Heart beats sex
erschrak und dachte sofort, Anna könnte mir gefolgt sein, weil sie wieder einmal alle meine Mails durchstöbert hatte. Erleichtert atmete ich auf, als ich Hals schönes Lächeln sah. Oft fragte ich mich, wie er es schaffte, mit dreiunddreißig Jahren, inklusive fünfzehn Jahre Party plus rauchen, noch so weiße Zähne zu haben. Gierig auf die erste Umarmung stieß ich mit einem beglückten Lachen die Tür auf. Sie traf ihn am Knie, und ehe er seine Lippen zum Kuss schürzen konnte, musste er sie für einen Schmerzensschrei weit öffnen, wobei er das Gesicht zum Himmel reckte. (Ulya sagte am nächsten Tag, er habe wie eines der schreienden Pferde von Picasso ausgesehen).
Wir fuhren direkt zum Strand von Es Cavallet, tranken ein paar Cava, rauchten einen Joint und verabredeten uns für die nächste Gelegenheit, die sich mir bieten würde. Beim Abschied lud er mich ins Cocoon ein. Ulya setzte mich bei der Ärztin ab, fuhr Hal nach Hause und rief mich nach der Tagesschau an, um mir zu gratulieren. Sie wusste, dass sie mich immer nach dem Abendessen anrufen musste. Dies war die Telefonzeit für meine Tratschgespräche, die nie mehr als fünfzehn Minuten dauern durften. Das war eine der Hausregeln. »Er hat dich eingeladen ins Cocoon!«
»Coq au vin?«, sagte ich. Es war ein Trick, falls Anna lauschte. Ich könnte dann sagen, wir hätten darüber geredet, was Ulya gestern gekocht hatte.
»Genau! Cocoon! Stell dir vor, Adrian hat einen Tisch, und ich hab für dich einen Stuhl!«
Ich war wie berauscht. Nicht Coq au vin – Cocoon! Jedes Mal, wenn ich das Wort hörte, begann mein Herz zu pochen. Zwei Herzschläge – einer für jede Silbe. Ich wusste, dass Sheila, Hank und Liam auch da sein würden. Vor allem dieser Moment: Liam sieht mich in meinem knappen Outfit und kann die Augen nicht von mir lassen. Ein Augenkontakt-Spiel entfacht sich zwischen uns. Wenn dieses Spiel aufhört, tanze ich zu einem Rhythmus, der meine Oberschenkel zum Vibrieren bringt. All meine Bewegungen sind von einem Voodoo-Geist inspiriert, der sie in grünes Licht verwandelt. Grüne Aufleuchter, die Hal mit ewiger Sehnsucht infizieren, der dem Ganzen vom DJ-Pult aus zuschaut!
Ich sagte: »Coq au vin ist gut.«
Ulya beschrieb mir noch, in welchem Raum Adrian den Tisch hatte, so dass ich sie gleich finden würde.
Um zehn küsste ich Anna und Papi wie immer zur guten Nacht und ging in mein Zimmer. Ich hatte entweder die Möglichkeit
zu warten, bis die Lichter ausgingen und alle schliefen oder in der Zeit Bio zu lernen ( Genetic Structure ). Oder den spanischen Konjunktiv. Oder mich schlafen zu legen, um ausgeruht und fit for fun zu sein. Wäre wohl besser. Den Wecker auf halb eins stellen? Dann müssten eigentlich alle Lichter aus sein, außer Papi hatte mal wieder eine seiner Nächte, in denen er vor zwei nicht einschlief. Davor sollte ihn Gott bewahren, denn ich wollte ihm ungern ausgehfertig begegnen – in kurzer Jeanshose, mit schwarzem Top und hochgestecktem Haar, die Wangen mit Rouge betupft, in den Augen Tusche und auf den Lippen Gloss, meine kleine Handtasche über der Schulter, schwarze Slipper an den nackten Füßen und keine Ohrringe und Ketten wegen des Klapperns. Nein, ungern.
Zuerst hatte ich Schwierigkeiten einzuschlafen, weil die Party bereits in meinem Kopf tobte. Die Aufregung wollte sich weder durch Schäfchenzählen noch durch Luftanhalten vertreiben lassen. Immer wieder gingen mir Ulyas Informationen durch den Sinn – der Club fülle sich erst um eins nachts, er sei bis sechs morgens geöffnet und viele kämen danach erst so richtig in Stimmung, um in den Beach Clubs weiterzumachen, die dann erst öfnen. Vielleicht würde es auch schon vor eins losgehen, hatte sie gesagt, denn das Cocoon sei immer ausverkauft.
Ich stellte es mir randvoll mit schwitzenden tanzenden Menschen vor und sah Hal als König der Szene hoch über allen. Dennoch wollte ich nicht schon jetzt aufgesogen werden und wehrte mich. Ich zählte Schäfchen bis einundachtzig, immer wieder von den Klängen seiner Musik abgelenkt, die ich über den Rechner laufen ließ. Schließlich zog ich mir die Stöpsel aus den Ohren und fuhr mit zweiundachtzig fort, doch bei siebenundachtzig klingelte schon der Wecker.
28. Kapitel
A ls ich mich hinausschlich, war es so still, dass ich die Sterne wispern hörte. Am liebsten wäre ich ein Windhauch gewesen und mit dem Wispern davongeflogen. Kaum dachte ich den Gedanken, da fühlte ich schon meine Schwere. Ich spürte
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