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Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbo
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Empfang. Und als ich
das Hundefell reißen hörte, wusste ich, dass ich diese Welt nicht allein
verlassen würde. Mein Blickfeld zog sich völlig zusammen, und die Welt wurde
schwarz.
     
    Ich
musste eine Weile weg gewesen sein.
    Ich
lag auf dem Boden und starrte direkt in einen aufgerissenen Hunderachen. Der
Körper des Tieres hing irgendwie schwerelos in der Luft und war
zusammengekrümmt wie ein Embryo. Zwei Stahlstäbe steckten im Hunderücken. Ich
kam zwar auf die Beine, aber alles drehte sich, so dass ich zur Seite taumelte.
Ich fasste mir mit der Hand in den Nacken und spürte frisches Blut aus den
Bisswunden sickern. Irgendwie wusste ich, dass ich kurz davor war, verrückt zu
werden, denn statt mich ins Auto zu setzen, blieb ich stehen und starrte
fasziniert auf das tote Tier. Ich hatte ein Kunstwerk erschaffen. Kalydonischer
Hund am Spieß. Es war wirklich schön. Besonders die Tatsache, dass dieses Vieh
sogar noch im Tod das Maul aufriss. Vielleicht hatte es vor Schreck eine Kiefersperre
bekommen, wenn diese Hunderasse im Augenblick des Todes nicht immer so
reagierte. Auf jeden Fall genoss ich den gleichermaßen wütenden wie
überraschten Ausdruck des Tieres, als regte es sich noch im Tod darüber auf,
nicht nur zu kurz auf dieser Erde gewesen zu sein, sondern überdies auch noch
einen derart entwürdigenden Tod hinnehmen zu müssen. Ich hätte ihn am liebsten
angespuckt, aber mein Mund war zu trocken.
    Stattdessen
gelang es mir, den Autoschlüssel aus der Tasche zu fischen und auf unsicheren
Beinen zu Oves Mercedes zu gehen. Ich setzte mich hinein und drehte den
Schlüssel im Zündschloss. Keine Reaktion. Ich versuchte es noch einmal und gab
Gas. Mausetot. Ich starrte durch die Windschutzscheibe und stöhnte. Dann stieg
ich aus und öffnete die Motorhaube. Es war so dunkel, dass ich die
durchtrennten Kabel nur erahnen konnte. Welche Funktion sie hatten, wusste ich
nicht, aber vermutlich waren sie mit für das Wunder verantwortlich, dass ein
Auto fuhr und funktionierte. Zum Teufel mit diesem Holländer! Hoffentlich saß
Clas Greve noch immer in der Hütte und wartete auf mich. Aber bestimmt begann
er sich langsam zu fragen, wo sein Hund blieb. Ruhig, Brown. Okay, die einzige
Möglichkeit, jetzt von hier wegzukommen, war Sindre Aas Traktor. Mit dem
konnte ich aber nicht schnell fahren, so dass Greve mich problemlos einholen
würde. Also musste ich das Auto finden, mit dem er selbst gekommen war - der
silbergraue Lexus stand sicher irgendwo am Weg - und es auf die gleiche Weise
außer Gefecht setzen, wie er es mit Oves Mercedes gemacht hatte.
    Mit
raschen Schritten ging ich auf das Wohnhaus zu. Die Haustür war nur angelehnt,
und ich wartete fast darauf, dass Sindre Aa auf die Treppe trat. Aber er kam
nicht. Ich klopfte an und drückte die Tür auf. Im Windfang standen das Gewehr
mit dem Zielfernrohr und ein Paar dreckige Gummistiefel.
    »Aa?«
    Es
hörte sich nicht wie ein Name an, sondern wie der Wunsch, die Fortsetzung einer
Geschichte zu hören. Was ja irgendwie auch der Fall war. Ich ging weiter ins
Haus und rief immer wieder diesen einen idiotischen Buchstaben. Da nahm ich aus
den Augenwinkeln eine Bewegung wahr und drehte mich um. Der Rest Blut, der noch
in meinem Körper steckte, gefror mir in den Adern. Ein schwarzes, tierartiges
Monster auf zwei Beinen war im gleichen Moment wie ich stehen geblieben und
starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. Das Weiß seiner Augen leuchtete
aus dem Schwarz heraus.
    Ich
hob die rechte Hand. Das Monster die linke. Ich hob die Linke, es die Rechte.
Ein Spiegel! Erleichtert seufzte ich auf. Die Scheiße war an mir getrocknet und
bedeckte alles: die Schuhe, den Körper, das Gesicht, die Haare. Ich ging weiter
und schob die Wohnzimmertür auf.
    Er
saß grinsend in einem Schaukelstuhl. Die fette Katze thronte auf seinem Schoß
und blinzelte mich mit Dianas mandelförmigen Hurenaugen an. Dann richtete das
Tier sich auf und sprang auf den Boden. Die Pfoten landeten weich, und es kam
mit schwingenden Hüften auf mich zu, bis es plötzlich erstarrte. Ich roch wohl
nicht nach Rosen und Lavendel. Aber nach kurzem Zögern schlich die Katze
trotzdem mit einladendem Schnurren zu mir. Anpassungsfähige Tiere, diese
Katzen, die wissen, wann sie ein neues Herrchen brauchen. Das alte war nämlich
tot.
    Sindre
Aas Lächeln war darauf zurückzuführen, dass seine Mundwinkel eine blutige
Verlängerung bekommen hatten. Eine blauschwarze Zunge ragte aus der
aufgerissenen Wange, und

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