Headhunter
bereits jetzt ein
Totalschaden - segelte über die Straße und die Leitplanke und stürzte auf die
Nadelbäume zu, die dicht an dicht am Fluss am Fuß der Böschung standen. Bevor
der Polizeiwagen Null Eins durch die ersten Baumwipfel brach, hatte er
zweieinhalb Rückwärtssaltos mit anderthalbfacher Schraube vollführt. Es waren
keine Zeugen anwesend, die meine Aussage bestätigen könnten, aber alles
geschah wirklich genau so. Es ist - wie gesagt - einfache Physik. Ebenso wie
die Tatsache, dass der Lastzug ohne sichtbare Schäden über die verlassene
Kreuzung fuhr, um auf der anderen Seite mit kreischenden Bremsen stehen zu
bleiben. Er prustete wie ein Drache, als die Bremsen sich endlich lösten, aber
der Gestank des heißen Gummis und der verbrannten Bremsbeläge hing noch Minuten
später über der Landschaft.
Um 10.14 Uhr
hatten die Nadelbäume zu schwanken aufgehört, der Staub hatte sich gelegt, nur
der Lastzug stand noch mit laufendem Motor da, während die Sonne weiterhin
unbeeindruckt auf die Felder der Hedmark schien.
Um 10.15 Uhr
fuhr das erste Auto an der Unfallstelle vorbei, doch vermutlich bemerkte der
Fahrer nur, dass etwas unter seinen Reifen knirschte, vielleicht Glasscherben,
und dass ein Lastzug auf dem Randstreifen stand. Er hatte keinen Grund zu der
Vermutung, dass unter den Bäumen am Fluss ein Polizeiwagen auf dem Dach lag.
Ich
weiß das alles, weil ich aus meiner Position erkennen konnte, dass wir auf dem
Dach lagen und von der Straße aus nicht zu sehen waren. Die Uhrzeiten stimmen
nur, wenn man davon ausgeht, dass Sundeds Uhr, die unmittelbar vor mir lag und
tickte, richtig ging. Ich glaube jedenfalls, dass es seine war, denn sie hing
am Handgelenk eines abgerissenen Armes, der aus einem grauen Trenchcoat ragte.
Ein
Windhauch wehte den beißenden Geruch der Bremsbeläge und das Brummen eines
Dieselmotors im Leerlauf zu uns herüber.
Die
Sonnenstrahlen glitzerten vom wolkenlosen Himmel durch die Bäume, doch um mich
herum regnete es, nämlich Benzin, Öl und Blut. Es tropfte und versickerte. Die
anderen waren alle tot. Der Pickelige hatte keine Akne mehr. Er hatte überhaupt
kein Gesicht mehr. Und Sunded war zusammengefaltet wie ein Pappkamerad, ich
sah ihn durch seine eigenen Beine blicken. Die Zwillinge wirkten einigermaßen
intakt, hatten aber zu atmen aufgehört. Dass ich selbst noch am Leben war,
hatte ich einzig und allein der Tatsache zu verdanken, dass die Monsen-Familie
zur Fettleibigkeit neigte, welche ihre Körper zu perfekten Airbags machte.
Aber die gleichen Körper, die mir eben noch das Leben gerettet hatten, drohten
jetzt, es mir zu nehmen. Die ganze Karosserie war zusammengedrückt, und ich
hing kopfüber auf der Rückbank. Einer meiner Arme war frei, aber ansonsten war
ich derart fest zwischen den beiden Polizisten eingeklemmt, dass ich mich weder
bewegen noch atmen konnte. Vorläufig funktionierten meine Sinne aber noch
einwandfrei. So dass ich das Benzin auslaufen sah, spürte, wie es in mein
Hosenbein lief, am Körper entlang und am Kragen wieder nach draußen. Und ich
hörte den Lastzug oben auf der Straße im Leerlauf prusten und brummen. Ich
wusste genau, dass Clas Greve da oben wartete, nachdachte und die Situation
analysierte. Sein GPS zeigte keinerlei Bewegung an. Er dachte, dass er trotzdem
nach unten gehen und sich vergewissern sollte, dass alle tot waren.
Andererseits war es nicht leicht, diese Böschung hinunterzuklettern, und der
Rückweg würde noch schwieriger werden. Außerdem war es unwahrscheinlich, dass
jemand einen solchen Crash überlebte. Trotzdem, man schlief doch gleich viel
besser, wenn man es wusste, es mit eigenen Augen gesehen hatte ...
Fahr,
betete ich. Fahr.
Da
ich bei Bewusstsein war, konnten sich die Gedanken dummerweise frei entfalten,
so dass ich mir sehr gut ausmalen konnte, was geschehen würde, wenn er mich in
Benzin gebadet fand.
Fahr.
Fahr!
Der
Dieselmotor des Lastzugs schnaufte, als spräche er mit sich selbst.
Die
Geschehnisse waren mir jetzt vollkommen klar. Greve war nicht zu Sindre Aa
gegangen, um ihn zu fragen, wo ich war. Das konnte er ja von seinem GPS
ablesen. Aa musste schlicht und einfach verschwinden, weil er Greve und dessen
Wagen gesehen hatte. Während Greve danach vom Haus zur Hütte hinauf gegangen
war, war ich auf dem Klo verschwunden, so dass er mich in der Hütte vergeblich
suchte. Vermutlich hatte er daraufhin erneut seinen GPS-Tracker überprüft und
überrascht festgestellt, dass mein Signal
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