Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heart beats sex

Heart beats sex

Titel: Heart beats sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Driest
Vom Netzwerk:
Berlin zurück. Dort war es vielleicht kälter zu dieser Jahreszeit, doch wenigstens nicht so feucht. Als ich für Mami in Berlin einkaufen gehen musste, was nicht eine meiner Lieblingstätigkeiten war, kam sie fürsorglich noch mit zur Tür, setzte mir eine Pudelmütze auf und steckte mir Handschuhe in die Jackentaschen. Was ich
jetzt dafür geben würde, diese Wärme von meiner Mutter zu erhalten.
    Ich hatte mich damit getröstet, dass es zwei gab, die schöner waren als die Buntkleider. Die Schönere von beiden hieß Sheila, die andere Ulya. Sheila kleidete sich wie ein Hippie, hatte dunkles langes, gelocktes Haar und eine sehr große Nase, über die sich die Jungens lustig machten (»Wenn sie die Nase nicht hätte …«). Sie war Portugiesin aus Lissabon. Ulya hatte blendend weiße Zähne, langes blondes glattes Haar, einen sehr natürlichen Look, trug kaum Make-up. Sie war die Tochter reicher Russen. Diese beiden waren die hübschesten Mädchen an der Schule, angehimmelt von den jüngeren Mädchen und Nummer Eins aller Gesprächsthemen, doch sie sonderten sich meist von allen anderen ab.
    Es dauerte nicht lange, da machten sich auch sie über mich lustig, weil ich die Einzige war, die sich nicht die Beine rasierte. Uniformen im Sportunterricht waren obligatorisch und dazu gehörten auch die kurzen dunkelblauen Sporthosen. Die Buntkleider nannten mich Orang-Utan und machten Affengeräusche, wenn ich auf sie zurannte, um den Ball zu erobern. Es war so kränkend, dass mir immer ein paar Tränen kamen. Den Fehler, richtig zu weinen, machte ich aber nur einmal, denn das brachte ihnen die allergrößte Freude. Sie lachten und grölten und erzählten jedem in der Schule: »Der Orang-Utan kann weinen!«
    Ulya und Sheila waren nicht netter zu mir. Zwar verließen sie nicht ihre Plätze, wenn ich mich zu ihnen an den Tisch setzte, doch ich merkte ihnen den Ekel an, als würde ich Bakterien auf ihr Essen sprühen. Ich fühlte mich so alleine, dass ich Sprachstörungen bekam.
    All das wurde noch durch ein Problem verschärft, das mir unlösbar schien: Wenn mein Schulleiden überhaupt Sinn machen
sollte, musste ich mich anstrengen und meine Zensuren verbessern, doch wenn mir das mal gelang, spotteten alle darüber, dass ich »Freundschaften zu Lehrern pflegte«, und sie behaupteten, meine sich verbessernden Biologienoten seien einzig darauf zurückzuführen.
    Jeden Tag war es dasselbe: Während der Mittagspause starrten sie mich abwechselnd an und sprachen kein Wort mit mir. Ich fühlte mich wie eine Tote, was sich noch dadurch steigerte, dass ich mich für dieses Gefühl schämte. Manchmal war es, als wäre ich aus meinem Körper geschlüpft: Dann sah ich mich dort ganz alleine sitzen und mein Brot leise vor mich hin essen. In solchen Momenten wünschte ich mir, unsichtbar zu werden, damit ich mich unauffällig davonstehlen könnte.
    Eines Tages beschloss ich, mit einem bunten Kleid zur Schule zu kommen. Das Problem war nur, dass ich keines besaß.
     
    Zu Hause verkroch ich mich deprimiert in mein Zimmer und zog alle Gardinen zu. Nur ein kleines Licht durfte in der Ecke brennen. Ich kuschelte mich in mein Bett, die Decke bis zu den Ohren, und starrte auf das Lichtlein, während meine Gedanken wie in einem Karussell herumfuhren. Ich versuchte sie zu ordnen, und nach einer Weile wusste ich, es war das Wichtigste im Moment, an ein buntes Kleid zu kommen.
    Ich sprang auf, durchwühlte meinen Schrank, fand aber nichts Passendes.
    Ich kroch wieder ins Bett, und schließlich überwand ich mich, zu Anna zu gehen und bei ihr Rat zu suchen. »Hast du nicht vielleicht ein buntes Kleid für mich?«
    Sie lachte. »Wozu brauchst du das denn?«
    »Das möchte ich morgen in der Schule tragen.«
    Anna lachte wieder. »Wegen der Buntkleider? Du hast mir
doch erzählt, wie enorm oberflächlich die sind und dass sie dich aus allem ausschließen, nur weil du nicht den richtigen Style hast. Warum willst du es denen denn jetzt recht machen? Oder willst du mit denen etwa befreundet sein? Mit solchen Zicken?«
    »Nein, ich will mit denen nicht befreudet sein. Ich will einfach nur dazugehören.«
    »Dir sollte das egal sein, du solltest die Klamotten tragen, die du hast.«
    »Mir ist es aber nicht egal. So werde ich nie dazugehören.«
    »Mona, es muss dir nicht wichtig sein, was die anderen tragen«, sagte sie sanft. »Du trägst, was du hast. Kleider sollst du sowieso nicht zur Schule anziehen. Oder willst du den Mathelehrer aufreizen?«
    Anna

Weitere Kostenlose Bücher