Hear the Wind blow
an.
Ich sagte ihr, was sie zu tun hatte und wann sie es tun sollte und wieviel sie bekommen würde, wenn sie es tat. Ich zeigte ihr, wie man den Empfänger bediente, und gab ihn ihr. Ich sagte ihr, daß sie sich den Samstagmorgen freihalten sollte, weil ich dann vielleicht noch einen Job für sie hätte, wenn sie den ersten nicht versaute.
»Da wir alle wissen, wie schäbig du bist«, sagte sie und blies den Rauch in meine Richtung, »wie wär’s mit einem Fünfer Vorschuß für Spesen ?«
Ich händigte ihr das Geld aus, alles, um die Zigarre aus meinem Büro zu bekommen, und sie dazu. Ich und schäbig? Hatte ich nicht vor lediglich zwei oder drei Tagen diesem Bettler vor Ralph’s Supermarkt ein großzügiges Almosen gegeben?
11
Meine Nase tat mir weh. Ich ging in das kleine Badezimmer, das an den rückwärtigen Teil des Büros anschließt, und betrachtete sie in dem pockennarbigen Spiegel über dem Waschbecken. Sie sah aus wie eine Nase, die mit dreckigem Leukoplast verklebt war. Das bewirkte, daß mir Mr. G. wieder einfiel, und ich fand, daß ich ihn suchen sollte, vorausgesetzt, es dauerte nicht zu lange und meine geistigen Fähigkeiten wären dem Kampf gewachsen.
Lassen wir mal sehen. Ich wußte, daß die kleine Ehefrau katholisch war und hart daran arbeitete, daher ging sie wahrscheinlich regelmäßig in die Kirche, wenn nicht fünfmal am Tag. Ich vermutete, daß sie in der näheren Umgebung wohnte, da sie mich und nicht irgend jemanden in einem anderen Stadtteil aufgesucht hatte, und zwar ohne Auto. Außerdem hatte sie, als ich sie auf der Bank vor der Bushaltestelle sah, den 202er, der dort hielt, nicht bestiegen; das war die einzige Linie, die die Victory entlangfuhr, und der Bus war halb leer gewesen. Vielleicht saß sie auch nur da und dachte über alles nach mit der Absicht, den nächsten zu nehmen, aber es war auch möglich, daß sie gar nicht auf einen Bus wartete, weil ihre Wohnung so nah war, daß sie keinen brauchte.
Wie mich mein Telefonbuch aufklärte, befanden sich zwei Kirchen innerhalb von vier Straßenblocks von meinem Büro entfernt, Christus der Herr und Unsere Mutter Aller Schmerlen. Ich dachte, vielleicht könnte mir Mrs. Morales mehr über sie erzählen, da ich wußte, daß sie katholisch war, weil sie nur einmal im Jahr ihren Laden schloß, nämlich am Tag ihres Heiligen, und daß sie außerdem in der Gegend wohnte, weil ich ihre Tochter einmal nach der Arbeit nach Hause gefahren hatte. Ich befand mich schon auf dem Abmarsch, um mit ihr zu reden, als mich das Telefon zurückpfiff. Es war Gorgeous , der wunschgemäß Bericht erstattete.
»Kein Problem, Häuptling«, sagte er. »Kinderspiel. Ich hab das Teil gegen die Wand gelobbt wie eine Murmel .«
»Gute Arbeit, mein Sohn.« Ich sagte ihm noch, daß ich den Zwanziger in einem Extra-Umschlag dazulegen würde, wenn ich meine monatliche Rechnung des Botendienstes beglich, hängte ein und stattete dem Taco Burger einen Besuch ab. Es war kurz vor zwölf, ein bißchen früh fürs Mittagessen, aber ein heranwachsender Junge kann immer einen oder zwei Tacos essen, selbst die von Mrs. Morales. Nach einigem obligatorischem Geplänkel erkundigte ich mich über Christus der Herr und Unsere Mutter Aller Schmerzen.
»In Unsere Mutter kriegen Sie mich nur über meine Leiche«, sagte sie wütend und schraubte eine Flasche Limonade für mich auf. »Der Priester da, der mag nur die weißen Leute, comprende ?«
Ich sagte, daß ich comprendete .
»Dagegen unser Kaplan Xavier, der macht zwar nicht viel her, aber er kommt Tag und Nacht, bei Regen und Schnee, egal, ob man Geld hat oder keins. Was wollen Sie von ihm? Sie sind doch nicht etwa in Ihrem Alter noch religiös geworden ?«
»Mehr als das, Juanita«, verkündete ich ernst. »Ich habe beschlossen, das Unternehmen zu verkaufen und Mönch zu werden. Ich frage mich, wie Tibet im Sommer ist ?«
»Hören Sie auf, Sie Schlimmer«, sagte Mrs. Morales und gab mir spielerisch einen Klaps auf die Hand.
»Sie auch«, sagte ich. »Und wo bleibt heute die scharfe Salsa ?«
Christus der Herr war nah genug, daß ich auf den Wagen verzichten konnte; ich verriegelte meinen Laden und schlenderte gemächlich die Victory hinunter — übrigens an Lubinski, Lubinski und Levi vorbei — , bog erst links ein, dann rechts, und da stand sie schon. Sah mir nicht besonders wie eine Kirche aus, da es sich um eine ziemlich künstlerisch ambitionierte Verbindung von Ziegelstein, Rothölzern und Beton handelte,
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