. Und diese Waffe war auf mich
gerichtet.
    »Nein!«,
schrie ich. »Tu das nicht, Ove! Die rufen die Poli...«
    Er
drückte ab.
    Es
hörte sich an wie Popcorn in einem Topf. Ich dachte wirklich noch, dass das
also die Musik meines Todes war. Dann spürte ich etwas an meinem Bauch und
blickte nach unten. Sah den Blutstrahl, der aus meinem Körper spritzte und die
Milchpackung traf, die ich in der Hand hielt. Weißes Blut? Erst da kapierte
ich, dass es umgekehrt war: Die Kugel hatte nicht mich, sondern die Milch
getroffen. Automatisch und irgendwie resigniert hob ich die Pistole - verblüfft
darüber, dass ich das überhaupt noch konnte - und drückte ab. Das Knallen
klang auf jeden Fall potenter als das blöde Ploppen der Uzi und ließ die
israelische Schwulenwaffe schlagartig verstummen. Ich senkte die Glock und
sah, dass Ove mich anstarrte. Er hatte die Stirn in Falten gelegt. Und
unmittelbar über einer der Falten war ein kleines, schwarzes Loch. Dann kippte
sein Kopf lautlos nach hinten und sank auf das Kissen. Meine Wut war wie
weggewischt, ich blinzelte und blinzelte, als liefe ein Film vor meiner
Netzhaut ab. Irgendetwas sagte mir, dass Ove Kjikerud keine weiteren Comebacks
haben würde.
     
    Kapitel 13
     
    Methan
     
    Ich
raste mit Vollgas über die E6, der Regen prasselte nur so herunter, und die
Scheibenwischer zuckten frenetisch über die Windschutzscheibe von Ove Kjikeruds
Mercedes 280 SE.
Es war Viertel nach eins. Erst vier Stunden war es her, dass ich mit viel Glück
dem Mordanschlag meiner Frau entgangen war, die Leiche meines Partners in
einen See geworfen und dann - plötzlich quicklebendig - gleich wieder gerettet
hatte, nur um anschließend zu erleben, dass dieser Partner mich zu erschießen
versuchte. Ohne Erfolg zwar, aber mit dem Ergebnis, dass ich ihn mit einem
Glückstreffer aus einer Pistole erneut zur Leiche machte. Ich hatte gerade erst
die Hälfte der Strecke nach Elverum zurückgelegt.

Die
Regentropfen hingen wie geschäumte Milch auf dem Asphalt, und ich beugte mich
automatisch über das Lenkrad, um nicht die Einfahrt zu verpassen. Der Ort, zu
dem ich wollte, hatte keine Adresse, die ich ins GPS eintippen konnte.
    Bevor
ich losfuhr, hatte ich mir ein paar trockene Sachen aus seinem Schrank
angezogen, mir die Autoschlüssel geschnappt und seine Geldbörse um Bargeld und
Kreditkarten erleichtert. Ove hatte ich auf dem Bett liegen lassen. Sollte der
Alarm losgehen, war das vorerst nicht so schlimm, da die Überwachungskamera ja
keine Bilder vom Bett übermittelte. Auch die Glock hatte ich mitgenommen, denn
es war wohl kaum ratsam, die Waffe am Tatort liegen zu lassen. Und natürlich
den Schlüsselbund mit den Schlüsseln für unseren festen Treffpunkt, die Hütte
in der Nähe von Elverum. Eigentlich ein Ort zum Entspannen, zum Planen und
Nachdenken. Ganz sicher aber ein Ort, an dem keiner mich suchen würde, da
niemand wusste, dass ich diesen Fleck überhaupt kannte. Außerdem der einzige
Ort, an den ich gehen konnte, wenn ich Lotte nicht in die Sache mit
hineinziehen wollte. Aber was für eine Sache war das eigentlich? Klar, im
Moment wurde ich wahrscheinlich von einem verrückten Holländer gesucht, dessen
Beruf ausgerechnet die professionelle Menschenjagd war. Und früher oder später
würde mich wohl auch die Polizei suchen, außer sie waren wirklich so dumm, wie
ich annahm. Wollte ich eine Chance haben, musste ich es ihnen schwermachen. Zum
Beispiel das Auto wechseln, denn nichts identifiziert einen Menschen einfacher
als eine siebenstellige Autonummer. Nachdem ich das Piepen des Alarms gehört
hatte, der sich automatisch einschaltete, als ich Oves Haus verließ, fuhr ich
zurück zu meinem eigenen Haus. Mir war klar, dass Greve dort vielleicht auf
mich wartete, so dass ich etwas abseits in einer Nebenstraße

Weitere Kostenlose Bücher