Hear the Wind blow
vernarbte Verbrechervisagen konnte man sie ebensowenig bezeichnen. Sie waren einfach nur Dell und Biff , zwei gute alte Redneck-Boys, die sich nach der Arbeit einen Krug Hopfen und Malz zu Gemüte führten. Dell war der Große, Kräftige, das blühende Leben, der ein paar zusätzliche Kilo um die Hüftgegend mit sich herumtrug; hellbraunes Haar, Farmer-Jeans und nietenbesetzter Ledergürtel mit einer protzigen mexikanischen Gürtelschnalle aus Silber, die den Kopf eines Longhorn-Ochsen darstellte. Biff war klein und untersetzt, trug schmutzige weiße Levis, einen alten Pulli, dessen Ärmel hochgekrempelt waren, damit man die Tätowierungen sehen konnte, Cowboyhut und eine Sonnenbrille mit spiegelnden Gläsern.
Hey, Jungs, schön, euch kennenzulernen.
»Läuft eure alte Schüssel immer noch ?« rief ein junger Typ mit einer California Angels-Baseballmütze vom anderen Ende der Bar den Brüdern zu.
»Sie hat’s mit Hängen und Würgen hergeschafft«, sagte Biff grinsend, »aber sie neigt dazu, bei hohen Geschwindigkeiten ein bißchen auszuschlagen .«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte der Typ an der Bar, »so ab über sechzig, wa ?«
»Sechzig ?« fragte Dell. »Ich glaub, der Tacho geht gar nicht so hoch .« Dieses launige Hin- und Hergeschäker veranlaßte mich zu der Vermutung, daß die Brüder einen ziemlich flotten Schlitten vor der Tür geparkt hatten, aber ich wollte es genau wissen, außerdem hatte ich die Absicht, mich ihnen in meiner ganzen Herrlichkeit zu zeigen, das heißt in voller Größe, darum erhob ich mich, rief Sara zu, daß sie das verdammte Telefon in Ruhe lassen solle, ich wär gleich wieder da, verdrehte meine Augen in Richtung auf den Tisch, an dem die Brüder saßen, und ging dann zur Tür. Ich stellte fest, daß sie mich verstanden hatte, denn sie kniff die Augen zusammen und rief mir hinterher:
»Von mir aus kannst du auch ‘ne Stunde wegbleiben, keiner wird dich vermissen .« Dann sprach sie den Raum im allgemeinen an, wo sich zu dem Zeitpunkt vielleicht zehn Gäste befanden, von denen ich die meisten schon am Vortag gesehen hatte: »Will denn hier niemand heute abend Pool spielen? Schei- ße .«
Die Brüder betrachteten mich lange und ausgiebig, als ich an ihnen vorbeiflanierte, dann Sara, die gerade äußerst professionell ihr Queue mit Kreide einrieb. Ich hab keine Ahnung, wo sie das Spiel gelernt hat, aber sie war gar nicht mal so übel, obwohl sie nichts von Plazierung verstand und mit Vorliebe überflüssige Bandenstöße ausprobierte.
»Verdammt großes Arschloch«, hörte ich Biff sagen, als ich zur Tür hinausging.
»Kannste laut sagen«, meinte sein Bruder.
Draußen schwenkte ich zum Parkplatz rüber und sah, welches der Schlitten der Brüder sein mußte, da sonst nichts von Interesse vorhanden war. Ein Allradantrieb, goldmetallic lackiert, mit einem Überrollbügel aus Chrom und vier zusätzlichen Scheinwerfern, von denen zwei vor der Motorhaube und zwei weitere über dem Fahrer auf dem Bügel angebracht waren. Ich war erleichtert, daß es sich nicht um eine tiefergelegte Spezialanfertigung eines Detroit handelte. Ich wollte nämlich nicht, daß sie in einen anderen Wagen umstiegen, bevor sie Richtung Wald und diese holprigen Holzfällerstraßen losfuhren. Im Vorübergehen fiel mir auf, daß sich auf dem Tankdeckel kein Schloß befand, um so besser. Durch eins der Fenster am hinteren Teil der Kneipe konnte ich sowohl die Toiletten als auch das Telefon sehen; einen Augenblick später kam meine Lieblingspoolenthusiastin, das Spatzenhirn, aus der Damentoilette, blieb vor dem Telefon stehen, kramte einen Zettel aus der Tasche und fing an zu wählen. Sie rief natürlich unsere Reservetruppen an, wo immer sie auch sein mochten, jedenfalls nicht weit von hier, um ihnen zu sagen, daß wir den Kontakt gemacht hatten und heute abend losschlagen würden.
Beim Campingbus angekommen, schloß ich auf und fand den Transponder , der ganz unten in meiner Reisetasche in ein sauberes Hemd eingewickelt war, küßte ihn einmal, damit er mir Glück brächte, steckte ihn ein, kramte eine alte, mit aufgesetzten Flicken versehene Strickjacke hervor, die ich mitgebracht hatte, setzte mich ein Weilchen auf meine Pritsche, um ein bißchen Zeit vergehen zu lassen, aber nicht zuviel, schloß dann wieder ab und eilte zum Parkplatz zurück, wobei ich die Jacke spielerisch an einem Ärmel baumeln ließ. Wie ärgerlich, genau in dem Moment, als ich am Kleintransporter der Brüder vorbeiging, fiel mir
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