Heartbreaker - Chartbreaker

ich haben uns auch wieder versöhnt. Und James hat sich einen neuen Job gesucht. Davor haben wir uns noch
ein letztes Mal im Kühlraum des ScooperDooper geküsst, an seinem letzten Arbeitstag dort. (»Als Erinnerung an die guten alten Zeiten«, erklärte ich ihm.) Aber dann wurden wir auch ganz ernsthaft und erwachsen und haben einen genauen Plan festgelegt, wann und wo wir anfangen wollten, uns gemeinsam in der Öffentlichkeit zu zeigen, Fotografen hin oder her.
    Beim ersten Mal sind wir zusammen ins Kino gegangen, und ich war total nervös, aber ich bin dann vor den Fotografen weder davongerannt noch hab ich sie irgendwie angepöbelt, und sie haben sich dann ziemlich schnell nicht mehr für uns interessiert. Ich glaube, diese Paparazzi sind einfach nur große Jungs: Sie lieben die Jagd. In der ersten Woche nach meinem Auftritt bei MTV waren die Fotografen und die Presse noch ganz scharf auf mich, aber dann wurde irgendein Filmstar mit einer Stripperin erwischt. Oder war es Heroin? Er musste jedenfalls in eine Entzugsklinik, und damit war ich von den Titelseiten verschwunden und tauchte nur noch ab und zu weiter hinten in den Zeitschriften auf. (Wohl nicht ganz zufällig musste ein paar Wochen später auch der Sänger der Lolitas in eine Klinik, offiziell wegen Erschöpfungszuständen; dass ich die Jungs auf MTV wegen ihres Drogenkonsums geoutet hatte, mochte wohl zu der Erschöpfung etwas beigetragen haben. Ein paar Stücke aus dem zweiten Album der Band gelangten schon vor der Veröffentlichung ins Netz, aber ich hab sie mir nicht angehört. Und ich glaube, auch sonst kaum jemand.)
    Der entscheidende Wendepunkt für mich aber war eine Party in Los Angeles, auf der ein neues Videospiel vorgestellt wurde. Evan lernte dort nämlich ein Mädchen namens Ashleigh kennen; die beiden wurden ein Paar, und alle Aufmerksamkeit richtete sich von dieser Sekunde an auf sie. Ich hätte nie gedacht, dass es mich so glücklich machen würde zu erfahren, dass mein Ex-Freund eine neue Freundin hat, aber Victoria und ich tanzten ungefähr zehn Minuten lang unseren Happy Dance, als wir das mitkriegten.

    »Du bist jetzt Schnee von gestern«, sagte James, als ich im Schreibwarengeschäft sämtliche Zeitschriften durchblätterte, in denen Ashleigh abgebildet war. »Ein Auslaufmodell.«
    »Sieht süß aus mit der Frisur«, antwortete ich und deutete auf ein Foto.
    Ach ja, weil wir gerade von Frisuren sprechen. Victoria lässt ihre Haare jetzt wachsen, ich bin mal gespannt, wie das im nächsten Sommer aussieht. Eine wilde Mähne steht ihr bestimmt super. Ihre ganzen Aktionen, für uns beide aufgrund meiner Berühmtheit irgendwelche Vorteile rauszuschlagen oder irgendwas kostenlos zu bekommen, haben ihr so viel Spaß gemacht, dass sie jetzt die PR-Arbeit für diese Band hier bei uns, New Nostalgia, machen will. Sie wird ein paar Sachen für sie organisieren, Pressearbeit machen, ein paar größere Auftritte an Land ziehen und all so was. Vielleicht stehe ich dann am Merchandise-Stand und verkaufe für die Band T-Shirts und sowas, ich brauche nämlich dringend Geld für die Lautsprecher in meinem Auto.
    Mal wieder.
    Evan und ich telefonieren häufiger mal miteinander, was James ziemlich locker nimmt. Ich vermute, dass die Kam - pagne der Fans (»Schreibt Briefe, dass ihr auf das Album der Band wartet!«) wirklich was gebracht hat, denn die Do-Gooders nehmen jetzt tatsächlich ihr erstes Album auf, das von einem ziemlich verrückten Typen in L. A. produziert wird. Evan verbringt jetzt viel Zeit im Studio. Aber wir wollen uns auch bald mal alle treffen - James, ich, Victoria, Jonah, Evan und Ashleigh. Victoria und ich sind natürlich ganz wild darauf, Ashleigh kennenzulernen. Sie scheint ziemlich nett zu sein. Ich habe Evan gesagt, wenn sie Probleme mit ihrer plötzlichen Berühmtheit hat, soll sie mich anrufen, ich kenne mich da aus und kann ihr bestimmt ein paar gute Tipps geben.
    »Audrey, wait!« läuft inzwischen nicht mehr ganz so oft im Radio, aber ab und zu ist das Lied noch zu hören und dann
wechsle ich den Sender nicht mehr. Ich habe nicht gelogen, als ich bei MTV zu Evan gesagt habe, dass es ein guter Song ist. Jetzt, wo ich ihn mir ganz entspannt anhören kann, finde ich ihn sogar noch besser. James findet ihn auch gut. Sein neuer Job ist verrückterweise bei RPM Records, wo man sich - Überraschung! - noch ziemlich gut an ihn erinnern konnte. Zur Begrüßung ließ der Schwarze-Brille-Typ (der eigentlich Kevin heißt) »Audrey,