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Hear the Wind blow

Hear the Wind blow

Titel: Hear the Wind blow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David M Pierce
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aber was verstehe ich schon von Kirchen, besonders zeitgenössischen katholischen. Sie hatte allerdings ein Kreuz, ein sehr großes sogar, das den traditionellen Kirchturm ersetzte.
    Die Eingangstür stand offen, also ging ich hinein. Das Innere wirkte einen Tick traditioneller, wenn man die altrosa Auslegeware außer acht ließ, aber schließlich waren wir in Kalifornien. Von der Eingangstür aus gesehen, befanden sich im hinteren Teil des Gebäudes zu beiden Seiten mehrere Kabuffs, die ich für Beichtstühle hielt, dann die Reihen leerer Kirchenbänke und vorn jeweils eine große Statue zur Rechten und zur Linken des Chorpults. Ich konnte weder Personal noch Priester noch Nonnen entdecken, ebensowenig Kardinäle und Päpste, darum setzte ich mich in eine der hinteren Reihen und versuchte mich zu erinnern, wann ich zum letztenmal in einer katholischen Kirche gewesen war. Das war mindestens fünf Jahre her, draußen in Venice bei der Beerdigung eines gemeinsamen Freundes von mir und meinem Bruder, genauer gesagt einem seiner besten Freunde, dem alten Ed, der sein Mentor oder Rabbi, wie man so sagt, gewesen war, als er sich der Polizei anschloß. Der alte Ed hatte sich ungefähr drei Monate nach seiner Pensionierung eines Sonntagnachmittags in seiner Küche umgebracht, aber sein Revier hatte verlautbaren lassen, daß es ein Unfall gewesen sei, um die Sache für die Witwe leichter zu machen und um Probleme mit der Rente oder Versicherung zu vermeiden und ihm eine anständige katholische Bestattung in geweihter Erde zu ermöglichen. Dann dachte ich über Mr. Lubinski und über Gold nach, dann fiel mir nichts mehr ein, worüber ich nachdenken konnte, darum saß ich nur noch da und starrte meine großen Füße an.
    Schließlich betrat ein Priester die Kirche, durch eine Tür hinter dem Chorpult, die ich vorher übersehen hatte, und nachdem er sich bekreuzigt hatte, ging er durch das Mittelschiff in meine Richtung. Ich folgte ihm ins Vestibül hinaus, wo ich ihn dabei antraf, wie er gerade einen Zettel an die Tafel mit den Bekanntmachungen neben der Tür heftete. Als ich näher kam, las ich die Überschrift »Sportnachrichten von der Allkatholischen Basketball-Liga«.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte ich und hielt die Stimme gesenkt. »Haben Sie eine Minute Zeit für mich ?«
    »Gewiß doch«, sagte er laut und streckte mir seine Hand entgegen. »Ich bin Kaplan Sean .«
    »Victor Daniel«, sagte ich. Er schüttelte mir kräftig die Hand. Er war ein junger Mann mit einem blassen Gesicht voller Sommersprossen, in voller Montur und mit Stehkragen.
    »Verzeihen Sie meine Unwissenheit, Hochwürden«, sagte ich, »aber leiten Sie diese Kirche ?«
    »Das tu ich nicht«, sagte er. »Da müssen Sie sich an Hochwürden O’Keefe wenden, nur ist er heute den ganzen Tag nicht da .«
    »Ach so«, sagte ich. »Dann ist er wahrscheinlich ein sehr beschäftigter Mann .«
    »Allerdings«, sagte der Kaplan, ohne eine Miene zu verziehen. »Allein seine Golfverpflichtungen rauben ihm drei Nachmittage in der Woche .«
    Ich lachte; mehr oder weniger aus gleichem Antrieb traten wir auf die breiten Stufen der Eingangstreppe hinaus. Er blickte zum wolkigen Januarhimmel hinauf, seufzte zufrieden, warum, weiß ich nicht, und fragte mich dann, ob er mir irgendwie behilflich sein könne.
    Ich fragte ihn, ob er die meisten seiner Gemeindemitglieder kenne. Er antwortete, daß ihm selbstverständlich die meisten der regelmäßigen Kirchgänger bekannt seien. Dann erzählte ich ihm von Mrs. »Gillespies« Besuch, und daß ich mir Sorgen um sie mache, daß ich sie wiedersehen wolle, und da ich annahm, daß sie sowohl regelmäßig zur Andacht kam als auch in der Nähe wohne, könne er mir vielleicht helfen, sie zu finden. Als ich sie und ihre frischen Verletzungen beschrieb, sagte er: »O ja, gütiger Herr, die arme Frau. Natürlich kenne ich sie. Ich habe viele Male mit ihr gesprochen, Kaplan O’Keefe ebenfalls, und zu unserer großen Betrübnis haben wir ihr nicht helfen können .«
    »Vielleicht kann ich ihr ja helfen«, sagte ich.
    Er schaute mich prüfend an.
    »Vielleicht sind meine Hände nicht durch ganz dieselben Beschränkungen gebunden wie die Ihren«, sagte ich.
    »Zweifellos«, sagte er. Er wandte sich um und betrachtete den vorderen Teil seiner Kirche. »Liegt Schönheit wirklich nur im Auge des Beschauers ?« fragte er.
    Ich sagte, daß ich darüber noch nie besonders nachgedacht hätte.
    Er drehte sich wieder zu mir um. »Mr. Daniel, wir

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