Heartbreaker - Chartbreaker
wirklich über mich Bescheid wissen wollt, dann gibt es eine Sache, die da unbedingt dazugehört: Ich höre Musik gerne laut. Richtig laut. Und damit meine ich nicht die Art von laut, bei der eure Eltern an eure Zimmertür klopfen und sagen, ihr sollt die Musik mal leiser stellen. Das ist was für Amateure. Wenn ich laut sage, dann meine ich so-lautdass-ihr-eure-Eltern-nicht-mehr-klopfen-hört-und-die-Nach- barn-ein-»Zu verkaufen!«-Schild-an-den-Gartenzaun-hängen-und-in-ein-anderes-Viertel-ziehen-weil-sie-den-Lärm-nicht- mehr-ertragen. So laut. Wenn die Musik so laut aufgedreht ist, dass euer Oberkörper vibriert und euch die Drums wie euer eigener Herzschlag zwischen den Rippen hämmern und
der Bass euch das Rückgrat hochkriecht und ihr im Gehirn Gänsehaut kriegt. Wenn ihr gar nicht anders könnt, als zu tanzen oder euch im Kreis zu drehen oder einfach nur laut zu schreien, weil ihr wisst, egal was ihr jetzt bei dieser Musik spürt, es ist genau das richtige Gefühl.
Wenn es euch mit lauter Musik nicht genauso geht, glaube ich nicht, dass wir jemals gute Freunde werden.
Victoria und ich drehen immer auf die allerhöchste Lautstärke auf. Allmählich wird das zum Problem, weil wir inzwischen schon zweimal die Lautsprecher in meinem Auto ruiniert haben. Das erste Mal hatten meine Eltern noch Mitleid mit mir und haben neue gekauft. Aber jetzt muss ich das Geld dafür selbst zusammenkratzen. Deshalb fahren wir so oft bei Jonah mit, oder aber wir nehmen doch mein Auto und Victoria und ich singen, so laut wir können, bis wir in ein solches Gelächter ausbrechen, dass wir uns verschlucken und fast kotzen müssen, und Jonah duckt sich auf dem Rücksitz tief und tiefer und zieht seine Kapuze weit ins Gesicht und sieht aus, als würde er am liebsten sterben .
Endlich gingen die Lichter aus und alle fingen an zu pfeifen und zu klatschen. Victoria hatte plötzlich ein breites Grinsen im Gesicht und tänzelte nervös herum. Das ist für uns jedes Mal der absolut größte Augenblick: wenn kurz vor dem Konzert die Lichter ausgehen und man nur noch die dunklen Umrisse der Bühne erkennen kann, der Mikros und der Instrumente, die darauf warten, gleich angepackt und heftig beansprucht zu werden. Als die Do-Gooders dann herauskamen, mit gesenkten Köpfen, zerzausten Haaren, knochendürr, wurde der Applaus noch lauter. Sogar ich gab ein paar Pfiffe von mir.
»Hier kommt ja unser Herzensbrecher!«, murmelte Jonah hinter mir, als Evan auf die Bühne kam, und ich bemerkte aus dem Augenwinkel, wie Victoria ihm den Ellenbogen in die Rippen stieß.
Meine Entschlossenheit erlitt einen heftigen Dämpfer, als
ich Evan sah. Meine Güte, er war so schnuckelig. Nicht nur schnuckelig: scharf. Superscharf. Seine Haare glänzten im Scheinwerferlicht tiefschwarz, und er hatte seine alten, ausgelatschten Stiefel an, die krass aussehen und noch krasser stinken. Ich merkte, wie er in die Menge sah, und ich wusste nicht, ob er Blickkontakt mit mir herstellen wollte, ob ich ihn direkt ansehen und anlächeln oder ob ich lieber wegschauen sollte.
Aber suchte er überhaupt nach mir? Sein Blick wanderte hin und her, ununterbrochen, immer über die Menge hinweg, und ich winkte ihm nicht zu. Victoria nahm meine Hand und drückte sie fest. Zwei Mal.
Hab ich schon mal gesagt, wie sehr ich sie mag?
»Hallo, wir sind die Do-Gooders«, sagte Evan ins Mikro, und man konnte ein paar Mädchen unkontrolliert kichern hören. Gleich würden sie ohnmächtig werden. Ich war früher nie auf solche Mädels eifersüchtig, aber jetzt spürte ich einen kleinen Stich in der Magengegend. Bring’s bitte schnell hinter dich , flehte ich innerlich. »Der Name ist ironisch gemeint.« Hahaha, hihihi. Ach, Evan, was bist du doch für ein Revoluzzer. Bitte. Hör auf. Mein Magen.
Sie spielten sechs Stücke und die Menge tanzte und alle schwitzten und der Bass ließ den Boden unter unseren Füßen dröhnen und die Decke über unseren Köpfen erzittern. Die Jukebox war ungefähr so groß wie unsere Küche zu Hause und die Wände würden bald nass vom Schweiß der viel zu vielen Leute in diesem engen Raum sein. Auf der Bühne warf Evan seinen Kopf im Takt vor und zurück, seine Haare flogen um ihn herum und schleuderten kleine Schweißtröpfchen zu Bob, dem Gitarristen, und Daniel, dem Bassisten.
Hier eine kleine Information, weil ihr das vielleicht nicht wisst: Evan hat das ausgiebig vor dem Spiegel geübt, das ist keine spontane Ekstase. Wollte ich nur mal erwähnt
Weitere Kostenlose Bücher