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Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbo
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ich gehofft hatte - den Druck auf mich vermindert hätte. Der Ballon war
noch immer dicht.
    Ich
stach erneut zu. Ein weiteres Loch. Ein weiterer ausgetrockneter Brunnen.
    Ich
schwang die Schere wie ein Verrückter, schwupp, schwupp, schwupp, doch nichts
geschah. Verdammt, aus was für einem Material waren diese Zwillinge eigentlich
gemacht? Bestanden die bloß aus Fett? Sollte die zunehmende Fettsucht der
Bevölkerung auch mir das Leben nehmen?
    Ein
weiteres Auto fuhr oben auf der Straße vorbei.
    Ich
versuchte zu schreien, bekam aber keine Luft.
    Mit
letzter Kraft rammte ich ihm die Schere noch einmal in den Bauch, aber dieses
Mal zog ich sie nicht wieder heraus, ich schaffte es ganz einfach nicht.
Stattdessen begann ich nach einer Weile, sie zu bewegen. Ich drückte Daumen und
Zeigefinger auseinander und dann wieder zusammen, und schnitt mich so in seinen
Bauch hinein. Es ging überraschend leicht. Und dann geschah etwas. Ein Rinnsal
Blut lief aus dem Loch über den Bauch und verschwand unter den Kleidern, bis es
am bärtigen Hals wieder auftauchte, über Kinn und Lippen lief und schließlich
im Nasenloch verschwand. Ich schnitt weiter. Frenetisch. Und begriff, dass
Menschen in Wahrheit jämmerliche Kreaturen sind, denn der Körper öffnete sich
ebenso simpel, wie ich das bei Walen im Fernsehen gesehen hatte. Bloß mit Hilfe
einer Nagelschere! Ich hielt erst inne, als sein Bauch einen Spalt hatte, der
vom Unterleib bis zu den Rippen reichte. Doch es quollen keine Eingeweide oder
Blut heraus, wie ich erwartet hatte. Mein Arm wurde immer tauber, bis mir die
Schere aus den Fingern rutschte und sich ein alter Bekannter meldete: der Tunnelblick.
Durch die immer kleiner werdende Tunnelöffnung sah ich die Decke des Wagens.
Ein Schachbrettmuster aus Grautönen. Um mich herum die kaputten Figuren. Ich
gab auf und schloss die Augen. Es war angenehm, einfach loszulassen. Ich
spürte, wie mich die Schwerkraft ins Innere der Erde zog, den Kopf voran, wie
bei einem Kind auf dem Weg aus der Gebärmutter. Ich wollte nach draußen
gepresst werden, in den Tod, ein neues Leben. Jetzt spürte ich sogar die Wehen,
zitternde Kontraktionen, die meinen Körper massierten. Und ich sah die weiße
Dame. Hörte das Geräusch des Fruchtwassers, das auf den Boden klatschte.
    Und
roch den Gestank!
    Mein
Gott, was für ein Gestank!
    Ich
wurde geboren, und mein neues Leben begann mit einem Sturz, einem Schlag gegen
den Kopf, gefolgt von totaler Finsternis.
    Vollkommener
Dunkelheit.
    Dunkelheit.
    Sauerstoff?
    Dann
wurde es heller.
    Ich
öffnete die Augen. Ich lag auf dem Rücken und starrte nach oben auf die
Rückbank, auf der die Zwillinge und ich eben noch eingeklemmt gewesen waren.
Ich lag also auf dem Himmel des Wagens, auf dem Schachbrett. Und ich atmete. Es
stank nach Tod und den Eingeweiden von Menschen. Ich blickte mich um. Es sah
aus wie in einer Metzgerei, wenn gewurstet wird. Aber das Merkwürdige war,
dass ich nun nicht tat, was meiner Natur entsprochen hätte: Ich verdrängte die
Eindrücke nicht, ich weigerte mich nicht zu sehen, und ich zog mich auch nicht
in eine andere Welt zurück. Stattdessen schien mein Gehirn sich auszuweiten, um
diese Sinneseindrücke in ihrem ganzen Umfang aufnehmen zu können. Ich entschloss
mich, hier zu sein. Ich atmete tief ein. Sah, lauschte. Dann hob ich die
Figuren vom Boden auf und stellte sie wieder aufs Schachbrett, eine nach der
anderen. Als Letztes die kaputte weiße Dame. Ich musterte sie und stellte sie
dann direkt vor den schwarzen König.
     
    TEIL IV
     
    Die Auswahl
     
    Kapitel
18
     
    Die
weiße Dame
     
    Ich
saß im Autowrack und starrte auf den Rasierapparat. Man denkt mitunter schon
seltsame Sachen. Die weiße Dame war kaputt. Sie, mit der ich meinen Vater,
meine Herkunft, ja mein ganzes früheres Leben in Schach gehalten hatte. Sie,
die mir ihre Liebe beteuert hatte und der ich geschworen hatte - auch wenn es
eine Lüge war -, sie allein dafür immer mit einem Teil meiner selbst zu lieben.
Sie, die ich als meine bessere Hälfte bezeichnet hatte. Ja, ich hatte sie
wirklich für die gute Seite meines Janusgesichts gehalten. Aber ich hatte mich
geirrt. Und ich hasste sie. Nein, nicht einmal das: Diana Strom-Eliassen
existierte für mich nicht mehr. Trotzdem hockte ich hier drin, umgeben von vier
Leichen, mit einem Rasierapparat in der Hand und einem einzigen Gedanken im
Kopf:
    Würde
Diana mich noch lieben können, wenn ich kein einziges Haar mehr auf dem Kopf
hatte?
    Man
denkt mitunter

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