Hear the Wind blow
ist natürlich allein schon gravierend genug, wenn sie aber mit, sagen wir mal, Diabetes einhergeht, wie im Fall von Mrs. Castillos Bruder, kann sie offensichtlich tödlich enden. Der Kranke könnte nach einem Anfall stundenlang bewußtlos am Boden liegen und an einem zu überhöhten Zuckerspiegel sterben .«
»Das verstehe ich ja jetzt«, sagte ich. »Aber Ricky hat mir zuerst nur erzählt, daß sein Schwager, nun ja, leicht verrückt war. Er hat kein Sterbenswörtchen von dieser Epilepsie und dem anderen Kram erwähnt .« Die offenbare Verrücktheit Chicos war Dell bereits bekannt; ich hatte Ricky aufgetragen, sie gegenüber Tommy zu erwähnen, der dann die Information am Telefon weitergegeben hatte.
»Es ist durchaus üblich, daß die Verwandten dieses Leiden eines Familienmitglieds verschweigen«, schwadronierte Benny weiter, »da es über die Jahrhunderte zahlreiche Fehlinformationen darüber gegeben hat .«
»Ach«, sagte ich. »Tatsächlich.«
Benny nahm seine Brille ab und spähte mit einigem Abstand hindurch. »Mr. Castillo hatte jedoch eine recht schlaue Idee. Hat er Ihnen erzählt, daß er seinen Schwager regelmäßig, mindestens einmal am Tag, auf seinen Patrouillengängen besuchte ?«
»Selbstverständlich«, log ich.
»Passen Sie auf .« Benny griff nach seinem Aktenkoffer, schloß ihn mit einem der Schlüssel an seinem Schlüsselbund auf und entnahm ihm ein Schweißband von der Art, wie sie Tennisspieler um ihr Handgelenk tragen und womit sie sich ständig die Stirn abwischen. Aus einem kleinen Schlitz in dem hautfarbenen Frotteeband holte er vorsichtig eine kleine schwarze Plastikschachtel hervor, was mich nicht sonderlich überraschte, da ich sie selbst am Abend zuvor dort hineinbefördert hatte. Es war übrigens eine Schachtel Hustenbonbons, die ich mit Filzstift schwarz angemalt hatte.
»Es handelt sich hier um einen batteriebetriebenen Sender, ähnlich, nur umgekehrt, den Piepsern, die Ärzte heutzutage tragen .« Und meine Mama, was mich überhaupt erst auf die Idee gebrachte hatte.
»Soviel ich weiß, werden sie auch von einem Haufen möchtegern-moderner Leute getragen«, sagte ich, »damit sie in der Öffentlichkeit angepiepst werden und sich wichtig machen können .«
»In unserer Abteilung haben sie sich als sehr nützlich erwiesen«, sagte Benny förmlich. »Ich trage auch eins, wenn ich in der Stadt unterwegs bin .«
»‘ tschuldigung «, stammelte ich kleinlaut.
»Das hier ist eine Ersatzbox, die sich Mr. Castillo für einen Notfall beiseite gelegt hat«, fuhr Benny fort. »Sie hat keinen großen Sendebereich, nur knapp über eine Meile, aber das war für Mr. Castillos Zwecke ausreichend. Anscheinend fuhr er einmal zu seinem Schwager und stellte fest, daß er nicht zu Hause war. Zum Glück fand er ihn dann ein paar hundert Meter weiter am Boden liegend, er war ohnmächtig und infolge des Insulinmangels schon halbtot. Um zu vermeiden, daß sich etwas Derartiges je wieder ereignete, trug er ihm auf, einen solchen Sender ständig unter seinen Sachen am Arm zu tragen. Wenn er sich aus irgendeinem Grund weiter als eine Meile von seinem Haus entfernte, sollte er immer eine Nachricht hinterlassen, in der er ihm mitteilte, wohin er gegangen war und wann er zurückkommen wollte.«
»Das weiß ich schon, daher wußte ich ja auch, daß er in Richtung Hasch-Paradies unterwegs war«, sagte ich, die Unwahrheit sprechend, da ich nicht die Absicht hatte, gegenüber Dell und Biff und Konsorten, geschweige denn irgend jemand anderem, durchsickern zu lassen, daß ich illegalerweise Tommys Haus abgehört hatte.
»Weiter«, sagte Benny und klopfte wichtigtuerisch mit dem Lineal auf die Landkarte. »Würden Sie bitte einen Blick auf den nördlichen Sektor des Forstverwaltungsgebiets werfen, ungefähr hier. Sie werden feststellen, daß das Terrain unregelmäßig ist, jedoch relativ systematisch durch ein Netz von sich kreuzenden Zubringer- und Holzfällerstraßen markiert wird. Ich habe das Ganze einmal überschlagen und schätze, daß sich mehr als drei Viertel des Areals innerhalb einer irgendwie gearteten Straße befindet, so daß wir eine gute Chance haben, den armen Kerl zu finden, wenn wir sie alle absuchen. Leider konnte mir unser medizinischer Experte keine Hoffnungen machen, ihn noch lebend anzutreffen, aber man hat schon seltsamere Dinge erlebt. Zumindest kann man ihn offiziell für tot erklären lassen und seine Leiche seiner Familie überstellen, damit er ein anständiges christliches
Weitere Kostenlose Bücher