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Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbo
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sich eine Colaflasche mit einer klaren Flüssigkeit darin
teilten. Vater hatte mit seinem seltsamen gebrochenen Norwegisch lange über den
Preis des einzigen geöffneten Fahrgeschäfts verhandelt: eine Höllenmaschine,
deren Sinn vermutlich darin bestand, einen so lange hin und her zu schleudern,
bis man die Zuckerwatte wieder auskotzte, um dann von den Eltern hoffentlich
mit Popcorn und Limo getröstet zu werden. Ich hatte mich geweigert, mein Leben
dieser wackeligen Maschine zu opfern, aber mein Vater bestand darauf und
schnallte dann selbst die Riemen fest, mit denen mein Leben festgehalten werden
sollte. Jetzt, ein Vierteljahrhundert später, befand ich mich wieder auf diesem
dreckigen, surrealen Jahrmarkt, auf dem alles nach Urin und Betrug stank,
während ich Angst hatte und unter Übelkeit litt. Neben mir plätscherte ein Bach.
Ich fischte das Handy aus der Tasche und warf es hinein. Dann spür mich jetzt
mal auf, du Scheiß-Großstadtindianer, dachte ich und lief über den weichen
Waldboden auf Aas Hof zu. Zwischen den Kiefern war es bereits dunkel, aber da
hier kein Unterholz wuchs, kam ich gut vorwärts. Schon nach ein paar Minuten
sah ich die Lichter des Hauses. Ich lief etwas weiter nach unten, und als die
Scheune genau zwischen mir und dem Wohnhaus lag, wagte ich mich aus dem Wald heraus.
Ich hatte Grund zu der Annahme, dass Aa eine Erklärung von mir verlangen
würde, wenn er mich in diesem Zustand sah, und vielleicht sogar die Polizei
rufen würde.
    Ich
schlich zur Scheunentür, öffnete das Tor und schlüpfte hinein. Mein Kopf. Meine
Lunge. Ich blinzelte ins Dunkel und konnte Auto und Traktor kaum unterscheiden.
Was machte dieses Scheiß-Methan eigentlich mit einem? Wurde man blind? Methan?
Methanol, da war doch was?
    Keuchen
und der kaum hörbare Laut von Pfoten hinter mir. Dann war das Geräusch
verschwunden. Ich wusste sofort, was das bedeutete, konnte mich aber nicht mehr
umdrehen. Der Hund war auf mich losgesprungen. Alles war still, sogar mein Herz
hatte zu schlagen aufgehört. Im nächsten Augenblick stürzte ich auch schon zu
Boden. Ich weiß nicht, ob ein Nietherterrier imstande ist, einem
durchschnittlich großen Basketballspieler bis an den Hals zu springen und ihm
die Zähne ins Fleisch zu schlagen. Ich aber - das mag ich schon erwähnt haben -
bin kein Basketballspieler. Ich stürzte, und die Schmerzen explodierten in
meinem Hirn. Krallen rissen meinen Rücken auf, ich hörte das Geräusch von
Fleisch, das mit einem leisen Geräusch nachgab, und von brechenden Knochen.
Meinen Knochen. Ich versuchte, das Tier zu packen, aber meine Glieder
gehorchten mir nicht, als hätten die Kiefer, die sich um meinen Nacken
geschlossen hatten, jegliche Kommunikation zwischen Hirn und Gliedmaßen blockiert.
Die Befehle drangen ganz einfach nicht mehr durch. Ich lag auf dem Bauch und
konnte nicht mal mehr die Sägespäne ausspucken, die ich in den Mund bekommen
hatte. Durch den Druck auf die Halsschlagader würde mein Hirn bald keinen
Sauerstoff mehr bekommen. Mein Blickfeld wurde bereits kleiner. Sollte ich
wirklich so sterben? In der Schnauze eines hässlichen Hundes, der aussah wie
ein Fettklumpen? Diese Vorstellung war, gelinde gesagt, unbefriedigend, ja
ich fand sie in höchstem Grade beschissen. Mein Kopf begann zu brennen, und
eine eiskalte Hitze erfüllte meinen Körper und sickerte mir bis in die
Fingerspitzen. Ein fluchender Jubelschrei und plötzlich unbändige, zitternde
Kraft, die Leben spendete und Tod versprach.
    Ich
richtete mich auf, während der Köter sich noch immer in meinem Nacken
festgebissen hatte und mir wie eine lebende Stola über den Rücken herabhing.
Taumelnd tastete ich mit den Armen nach dem Tier, bekam es aber trotzdem nicht
zu fassen. Ich wusste, dass meine plötzliche Energie das letzte, verzweifelte
Aufbäumen meines Körpers war, meine letzte Chance, bevor ich ausgezählt wurde.
Mein Blickfeld war jetzt nur noch ganz minimal, wie beim Intro eines
James-Bond-Films, in meinem Fall also das Outro: alles schwarz, bis auf das
kleine Loch, in dem man den Typ mit dem Smoking sieht, der mit einer Pistole
auf einen zielt. Und durch dieses Loch sah ich nun einen blauen Massey
Ferguson, während ein letzter Gedanke mein Hirn erreichte: Ich hasse Hunde.
    Schwankend
drehte ich mich mit dem Rücken zum Traktor, ließ mich vom Gewicht des Hundes
nach hinten ziehen, trat einen Schritt zurück und verlor das Gleichgewicht. Ich
fiel. Die spitzen Stäbe des Siloschneiders nahmen uns in

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